Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.03.2010 TOP 29 Herausgeber: Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Die Abgeordneten Dr. Gabriele Heinen-Kljajic und Enno Hagenah (GRÜNE) hatten gefragt:

Auf Grundlage einer Kleinen Anfrage der grünen Bundestagsfraktion (17/402) hat das Bundesverkehrsministerium Anfang März erstmals Listen mit nicht finanzierten Schienenprojekten der Deutschen Bahn AG dem Parlament zur Verfügung gestellt.
Es handelt sich dabei de facto um eine Streichliste, wie sie in den vergangenen Monaten schon durch die Medienberichterstattung angedeutet worden war. Allein 47 Projekte des vordringlichen Bedarfs, die nach dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP) bis 2015 fertig gebaut sein sollten, sind ohne Finanzierungsvereinbarung. Das betrifft unter anderem alle 16 internationalen Projekte für die Deutschland Verträge oder Regierungsvereinbarungen mit seinen Nachbarstaaten abgeschlossen hat. Hinzu kommen Projekte, für die zwar eine Finanzierungsvereinbarung besteht, die aber nicht durchfinanziert sind.
Die Finanzlücke bei den vordringlichen Bedarfsplanprojekten Schiene summierten sich auf 9 Milliarden Euro für im Bau befindliche oder fest disponierte Projekte sowie auf weitere 14 Milliarden Euro für 31 Projekte, die noch nicht begonnen wurden.
Zu diesen von Verzögerung und Unterfinanzierung bedrohten Projekten gehören in Niedersachsen:

als Bedarfsplanprojekte im Bau oder mit Finanzierungsvereinbarung

ABS Oldenburg-Wilhelmshaven (2. Baustufe),
ABS Löhne-Braunschweig-Wolfsburg (Hildesheim-Groß Gleidingen),
ABS Stelle-Lüneburg (dreigleisiger Ausbau),

2. aus dem vordringlichen Bedarf (noch ohne Finanzierungsvereinbarung)
ABS Oldenburg-Wilhelmshaven (3. Baustufe),
ABS Langwedel-Uelzen (Ausbau auf 120 km/h,Elektrifizierung),
ABS Rotenburg-Minden (zweigleisiger Ausbau Verden-Rotenburg und Nienburg-Minden),
ABS Uelzen-Stendal (zweigleisiger Ausbau),
ABS Minden-Haste/ABS/NBS Haste-Seelze (zweigleisiger Aus- und Neubau)

3. nur mit Finanzierung der Planungsleistung, aber ohne Baukostenfinanzierung
ABS/NBS Hamburg/Bremen-Hannover (Y-Trasse).

Die Deutsche Bahn macht deutlich, dass sie mindestens 1,8 Milliarden Euro jährlich bis 2025 bräuchte, um die vordringlichen Projekte des Bedarfsplans bis 2025 - also 10 Jahre später als im BVWP festgelegt - planen und bauen zu können. Tatsächlich fällt die Haushaltslinie mit Auslaufen der Konjunkturmittel ab 2011 laut Auskunft der Bundesregierung ohne EU-Kofinanzierung auf 1,16 Milliarden Euro ab. Selbst mit angenommener EU-Kofinanzierung würden in den nächsten Jahren mindestens 500 Millionen Euro jährlich zum Bahnausbau fehlen.
Tatsächlich liegt der zusätzliche Finanzbedarf nach Einschätzung von Sachverständigen aber sogar noch weitaus höher. Grund hierfür sind die seit den jeweiligen Projektplanungen eingetretenen Baukostensteigerungen und zusätzliche Bedarfe für noch nicht im Verkehrswegeplan enthaltene Projekte. Minister Ramsauer hat dies in einem Interview gegenüber dem Tagesspiegel vom 1. März 2010 selbst bestätigt, als er zum jährlichen Finanzbedarf sagte: "Eigentlich müssten es noch anderthalb Milliarden mehr sein, wenn die Schiene den in den nächsten 20 Jahren zu erwartenden Güterverkehrszuwachs bewältigen soll."

Wir fragen die Landesregierung:
Welche Fertigstellungstermine erwartet die Landesregierung unter der Maßgabe des in der Antwort der Bundesregierung bekannt gewordenen Finanzierungsrahmens beim Bund und bei der DB hinsichtlich der oben genannten Bahnausbauprojekte in Niedersachsen im Einzelnen?
Welche Fertigstellungstermine hält die Landesregierung bei den oben genannten Bahnausbauprojekten in Niedersachsen hinsichtlich des anwachsenden Bedarfs insbesondere im Güterverkehr und der Klimaschutzvorgaben von Bund und EU im Einzelnen jeweils für geboten?
Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um die niedersächsischen Schienenprojekte aus dem Bundesverkehrswegeplan, wie auch die zusätzlich aufgrund wachsender Bedarfe nötig werdenden Schienenausbauprojekte, bedarfsgerecht zur Umsetzung zu bringen?

Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Anrede,
vorab möchte ich eines klarstellen: die in den Medien diskutierte angebliche Streichliste von Schienenverkehrsprojekten bringt keine neuen Erkenntnisse zur Situation der geplanten Ausbauprojekte der Deutschen Bahn. Diese Liste ist eine Aufstellung sämtlicher Bedarfsplanprojekte des Bundesverkehrswegeplans auf der Schiene hinsichtlich des aktuellen Standes der Umsetzung, Planung und Finanzierung. Es hat in einer solchen Aufstellung bekannter Fakten niemand Streichungen durchgeführt.
Die im Bundesverkehrswegeplan als Bedarf aufgeführten Maßnahmen für den Ausbau des DB-Streckennetzes sind das Ergebnis teilweise sehr alter Erhebungen und Planungen. Wir alle wissen, dass schon seit Jahren der Bundesverkehrswegeplan nicht nur beim Schienenverkehr, sondern bei allen Verkehrsträgern deutlich unterfinanziert ist.
Es ist durchaus übliche Praxis, von Zeit zu Zeit diese Maßnahmen zu überprüfen. Dieses erfolgt derzeit durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zwischenergebnisse liegen der Landesregierung gegenwärtig nicht vor. Die jetzt diskutierte angebliche Streichliste steht in keinem Zusammenhang mit der momentanen Überprüfung des Bedarfsplans durch das Bundesverkehrsministerium.
In diesem Zusammenhang möchte ich diejenigen, die sich mit der Materie nicht so gut auskennen, darauf hinweisen, dass der Bundesverkehrswegeplan zunächst nur einen Investitionsrahmenplan darstellt. Die Realisierung der Projekte ist dann von den jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln des Bundeshaushalts abhängig. Infolgedessen müssen Sie verstehen, dass es der Landesregierung nicht möglich ist, für Maßnahmen des Bedarfsplans ohne Finanzierung, Prognosen zur Fertigstellung zu treffen.
Bei den Projekten, für die Finanzierungsvereinbarungen vorliegen, gibt es zwischen der Deutschen Bahn und dem Bund vereinbarte Fertigstellungstermine.

Das sind in Niedersachsen im Folgenden:
Bei der Ausbaustrecke Oldenburg - Wilhelmshaven die 2. Ausbaustufe (das ist der letzte Abschnitt zum direkten Hafenanschluss für den JadeWeserPort): Ende 2010
bei der Ausbaustrecke Löhne - Braunschweig der zweigleisige Ausbau Hildesheim - Groß Gleidingen in 2012
der dreigleisige Ausbau zwischen Stelle und Lüneburg in 2013

Anrede,
wir reden hier über Infrastruktur des Bundes. Somit liegt es auf der Hand, dass das Land hier keinerlei Verantwortung weder für die Finanzierung noch für die Fertigstellung trägt. Gleichwohl haben wir ein hohes verkehrspolitisches Interesse an einer bedarfsgerechten Infrastruktur, die den Interessen des Landes Rechnung trägt. Außerdem können nur leistungsfähige Verkehrswege zur Erfüllung der Vorgaben von Bund und EU bezüglich Klimaschutz beitragen.
Aus diesen Gründen steht das Land in engem Kontakt mit dem Bund und der DB.

Als Erfolge unserer hartnäckigen Bemühungen können wir verbuchen:
die Zusage von Bund und Bahn zur fristgerechten Fertigstellung für die Gesamtmaßnahme der Strecke Oldenburg - Wilhelmshaven - und was sehr erfreulich ist, auch für Lärmschutzmaßnahmen an der gesamten Strecke .Der verbindlich verabredete Zeitplan sieht den Abschluss der Finanzierungsvereinbarung Anfang 2011 vor.
die Vorfinanzierung der Planungen für die Y-Trasse durch den Bund und
die langersehnten Baubeginne für das 3. Gleis Stelle - Lüneburg und für die Zweigleisigkeit von Hildesheim nach Braunschweig.

Diese Bemühungen werden wir beharrlich fortsetzen. Des Weiteren hat das Land das Thema Finanzierung auch von nichtbundeseigenen Eisenbahnen beim Bund positioniert - mit dem Erfolg, dass der Bund nach eigenen Aussagen ab 2011 hierfür Fördermittel bereitstellen will.
Anrede,
damit sind Ihre Fragen zu Fertigstellungsterminen und Maßnahmen der Landesregierung beantwortet. Sie sehen, dass Niedersachsen weiterhin sehr aktiv bei der Sicherung von Wirtschaftswachstum und Mobilität unseres Landes ist. Dieses gilt insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen des steigenden Hafenhinterlandverkehrs.

Ansprechpartner für den Inhalt dieser Presseinformation :
Christian Haegele
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