Kühle Köpfe trotz Handy-Strahlung

Forscher und Branche sehen kein Gesundheitsrisiko - Bundesamt mahnt dennoch zur Vorsicht

Ein Schreckgespenst telefonierte lange Zeit ungefragt mit: Kocht unser Hirn etwa wie im Mikrowellenherd, sobald wir das Handy ans Ohr halten? Und das auf Dauer mit fatalen Folgen? Wissenschaftler entwarnen: Bei der SIM-Karte ist der Tumor nicht inklusive. Nach neuesten Untersuchungen ist das Risiko zu erkranken nicht höher als bei Mobilfunk-Abstinenzlern. Allerdings: Langzeitstudien gibt es erst, wenn das Handy auch alt genug dafür ist. Das Bundesamt für Strahlenschutz rät deshalb weiter zum "klugen Umgang mit dem Handy".

"Ich habe schon immer beruhigt mit dem Handy telefoniert", sagt Maria Blettner, Professorin am Institut für medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik an der Uni Mainz. Das wird sie auch in Zukunft so handhaben. Grund dafür ist die so genannte Interphone-Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), an der Blettner mitarbeitet. Seit 2000 wurde in 13 Ländern intensiv geforscht. Das Ergebnis lag im Januar vor: Wer gerne das Handy benutzt, setzt sich keinem höheren Risiko aus, einmal an Hirntumor zu erkranken. Und dabei ist es egal, wie intensiv telefoniert wird.

Sogar Nutzer, die ihr Telefon über 30 Minuten lang pro Tag am Ohr haben, gehen keine größere Gefahr ein. Die Studie bestätigt damit andere Forschungsergebnisse der letzten Jahre. Das beruhigende Fazit: "Es gibt eine Menge Dinge, die sind weit gefährlicher", sagt Blettner. Rauchen nennt sie als Beispiel. Oder: 150 km/h auf der Autobahn fahren.

"Erhofft und erwartet"

Freie Fahrt für die Handy-Hersteller? Die sehen sich durch die jüngsten Studien ermutig: "Das ist so ausgefallen, wie wir das erhofft und erwartet haben", sagt Uwe Kullnick vom Branchenverband BITKOM. Der Handy-Experte forscht selbst seit Jahren an elektromagnetischer Strahlung und deren Auswirkungen. Sein Fazit: "Wir können nichts finden." Nichts zumindest, was Schaden anrichten würde.

Bei aller Euphorie - die Sache hat auch einen kleinen Haken: "Das Handy gibt es in der Massennutzung ja erst seit etwa zehn Jahren", gibt Maria Blettner zu Bedenken. Das heißt: Ob wir bei lebenslanger Handy-Nutzung womöglich doch noch einen Tumor ausbrüten, kann niemand so genau sagen. "Was noch fehlt, sind Langzeitstudien", sagt Anja Schröder vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Das Wort "Entwarnung" will sie deshalb nicht in den Mund nehmen. Stattdessen mahnt das BfS auch nach der neuen Studie zum klugen Umgang mit dem Handy. Und: "Wir bleiben bei unserer Forderung an die Hersteller, strahlungsarme Geräte mit dem Blauen Engel zu kennzeichnen."