Chronik der Siedlergemeinschaft Fritz-Reuter

Zur Vorgeschichte:
1971 = befragte DEGEWO ihre Mieter der Einfamlienhäuser, ob sie bei einem günstigen Preis ihr Haus kaufen würden. Es ist ein Preis von 10.000 DM im Gespräch.
1972 = macht die DEGEWO eine Umfrage, wobei der Kaufpreis mit 35.000 DM beziffert wird.
1974 = macht die DEGEWO ihren Mietern ein offizielles Kaufangebot zum Preis von 70.000 DM.

Eine kleine Gruppe von Nachbarn trifft sich in der Dömitzer Str. 23 zu ersten Überlegungen, was man gegen die plötzliche Preissteigerung unternehmen kann. Darunter ist der heute sicherlich allen bekannte Bundestagsabgeordnete Klaus-Uwe Benneter, der damals in der Onkel-Herse-Str. wohnte.
Es wird beschlossen, eine Bürgerinitiative zu gründen. Um einen möglichst großen Effekt zu erzielen, werden aus allen politischen Strömungen Mitstreiter gesucht. Darunter waren so bekannte Persönlichkeiten wie der frühere Finanzstadtrat Neuköllns, Herrn Spröde (CDU) und der Sekretär der Berliner SPD Eberhard Hesse. Durch Aktivitäten auf verschiedensten politischen und gesellschaftlichen Ebenen, vor allem aber durch Verhandlungen der Bürgerinitiative mit den höchsten Gremien der DEGEWO, konnte der Kaufpreis von 70.000 DM auf einen Richtwert von 45.000 DM gedrückt werden. - - - - - - -

Noch in demselben Jahr der ersten Verkäufe begannen die Eigentümer mit werterhaltenden Maßnahmen. Man darf nämlich nicht vergessen, in welch erbärmlichen Zustand einige der Häuser waren. Fenster, Türen, Treppen, Dächer waren z. T. so marode, dass sie nur noch ersetzt werden konnten. Dazu muss man wissen, dass die Baumärkte die es schon gab, bei weitem noch nicht so gut sortiert waren wie heute. - - - - - -

Fehlende Fensterstreben, Alu-Türen und ?Fenster aber auch die von der ursprünglichen Biberschwanz-Dachdeckung abweichende Frankfurter Pfanne rief die Bauaufsicht auf den Plan. Gemeinsam mit der Städtischen Denkmalspflege und der DEGEWO wollte man uns nachträglich den Denkmalsschutz überstülpen. Dagegen war der Widerstand so heftig und dank der Unterstützung des Deutschen Siedlerbundes auch so erfolgreich, dass wir beschlossen zusammen zu bleiben. Dies war die Geburtsstunde der Siedlergemeinschaft Fritz Reuter. - - - - - - -

Ein immer wiederkehrendes Ärgernis war die laut Kaufvertrag erzwungene, gemeinsame Müllentsorgung unter Regie der DEGEWO. Aber auch die Klagen einzelner Eigenheimer, auf Entlassung aus dem Vertrag brachten keinen Erfolg. Nur einigen Drittkäufern ist es gelungen, sich eine eigene Mülltonne hinzustellen.
Viel Aufregung brachte immer wieder die heimliche Sperrmüllentsorgung auf Kosten der Allgemeinheit.
Die unterschiedlichsten Modelle dagegen vorzugehen, scheiterten immer wieder an dem Unwillen der DEGEWO, sie letztendlich durchzusetzen. - - - - - -

Bei einer erzwungenen Überprüfung der Abrechnungsunterlagen im Februar 1990 konnte durch Mitglieder der Sgm. bewiesen werden, dass den Abrechnungen der Eigenheimer Sonderabfuhren der DEGEWO - Mieter zugerechnet worden waren. - - - - -
Durch jahrelange Überzeugungsarbeit konnten wir die getrennte Sammlung von Wertstoffen in der Siedlung erreichen. - - - - -
Auch bei der Beschaffung und Aufstellung der Recyclingpavillons konnten wir der DEGEWO Fehler in der Rechnungslegung nachweisen. Mit Hilfe des RA des DSB konnten wir durchsetzen, uns nicht an den Beschaffungskosten beteiligen zu müssen. - - - - -
In den ersten Jahren hatten die Nachbarn immer wieder mit Verstopfungen der Abwasserrohre zu tun. Die ohnehin schon teuren Einsätze der Fachfirmen verteuerten sich oft noch, weil sie zumeist am Wochenende notwendig wurden. So entschieden wir uns, selbst ein solches Reinigungsgerät anzuschaffen. Damit traten die Probleme aber erst richtig zu tage. Kein Mensch wusste mehr, welche Nachbarn an einem Abwasserstrang hängen. Das ist aber für den Erfolg der Maßnahme von entscheidender Bedeutung. Auch kam es bei den Versammlungen immer wieder zu Streitigkeiten, weil bei den Einsätzen zwangsläufig auch Nichtmitglieder oder die DEGEWO als Vermieter von der günstigen Maßnahme profitierten. - - - - -

Man darf an dieser Stelle die gute Einrichtung des Siedlungsförderungsvereins nicht vergessen. Bei der Anschaffung des Rohrreinigungsgerätes wurden wir mit einem erheblichen Anteil unterstützt. Im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinschaftsgeräten hat sich diese Anschaffung gelohnt. Das lag vor allem daran, dass von Beginn an ehrenamtliche Helfer zur Bedienung und Erhaltung des Gerätes bereit standen und es nur von denen bedient werden durfte.
Leider waren nicht alles solche Erfolgsgeschichten. Wir hatten auch ´mal die Chance, uns den Traum eines Gemeinschaftshauses zu erfüllen. Die DEGEWO besaß in der Grünanlage parallel zur Havermannstr. einen Flachbau, der ihr nach dem Krieg als Werkstatt diente und schon geraume Zeit leer stand. Wir hatten uns als Mietinteressenten angemeldet und angeboten, das etwas heruntergekommene Bauwerk für unsere Zwecke herzurichten. Da die DEGEWO uns Hoffnung gemacht hatte begannen wir, einen Bautrupp zusammenzustellen. Mit der Miethöhe war man sich bereits einig, nur die Mietdauer von nur fünf Jahren war uns viel zu kurz damit unsere Investitionen sich rentieren. Ohne ein Wort der Ankündigung oder Erklärung war der Flachbau eines Tages abgerissen. - - - - -

In den ersten Jahren des Bestehens unserer Sgm versuchten wir günstige Einkäufe durch Sammelbestellungen zu organisieren. Doch Torfmull- sowie Heizölbestellungen brachten dem Vorstand viel Arbeit und eine Menge Ärger obendrein. Einzig die Bestellung von Sprengwasserzählern lief zur Zufriedenheit aller Beteiligten und wurde auch wiederholt.
Die gemeinsame Bestimmung von Bodenproben durch eine Fachfirma, um die richtigen Dünger für unsere Siedlergärten auszusuchen, blieb eine einmalige Angelegenheit. - - - - - -
In der Blütezeit unseres Vereins gründeten wir gleich zwei, wie ich immer noch meine, sinnvolle Einrichtungen, die das Gemeinschaftsgefühl fördern sollten. Mit viel Engagement stürzte ein Elternpaar sich in die Betreuung einer Kindergruppe. Der anfängliche Erfolg sollte nicht lange anhalten. Bereits nach etwas mehr als einem Jahr zerplatzte die gute Idee wie eine Seifenblase. Das Ehepaar zog fort und ein Nachfolger konnte nicht gefunden werden.
Die Gründung unserer Frauengruppe war da weit erfolgreicher, weil sie sich bis heute gehalten hat. Doch wenn zu dem harten Kern nicht neue Siedlerfreundinnen hinzu stoßen, ist auch hier ein Ende abzusehen. - - - -
Unser Eierteich ist sozusagen das Zentrum der Siedlung. Drei Studentinnen, zumindest eine davon ein Kind unserer Siedlung, haben dies zum Anlass genommen, das Biotop während ihres Biologiestudiums genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Ergebnis verblüffte nicht nur die jungen Frauen sondern auch uns. Niemand hatte eine so große Zahl von Tieren in und um den Teich erwartet.

Im September 1997 rückte das Grünflächenamt Neukölln mit schwerem Gerät an und fällte die 27 Silberahorn Bäume, die rings um den Teich standen. Die Reaktion der Anwohner war eindeutig. 70 Leute hatten sich eingefunden und stellten sich schützend vor die Bäume. Erst eine Polizeiaktion löste die Demonstration nach heftigen Diskussionen auf. Eine Abordnung, die nur aus Mitgliedern der Sgm bestand, zog zum Verwaltungsgericht und reichte Klage gegen das Grünflächenamt ein. Trotz allem verlor der Krugpfuhl sein ursprüngliches Gesicht.
Obwohl das NGA uns gegenüber zusagte, jeden neuerlichen Eingriff mit dem Siedlerverein abzusprechen, wurde in den vergangenen Jahren erneut ein "Aufstand" nötig, um den Verantwortlichen zu zeigen, dass die Anwohner auf dem Posten sind. Die nach der damaligen Aktion gepflanzten Weiden wurden ihrer Kronen "beraubt". Uns wurde erklärt, dass man Kopfweiden daraus machen wolle. Wohl wissend, dass diese Zuchtart eine regelmäßige Pflege braucht, die das NGA aus Kostengründen nicht leisten kann. Durch die starke Dezimierung der Mitarbeiter des Natur- und Grünflächenamtes kann nicht einmal das uns gegebene Versprechen eingehalten werden, die Bäume wenigstens alle zwei Jahre fachgerecht zu schneiden.

Aus einem Pflanzentausch, der im Herbst 1986 zum Eierteich einberufen war, entwickelte sich schnell das Siedlerfest. Zwar hat es nicht regelmäßig jedes Jahr stattgefunden, ist aber im Laufe der Zeit zu einer Institution geworden. Der verhältnismäßig große Aufwand ist durch die Geselligkeit und das Bekanntmachen des Vereins zu rechtfertigen. Dagegen sollen die Siedlerfahrten die Mitglieder untereinander näher bringen. Beide Veranstaltungen erscheinen mir für den Zusammenhalt in der Gemeinschaft sehr wichtig. Dazu trägt auch der Trödelbasar bei, der in jedem Frühjahr stattfindet.

Die in unregelmäßigen Abständen erscheinende Siedlerzeitung dient der Information und Unterhaltung aller Nachbarn.
Im November 2008 beschloss die BVV eine sog. Erhaltensverordnung, die dem Gesetz nach den Bestand zur Zeit des Beschlusses erhalten soll. Die Verordnung, die ohne Wissen und Mitwirkung der Anwohner zustande kam, wird vom Bauamt dazu missbraucht, den Zustand von 1925 herzustellen (siehe Beitrag "Erhaltensverordnung für die Krugpfuhlsiedlung").


Wo so viele Menschen dicht nebeneinander leben, kann es nicht immer friedlich oder gar freundschaftlich ablaufen. Es gab schon immer Streitigkeiten zwischen Nachbarn, die manchmal sogar vor dem Gericht endeten und im Einzelfall sogar mit dem Wegzug eines Nachbarn. In unserer Gemeinschaft kann man die Probleme ansprechen und Ansätze für Lösungen finden. Denn wir "Alten" sprechen aus Erfahrung.

Wolfgang Leyk



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