Ehegattentestament

RECHTSINFORMATION AKTUELL (Stand: Januar 2010)

Was ist bei Abfassung eines Ehegattentestaments zu bedenken?


Grundsätzlich können nur Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichten Ein Ehegattentestament enthält Verfügungen für zwei Sterbefälle, nämlich für den Tod beider Ehegatten. Die Verfügungen beider Ehegatten werden in einer Urkunde errichtet.

Wurde die eine Verfügung des Ehegatten also nur der Verfügung des anderen Ehegatten wegen getroffen, so spricht man von einer Wechselbezüglichkeit dieser Verfügungen. Infolge dieser Wechselbezüglichkeit kann eine gegenseitige Bindungswirkung der Verfügungen nach dem ersten Sterbefall eintreten. Tritt eine Bindungswirkung ein, so kann der überlebende Ehegatte seine eigenen getroffenen Verfügungen nicht mehr einseitig abändern. Er bleibt an diese Verfügungen gebunden, sofern ihm nicht im gemeinsamen Testament ausdrücklich das Recht vorbehalten worden ist, abweichend hiervon durch eigene letztwillige Verfügung neu zu testieren.

1. Testamentsform
Im wesentlichen bieten sich zur Gestaltung eines Ehegattentestaments drei verschiedene Formen an:

  • Das "Berliner Testament" (Einheitslösung)

  • Die Vor- und Nacherbschaft (Trennungslösung)

  • Die Nießbrauchslösung

Auf welche dieser drei Formen die Wahl letztlich fällt, ist vom Einzelfall abhängig. Es sollte nicht schematisch zwischen einer der drei Formen ausgewählt werden, sondern die Entscheidung sollte vom Willen der Erblasser getragen sein und den individuellen Familienverhältnissen entsprechen.

2. Das Berliner Testament
Errichten Eheleute ein Berliner Testament, so setzen sie sich für den ersten Todesfall (Tod eines Ehegatten) gegenseitig zu alleinigen Vollerben ein. Kraft der Vollerbschaft geht das Vermögen des Erstversterbenden in dasjenige des überlebenden Ehegatten über und bildet mit diesem eine Einheit. Das Vermögen der Eheleute schmilzt sozusagen zu einem einheitlichen Vermögen zusammen. Folge ist aber zugleich, dass die Kinder des Erstversterbenden als weitere gesetzliche Erben enterbt sind!

Mit dem ersten Todesfall hat sich beim Berliner Testament das Vermögen der Ehegatten in der Person des überlebenden Ehegatten vereinheitlicht. Für den zweiten Todesfall treffen die Ehegatten daher eine Verfügung über den Fluss dieser einheitlichen Vermögensmasse zu Gunsten der sogenannten Schlusserben.

Als Schlusserben nach dem Tod des Überlebenden kommen regelmäßig die (ehegemeinschaftlichen) Kinder in Betracht. Die Einsetzung gemeinsamer Abkömmlinge als Schlusserben ist aber nicht zwingend. Schlusserben können auch andere, mit Ihnen nicht verwandte Personen sein.

Das Berliner Testament führt - wie bereits erwähnt - im ersten Erbfall automatisch zu einer Enterbung der Abkömmlinge. Pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge können daher in einem solchen Fall ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen. Der überlebende Ehegatte, der kraft Testamentes alleiniger Vollerbe des Erstversterbenden wird, ist also den Pflichtteilsansprüchen dieser Abkömmlinge ausgesetzt. Sind die Abkömmlinge zu Schlusserben des Überlebenden eingesetzt, so können sie nach dem Tod des Erstversterbenden ihren Pflichtteil verlangen und bleiben trotzdem Schlusserben nach dem überlebenden Ehegatten.

Daher sollte das Testament eine Klausel enthalten, in welcher diesem Störfall vorgebeugt wird. Eine solche Klausel bezeichnet man auch als eine sogenannte Pflichtteilsklausel . Die Pflichtteilsklausel bestimmt bspw., dass ein Abkömmling der den Pflichtteil geltend gemacht hat im Schlusserbfall von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Derartige „Pflichtteilsstrafklauseln“ sind in einfacher, aber auch verschärfter (= Pflichtteilshöhe mindernder) Form, möglich.

3. Die Vor- und Nacherbschaft
Der Gesetzgeber hat dem Erblasser die Möglichkeit eingeräumt, die Erbfolge testamentarisch so zu bestimmen, dass eine Person erst dann Erbe wird, nachdem ein anderer bereits Erbe war. Derjenige, der zuerst erben soll, wird als Vorerbe bezeichnet. Er ist quasi Erbe auf Zeit. Die Person, die nach dem Vorerben die Erbschaft erhalten soll, ist der Nacherbe. Der Nacherbe ist nicht – wie man annehmen könnte – Erbe des Vorerben, sondern der Nacherbe tritt das Erbe nach dem Erblasser an. Es erfolgt somit eine Mehrfachbeerbung des Erblassers. Der Effekt der Vor- und Nacherbschaft ist die Familienbindung des Vermögens der Erblasser über eine lange Zeit, soweit der Erblasser als Erben stets Familienangehörige bzw. Verwandte einsetzt. Ziel der Vor- und Nacherbschaft wird es also immer sein, den Nachlass (das Familienvermögen) für die Zukunft der Familie zu erhalten.

Eine Vor- und Nacherbschaft kann von Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament angeordnet werden. Die Vor- und Nacherbschaft bei Ehegattentestamenten wird auch als sogenannte „Trennungslösung“ bezeichnet. Der Begriff lässt sich auch wie folgt erklären: Wählen die Ehegatten die Trennungslösung, so wird der überlebende Ehegatte Vorerbe des Erstversterbenden, die Abkömmlinge beider Ehegatten werden dann bspw. zum Nacherben eingesetzt. Mit dem Erbfall erhält der überlebende Ehegatte das Vermögen des Zuerst- versterbenden. Dieses Vermögen verschmilzt nicht wie beim Berliner Testament mit seinem eigenen Vermögen, sondern der überlebende Ehegatte ist dann Eigentümer zweier Vermögen: Seines eigenen und des Vorerbenvermögens des Erstversterbenden. Das Vorerbenvermögen geht später, wenn die Nacherbschaft anfällt, auf die Nacherben über. Sein eigenes Vermögen geht an den von ihm Bestimmten.

Im Rahmen der Bestimmung der Abkömmlinge als Nacherben gilt es zu beachten, dass diese Nacherbeneinsetzung nach Eintritt des ersten Erbfalls vom überlebenden Ehepartner nicht mehr abgeändert werden kann! Die Erbfolge, wer das Vermögen nach dem Vorerben erhalten soll, ist hiermit also bereits festgelegt worden.

Werden die Abkömmlinge zu Nacherben bestimmt, so erhalten diese bereits mit Eintritt der Vorerbschaft ein sogenanntes Anwartschaftsrecht. Das Anwartschaftsrecht der Abkömmlinge stellt dann eine eigene Rechtsposition dar, die grundsätzlich auch vererbt werden kann. In dem Ehegattentestament sollte deshalb klargestellt werden, dass das Nacherbenanwartschaftsrecht nicht vererblich ist, da ansonsten der Fall eintreten kann, dass das Nacherbenanwartschaftsrecht im Falle der Vorversterbens des Abkömmlings zwischen ersten und zweitem Erbfall auf die Schwiegerkinder oder die sonst als Erben des Abkömmlings in Betracht kommenden Personen übergeht.

Die Vorerbschaft unterliegt verschiedenen gesetzlichen Beschränkungen . Der überlebende Ehegatte kann daher über das Vorerbenvermögen nicht völlig frei verfügen. Einzelne Verfügungen des überlebenden Ehegatten über das Vorerbenvermögen können im Nacherbfall sogar unwirksam werden. Trifft der Vorerbe Verfügungen entgegen dieser Beschränkung, so bleiben die Verfügungen zunächst voll wirksam. Sobald die Nacherbschaft dem Nacherben anfällt, werden diese Verfügungen von Anfang an unwirksam, wenn durch sie ein Recht des Nacherben beeinträchtigt oder vereitelt wird. Von den Beschränkungen kann der Vorerbe jedoch weitgehend befreit werden . Diese Befreiung müssen die Erblasser bzw. die Ehegatten im Testament jedoch ausdrücklich anordnen.

In der zweiten Verfügung von Todes wegen wird bei der Trennungslösung nur noch über das Eigenvermögen des überlebenden Ehegatten verfügt. Mit dem Tod des Überlebenden bzw. mit dem Eintritt des Nacherbfalles treten die Nacherben automatisch die Erbschaft nach dem erstversterbenden Ehegatten an. Insoweit wurde bereits in der ersten Verfügung von Todes wegen verfügt.

Sollen dem überlebenden Ehegatten Gegenstände frei zur Verfügung stehen, was sich beispielsweise bezüglich des gesamten Hausrats oder der persönlichen Gegenstände anbietet, so empfiehlt es sich, diese Gegenstände dem überlebenden Ehegatten im Wege eines Vorausvermächtnisses (Ehegattenvorausvermächtnis) zukommen zu lassen. Diese Gegenstände unterliegen dann nicht der Vorerbenbindung. Bedenken Sie bitte auch, dass der Vorerbe ggf. gezwungen sein könnte, Pflichtteilsansprüche aus dem Nachlassvermögen zu befriedigen und daher eventuell berechtigt werden sollte, über (begrenzte) Kapitalmittel frei oder zweckgebunden zu verfügen.

4. Die Bindungswirkung des Ehegattentestaments
Zu Lebzeiten beider Ehegatten kann das Testament gemeinschaftlich oder einseitig durch notarielle Erklärung widerrufen werden. Der Widerruf kann auch einseitig durch einen Ehegatten erfolgen, jedoch kann das Testament von einem Ehegatten nicht heimlich widerrufen werden.

Wurde von den Ehegatten eine wechselbezügliche und bindende Schlusserbfolge bestimmt, so kann der überlebende Ehegatte die nach Eintritt des ersten Todesfalls bindend gewordenen Verfügungen nicht mehr abändern. Dies kann dazu führen, dass das Vermögen an die gemeinsam bestimmten Schlusserben fällt, obwohl sich diese bspw. nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr um den überlebenden Ehepartner gekümmert haben. Es bietet sich daher an, in dem Ehegattentestament dem überlebenden Ehepartner eine Abänderungsbefugnis – die auch auf die gemeinsamen Abkömmlinge beschränkt werden kann – einzuräumen.

5. Wiederverheiratung
In einem Wiederverheiratungsfall des überlebenden Ehegatten käme ein weiterer Pflicht-teilsberechtigter auf dessen Seite hinzu, der die Erbansprüche der gemeinschaftlichen Kinder im Schlusserbfall mindern würde. Ferner besteht für den überlebenden Ehegatten wegen des neuen Pflichtteilsberechtigten die Möglichkeit, das frühere gemeinschaftliche Testament anzufechten. Sollen dessen Bindungswirkungen erhöht werden, muss dieses Anfechtungsrecht ausgeschlossen werden. Ferner ist zwischen „schwachen“ und „starken“ Wiederverheiratungsklauseln zu unterscheiden. Beispielsweise könnte der überlebende Ehegatte für den Fall der Wiederverheiratung nur als Vorerbe eingesetzt werden, wobei der Nacherbfall mit der Wiederverheiratung bereits eintritt. Alternativ könnte aber auch (nur) eine Verpflichtung des überlebenden Ehegatten für den Wiederverheiratungsfall vorgesehen werden, den erbberechtigten Abkömmlingen im Zeitpunkt der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten bestimmte Geldbeträge als Vermächtnisse auszuzahlen.

Möchten Sie sich konkret und unter Berücksichtigung Ihrer speziellen familiären Umstände und Ihres Vermögens über die ihn Ihrem Fall erforderliche Testamentsgestaltung beraten lassen oder haben Sie weitere Fragen?

Dann sollten Sie uns fragen. Wir beraten Sie gerne!


Hans-Michael Schiller
Rechtsanwalt und Notar

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