Zur Sprache des Gesetzgebers

Die bisherige Aufregung über die Neuregelungen des Winterdienstes im Straßenreinigungsgesetz drehte sich hauptsächlich um die Verbreiterung der von Schnee zu räumenden Gehwegfläche und Kampfmaßnahmen gegen Glatteis.

Eine Verbreiterung um 50
Das erste Beispiel finden wir in § 1 Abs. 2 StrReinG. Zu den Oberflächen von Fahrbahnen gehören wohl auch Radfahrstreifen und Taxihalteplätze. Dass aber auch ( - einschließlich - ) „Zugänge und Vorplätze von Bahnhöfen des öffentlichen Personennahverkehrs und direkte Verbindungswege zwischen Umsteigebahnhöfen und –haltestellen“ zu den Fahrbahnflächen gehören sollen, könnte von manchen Kraftfahrern missverstanden werden. Das habe ich nicht etwa falsch gelesen, denn im Anschluss daran werden Flächen für andere Verkehrsarten wie Gehwege, Radwege, Treppenanlagen u. a. als weitere Oberflächen von Straßen zusätzlich aufgeführt.

In § 1 Abs. 4 StrReinG wird der Winterdienst definiert. „Dieser umfasst die Schneeräumung, das Abstreuen von Winter- und Eisglätte sowie die Beseitigung von Eisbildungen.“ Dass Verben (z.B. räumen) zu Substantiven verungt werden, scheint irgendwie im Trend zu liegen.
Das Abstreuen an Stelle von Bestreuen dürfte die falsche Wortschöpfung sein („ab“ im Sinne von „weg“). Was bitte soll unter „Winterglätte“ verstanden werden? Diese wird - im Gegensatz zur Eisglätte – nicht erläutert. Gibt es vielleicht noch eine Herbstglätte?

„Eisbildung“ – also die Bildung oder das Entstehen von Eis – ist nach meinem Sprachver-ständnis ein anhaltender Vorgang. Wie soll ich bitte den anhaltenden Vorgang, das Entstehen von Eis beseitigen? Ich könnte als Anlieger das entstandene Eis beseitigen oder – vielleicht durch Überdachung – das Entstehen von Eis verhindern. Eisbildung beseitigen kann ich nicht!

Nun kommt der Gesetzgeber zu einer überzeugenden Erkenntnis: „Eisglätte ist durch Eisregen oder überfrierende Nässe gebildetes Glatteis.“ Dazu fällt mir nichts ein. Eisglätte ist also Glatteis.
Es kommt noch schlimmer. Mein mangelhaftes Sprachverständnis zur Eisbildung hatte der Gesetzgeber erkannt: „Eisbildung ist eine darüber hinausgehende (also über Eisglätte = Glatteis hinausgehende) entstandene Eisschicht.“ Durch Eisbildung kann im schlimmsten Fall eine Eisschicht entstehen. Diese Eisschicht ist aber schlimmer als Glatteis; also bitte Vorsicht!

Kann ich wirklich so schlecht lesen? Oder hätte sich der Gesetzgeber bei der Definition des Winterdienstes auf das Räumen von Schnee, das Bestreuen von Schnee- und Eisglätte mit abstumpfenden Mitteln und das Beseitigen von Glatteis beschränken sollen?
Weitergehende Klarstellungen der Begriffe und Inhalte hätte er lieber der Rechtsprechung überlassen sollen. So aber ist das Ergebnis nur peinlich. Daran kann auch die subjektiv positive Einschätzung von Thärichen im „Grundeigentum“ 2011 S. 100 nichts verbessern.

Erhard Anlauf

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