70 Jahre Talstraße-Westheide-Ostrandweg 1933 - 2003

Ein Bericht unseres Siedlerfreundes Adolf Scheuer

altes Zechenhaus schwarz/weiß
Altes Siedlerhaus auf der Westheide   © ML
Die Errichtung der Siedlung in Dingen im Jahre 1932/1933 brachte dem Ortsteil eine starke Bevölkerungszunahme.
Errichtet wurden 23 Doppelhäuser mit 46 Siedlerstellen. 7 Häuser wurden an der Talstraße, 7 an der Westheide und 9 an dem neu erschlossenen Ostrandweg errichtet. Das ca. 4-5 ha. große Gelände, im Winkelbereich Talstraße/Westheide gelegen, wurde in 46 Parzellen aufgeteilt, deren einzelne Größe jeweils ca. 900 m² betrug.


Als Bewerber für eine Siedlerstelle kamen nur arbeitslose, ehemalig im Bergwerksbetrieb Beschäftigte infrage. Kinderreiche Familien wurden bevorzugt. Träger des Siedlungsunternehmens war die Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbezirk GmbH in Essen. Bauherrin war die Bergmannssiedlung Herne GmbH, Bochum - eine Tochtergesellschaft der Treuhand -. Verträge wurden mit dieser Gesellschaft abgeschlossen. Im Juni 1932 wurden die Verträge zwischen der Bergmannssiedlung und den einzelnen Siedlern abgeschlossen. Die Rahmenbedingungen über Größe, Ausstattung und Finanzierung waren vom Staat vorgegeben. In dem Vertrag über die Errichtung der Siedlerstelle heißt es in Abs. 2:

Der Aufbau und die Errichtung der Siedlung erfolgt nach den vom Reichskommissar für die vorstädtische Kleinsiedlung genehmigten Gelände-, Bau- und Finanzierungsplänen.

In diesem Vertrag verpflichtete sich der Siedler "wenigstens 75 Arbeitstagewerke im Wege der Selbst- oder Nachbarschaftshilfe bei der Errichtung der vorstädtischen Kleinsiedlung in Dingen gegen Einräumung einer Anwartschaft auf Übertragung einer Siedlerstelle zu leisten" (wörtlich aus dem Vertrag).

Am 6. September 1932 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Die Siedler wurden gebeten, sich an diesem Tage um 8.00 Uhr an der Baustelle Ecke Talstraße/Westheide einzufinden.

Nach Fertigstellung der Siedlung - die Bauzeit betrug ca. 6 - 7 Monate - wurde den Siedlern eine Siedlerstelle - per Losentscheid - zugewiesen.

Im Laufe des Monats März 1933 konnten die Häuser durch 46 Siedlerfamilien bezogen werden. Dem Ortsteil Dingen brachte das einen Bevölkerungszuwachs von ca. 230 Personen (durchschnittlich 3 Kinder pro Familie).

Die Urbarmachung der einzelnen Parzellen in Gartenland konnte nun beginnen. Harte Arbeit kam auf die Siedler zu. Musste doch das Grundstück mit dem Spaten umgegraben, Sumpflöcher aufgefüllt und Unebenheiten planiert werden. Denn das Areal, auf dem die Siedlung erbaut wurde, war eine ehemalige, unebene, mit Sumpflöchern durchsetzte Kuhweide. Im nördlichen Teil dieses Geländes, in Höhe des heute auf die Westheide mündenden Ostrandweges, befand sich zudem ein Sportplatz (hier spielte der Fußballverein "Staubwolke Dingen", der aber z. Zt. der Bebauung nicht mehr existierte).

Mit dem Einzug der Siedler in ihre Häuser, kam es zunächst zu einem Mietverhältnis zwischen der Bergmannssiedlung und den Siedlern. Der monatliche Mietzins betrug 16 Reichsmark.

Der Tag der Übergabe der Siedlerstellen an die Siedler in Eigentum, war der 1. Januar 1937. Mit diesem Tag gingen Gefahr, öffentliche und private Lasten, Abgaben, Gebühren und Steuern sowie Nutzungen, auf die Siedler über.
Gründungsmtglieder mit Schild
1. Siedlerverein in Dingen   © ML

Zu diesem Vorgang der Übergabe teilte die Bergmannssiedlung mit Schreiben vom 20.01.1937 folgendes mit:

Gemäß dem mit Ihnen abgeschlossenen Siedlervertrag (17.06.1932) ist vorgesehen, Ihnen die Siedlerstelle nach Ablauf des dritten, auf die erste volle Ernte folgenden Kalenderjahres zu Eigentum zu übertragen, vorausgesetzt, dass Ihre und Ihrer Familienangehörigen Eignung bewiesen und Ihren Verpflichtungen nachgekommen sind. Nach den maßgebenden ministeriellen Bestimmungen ist das Vorliegen dieser Voraussetzungen durch Vorlage eines vom zuständigen Gauheimstättenamt ausgestellten Siedlereignungsscheines nachzuweisen. Die Ausstellung des Siedlereignungsscheines für Sie ist bereits beantragt, z. Zt. liegt er uns aber noch nicht vor. Die gerichtliche Beurkundung des Kaufvertrages über die Siedlerstelle und der Auflassung derselben in Ihr Eigentum, soll im Laufe der nächsten Monate erfolgen.

Der Abschluss des Kaufvertrages und Auflassung der Siedlerstelle erfolgte am 6. April 1938 beim Amtsgericht in Castrop-Rauxel unter folgenden Bedingungen:

Der Kaufpreis beträgt 4.000,-- Reichsmark. Davon entfallen auf den Grund und Boden ausschließlich Baulichkeiten und sonstiger Verbesserungen 600,-- RM und auf die Gebäude einschl. Nebengebäude und Zubehör 3.400,-- RM.
Zur Deckung des Kaufpreises übernimmt der Erwerber folgende auf der Siedlerstelle eingetragenen Hypotheken:

  • Die erststellige Hypothek der Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbezirk GmbH in Essen in Höhe von 1.500,-- RM.

  • die zweitstellige Hypothek der Deutschen Bau- und Bodenbank AG in Berlin (Reichsdarlehenshypothek) in Höhe von 1.900,-- RM

  • die drittstellige Hypothek der Treuhandstelle in Höhe von 600,-- RM.


Die Verzinsung und Tilgung der Hypotheken sah folgendermaßen aus:

  • Die erste Hypothek der Treuhandstelle von 1.500,-- RM ist vorläufig mit 4 v.H. jährlich zu verzinsen (die Tilgung von 4,5 v.H. setzte erst am 1. Juni 1948 ein)

  • Jahresleistung 60,-- RM

  • Die zweite Hypothek der Deutschen Bau- und Bodenbank von 1.900,-- RM ist mit 2 v.H. zu verzinsen und mit 1 v.H. zu tilgen

  • Jahresleistung 57,-- RM

  • Die dritte Hypothek der Treuhandstelle von 600,-- RM ist mit 4 v.H. zu verzinsen und mit 7 v.H. zu tilgen

  • Jahresleistung 66,-- RM

Insgesamt belief sich die Jahresleistung auf 183,-- RM oder monatlich 15,25 RM

Hinzu kam eine laufende Verwaltungsgebühr für die Überwachung und Geldeinziehung von monatlich 0,50 RM, so dass sich die monatliche Belastung auf 15,75 RM erhöhte.

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