Unsere Geschichte

Siedlergemeinschaft Theodor-Storm-Weg / Ohligs-Heide
Entstehung des Siedlungsgebietes am Rande der Ohligser Heide

1. Bauabschnitt
Im Jahre 1934 versammelten sich einige Alt-Solinger-Siedler, von denen schon einige seit langer Zeit erwerbslos waren, um die freie Zeit zu nutzen, ein Stück Land am Rande der Ohligser Heide urbar zu machen. Das Baugebiet war 12 Morgen groß und zuerst mussten auf Geheiß der Stadtverwaltung Solingen Drainagearbeiten ausgeführt werden, ohne technische Hilfsmittel, nur mit Schaufel, Hacke und Manneskraft. Trotz dieser widrigen Umstände, eine Aufgabe des Projektes gab es nicht. "Was der Mensch will, das kann er auch", so die Überlieferung aus dieser schweren Zeit.

Die Pioniere dieses Kraftaktes waren:
Reinhard Klugescheid, Robert Funcke, Erich Bull, Oskar Klingelhöfer, Paul Klingelhöfer, Robert Grah, Paul Lemke, Franz Krämer. Alle waren Handwerker in verschiedenen Berufen, so dass sie sich wechselseitig bei allen Arbeiten beim Bau der späteren Häuser helfen konnten. Die Kosten für Baumaterial musste jeder für sich tragen.

Im Oktober 1934 wurde von allen der Antrag an die Stadt Solingen gestellt, einen Unterkunftsraum zu errichten, da Pflanzen und Werkzeuge während der Abwesenheit oft entwendet wurden und sie sich bei schlechtem Wetter unterstellen konnten, dem auch stadtseitig entsprochen wurde.

Im Mai 1937 wurde über den Spar- und Bauverein Solingen der Antrag auf Erteilung einer baupolizeilichen Genehmigung zum Bau von 7 Siedlerstellen gestellt und im Juni wurde diese erteilt. Der Bau der Siedlungshäuser begann umgehend, unterstützt vom Kreisamtsleiter der Stadt Solingen, Herr Eickhorn, wurden finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Zu dem Zeitpunkt haben sich die Neu-Siedler bereits der Kreisgruppe des Deutschen Siedlerbundes e.V. angeschlossen.

Beim Richtfest Mitte 1937 waren alle oberen Stadtbediensteten des Bauwesens zugegen und dankten den "Pionieren am Rande der Ohligser Heide" für ihre aufopferungsvolle und gemeinschaftliche Arbeit. Die Siedlung erhielt die Bezeichnung "Heinrich-Heide-Siedlung", wohl in Verbindung mit der Ortslage und dem Stadtbaumeister Pg. Heinrich. Gemeinschaftsleiter Robert Grah und seine Mitstreiter samt Frauen feierten dies in der Gaststätte "Zur Stadt Solingen".

Im Juli 1938 wurde die Bescheinigung der Stadt Solingen für den Bezug der Siedlerstellen ohne baupolizeiliche Beanstandungen ausgestellt.

Im Zuge der Bebauung wurde auch die Genehmigung zum Bau eines Brunnens auf jedem Grundstück zur eigenständigen Wasserversorgung erteilt. 1938/39 wurden Wasserproben mehrfach durch das Untersuchungsamt der Stadt Solingen geprüft und im Juni 1939 offiziell freigegeben, mit der Maßgabe, bakterielle Nachprüfungen von Zeit zu Zeit vorzunehmen.

2. Bauabschnitt
1945, in der Zeit der Not machten sich diejenigen, die noch ein wenig Kraft und Lebenswillen verspürten, auf, um mit Hacke und Spaten das dem Boden zu entlocken, was zum Lebensunterhalt erforderlich war.

22 dieser Landsuchenden verschlug es in die Ohligser Heide, direkt neben die Häuser der Siedlergemeinschaft Theodor-Storm-Weg. Sie rodeten mit ungeheurer Zähigkeit rund 55.000 qm Wald- und Sumpfgelände. Der Boden wurde bis zu ¾ Meter Tiefe, nicht mit Pflug oder Trecker, nein, mit dem Spaten umgebrochen. Es wurde drainiert. Nach langer Mühe, mit Enttäuschungen und Schweißtropfen gewürzt, gediehen alljährlich prächtige Gärten und jeder freute sich im jeweiligen Herbst über die Resultate seiner Arbeit, die in realen Werten vor ihm lagen.

1948: Die 22 Pächter der Stadt Solingen, es handelte sich nämlich um städtisches Gelände, setzten sich eines Tages, von dem Wert ihrer Arbeit überzeugt, zusammen und beratschlagten, wie sie durch erneute Zusammenfassung ihrer Kräfte auf dem Gelände Wohnstätten schaffen könnten. Einige der Gartenfreunde waren schon Mitglied des Deutschen Siedlerbundes e.V. und der Rest trat nach kurzem Entschluss ebenfalls bei. Es wurde die Siedlergemeinschaft Theodor-Storm-Weg offiziell gegründet, ein Vorstand gewählt und demselben die Aufgabe gestellt, den Entschluss der Gemeinschaft, eine Kleinsiedlung zu erstellen, in die Tat umzusetzen. Frisch ging es ans Werk. Und nach einem verhältnismäßig kurzen, aber zähen Kampf setzte sich der Vorstand gegen die so zahlreichen siedlungsfeindlichen, leider so einflussreichen Männer innerhalb der Stadtverwaltung und anderer maßgebenden Stellen, durch.

In erster Linie danken die Siedler der Gemeinschaft Theodor-Storm-Weg dem Stadtverordneten Herrn J. Pütz, der manche Lanze für sie brach und immer half, wo er nur konnte. Er war immer nur ein "Ohligser", der für die rechtmäßigen Forderungen der Bürger eintrat.

Auch dem Leiter der Gemeinnützigen-Wohnungsgenossenschaft, Herrn K. Haberland, danken die Siedler. Er ist es gewesen, der sich 1948 schon, in einer verhältnismäßig ungünstigen Zeit, dafür einsetzte, dass die Solinger Wohnungsgenossenschaft die Trägerschaft übernahm. Er persönlich wusste, welch eine ideale Sache eine Kleinsiedlung auch im Rahmen der Volkswirtschaft ist. Die Siedler der Solinger Siedlergemeinschaften Altenhof, Deusberg, Maubes und Theodor-Storm-Weg haben bewiesen, dass sie mit viel Eigenleistung und durch Zusammenarbeit mit dem Träger den Kostenausgleich mehr wie geschaffen haben, auch wenn es manchmal sehr schwer fällt, die einzelnen Träger davon zu überzeugen, dass ein Siedlungsobjekt keine Gelegenheit zum Geschäft ist. Die Grundstücke wurden in Erbpacht vergeben. Zu zahlen hatten die Pächter vom ersten Pachttag an 1 ½ Pfennig Pacht pro qm, was viele Siedler in Anbetracht der Tatsache, dass sie die Grundstücke selbst unter viel Mühen hergerichtet und kultiviert hatten, nur mit äußerstem Unmut akzeptierten.

Nachdem sämtliche Vorplanungen für den Bauabschnitt von Seiten des Trägers abgeschlossen waren, übernahm die Gemeinschaft zunächst das Ausschachten des Grabens für die Wasserleitung und deren Verlegung. Abends, samstags und auch am Sonntag wurden in zirka vierzehn Tagen bis drei Wochen 1.300 laufende Meter, teilweise bis zu zwei Meter tief, ausgehoben und die gesamte Wasserleitung verlegt. Weiter wurden Baugruben, Sickerbrunnen und Entwässerungsanlagen ausgeschachtet, Ställe gebaut, Fußböden gelegt, die Dächer gedeckt, Fenster und Türen eingesetzt, der erste und zweite Außenputz aufgebracht, Innen- und Außenanstrich besorgt, sowie eine Vielzahl an Kleinarbeiten ausgeführt. Von Seiten der Stadt Solingen war eine Teerstraße geplant. Die Siedler, in Unkenntnis über die mühselige Arbeit, freuten sich dieses Beschlusses. Zwei Monate nachdem die Siedler in ihren Häusern eingezogen waren (Pfingsten 1951) wurde mit frischem Mut der neue Arbeitsabschnitt in Angriff genommen. Der Träger beschaffte Schienen und Rollwagen. Im ersten Jahr bewegten die Unermüdlichen 1400 cbm Erde und in den ersten Monaten des darauffolgenden Jahres noch einmal ca. 400 cbm. Zwischendurch wurden Bordsteine gesetzt. Der Träger, an die fleißige Arbeit der Siedler gewohnt, ließ zwischendurch Lastzug auf Lastzug verdreckten Bahnschotter, der von der Bundesbahn kostenlos abgegeben wurde, anfahren. Nun hieß es "ausgabeln" (bereinigen). Und das war wohl die Arbeit, die den Siedlern am unzweckmäßigsten während der ganzen Arbeitszeit erschien. Schließlich konnte von der Riesenmenge nur ca. 1/8 als verwendbarer Schotter verarbeitet werden.

Einmal erschlafft jede Kraft und dieser Punkt war im Winter 1952/53 endgültig erreicht. Die Krankheitsziffer machte es unmöglich die Arbeiten in bisheriger Weise fortzusetzen. Stadt und Träger hatten sich während der gesamten Bauzeit nicht um die Durchführbarkeit der Arbeiten gekümmert. So auch jetzt nicht. Nun musste der Gemeinschaftsvorstand in die Bresche einspringen und eine Möglichkeit suchen, wie man unter größter Kraftanstrengung doch zum Ziel kam. Nach kurzem Entschluss griffen die Siedler und die Mieter, die Undurchführbarkeit der Arbeiten von Hand erkennend, tief in ihren Geldbeutel und ließen sich eine Planierraupe von Bergisch-Gladbach kommen, die in zwei Tagen die größten Erdbewegungen spielend bewerkstelligte. Es musste ein Unternehmer von auswärts bestellt werden, da die Preise der Solinger Firmen auf Grund ihrer sagenhaften Höhe nicht erschwinglich waren. Nun war diese Situation wieder einmal glücklich überwunden. An den Siedlern sollte es nicht liegen.

Die Siedler Groß-Solingens zeigten praktisch, wie unter schlechtesten Bedingungen etwas Wertvolles geschaffen werden konnte. Wenn in den aufbauenden Gemeinschaften Parteirichtungen vertreten und nicht das eigentliche Ziel im Auge behalten worden wäre, stünde nicht ein Haus.

Insgesamt kam es allerdings zu einem Kuriosum vom Theodor-Storm-Weg. Inmitten der neuen Siedlung liegt die alte Siedlung (1. Bauabschnitt). Die Straße vor der Neusiedlung glänzt nun im schönsten teergrau, aber 100 Meter mitten drin ist vor der Altsiedlung noch immer die traurige Sandfarbe, die obendrein in Regenzeiten zum Schlammbad wird. Es war scheinbar in der Verwaltung nicht bekannt, dass die Ohligser Heide eines der beliebtesten Ziele auswärtiger Besucher ist. Jedenfalls ist die Reinheit der Luft eine wesentlich bessere als die in der Umgebung der Wupper. Eines steht fest, dass die damals so wunderschön von Bürgermeister Sauerbrey angelegte Heide mit ihren idyllisch gelegenen Forsten, nebst schmucken Randsiedlungen, die Visitenkarte für die werdende "Großstadt Solingen" ist. Das ist ein Grund, mehr Leute, die praktisch zur Selbsthilfe schreiten, etwas mehr als bisher zu unterstützen.

Das Ergebnis des 2. Bauabschnittes waren neun Doppelhaushälften und vier Einzelhäuser mit jeweils sechs Zimmern, umfasst jedes von ihnen mit jeweils ca. 1 Morgen Land. 91 qm Wohnraum plus Kellerraum dazu. Jede Siedlerstelle musste zudem eine Familie zur Miete aufnehmen. In der Mitte der Siedlung wurde ein Blumenrondell angelegt, welches die lange Zufahrtsstraße etwas auflockerte. Die Vorsitzenden der Siedlergemeinschaft, Friedel Weck und Horst Beutner, waren maßgeblich für die Planung, Schaffung, Organisation und Durchführung des umfangreichen Projektes verantwortlich und haben den Idealismus dieser „Neusiedler“ gestützt und vorangetrieben.

Auch Dank der finanziellen Unterstützung der Solinger Firmen Kronprinz und Bremshey wurde den Neusiedlern maßgeblich geholfen.

Die Neusiedlung unterlag zum einen dem Reichsheimstättengesetz, welches eine Veräußerung der Immobilien samt Grundstück schwierig machte. Seit Oktober 1993 ist dieses Gesetz aufgehoben.
Zum anderen sind diese neuen Siedlerstellen mit dem Erbbaurecht belegt, welches 2050 ausläuft. In den Folgejahren wurden die Häuser nach und nach fertiggestellt. Die Gärten wurden für die Selbstversorgung mit Gemüse und Obst kultiviert. Ebenso wurde Kleintierhaltung betrieben - auch mit Schweinen, was die Siedler unabhängiger machte in der damaligen Versorgung. Die Vielfalt der Blumenbeete, besonders in den Vorgärten, bot nicht nur Spaziergängern ein farbenfrohes Bild.

Auf Grund des großen Anteils junger Familien, fand in den 70/80er Jahren fast jährlich ein Kinder- und Siedlerfest statt. Das jährliche Martinssingen samt Martinsfeuer war bis in die 2000er Jahre fester Bestandteil im November. 1990 fand sogar ein großen Straßenfest auf dem Rondell mit Live Band im Festzelt statt, dass bis heute einmalig blieb.

In den 80er Jahren wurde mehrfach öffentlich diskutiert, ob der Theodor-Storm-Weg - als damals westliches Stadtgebiet Solingens - an die Nachbarstadt Hilden angegliedert werden soll, im Tausch mit anderen städtischen Gebieten. Die Bestrebungen verliefen aber wegen Uneinigkeit der Stadtoberen im Sande. Heute ist die naheliegende Spreestraße die westlichste Straße Solingens, die aber nur über Hildener Stadtgebiet zu erreichen ist.

Die Siedlergemeinschaft Theodor-Storm-Weg nahm auch am Wettbewerb „Beste Kleinsiedlung“ teil und wurde 1974 Sieger im Bereich „Neu-/Altsiedlung“ der Stadt Solingen, sowie im Landeswettbewerb Platz 2 mit der „Altsiedlung“.

1996/97 wurde der Theodor-Storm-Weg nach langen Planungen endlich ans Kanalnetz der Stadt Solingen angeschlossen. Die Sickergruben hatten ausgedient.

Der Theodor-Storm-Weg ist auch Teil der Veloroute Düsseldorf - Wuppertal. Im September 2020 wurde die Strecke durch Oberbürgermeister Kurzbach offiziell eröffnet, als erste Fahrradstraße der Stadt Solingen. Seitdem haben (eigentlich) die Fahrradfahrer Vorrang auf der knapp 1,8 km langen Strecke. Aber der Theodor-Storm-Weg wird morgens und abends nach wie vor als „Umgehung“ der viel befahrenen Walderstraße in Hilden genutzt.

Auf Grund von Nachfolgemöglichkeiten bzw. Wegzug hat sich das „Bild“ am Theodor-Storm-Weg seit Beginn des Jahres 2000 gravierend verändert. Der „alte“ Siedlergedanke ist dabei leider zu Hauf auf der Strecke geblieben.

Dafür halten seit vielen Jahren neue „Bewohner“ den Theodor-Storm-Weg in Atem. Auf Grund der Nähe zur Ohligser Heide wurden die großflächigen Gärten der Siedlung mehrfach von Wildschweinen übelst verwüstet. Dagegen sind Füchse und Rehe eher erträgliche „Gäste“ der Heidesiedlung.

Heute (2022) sind noch 12 Siedlerstellen Mitglied im übergeordneten Kreisverband Wohneigentum Solingen. 1997 waren es noch 28 Siedlerstellen sowie 5 Altsiedler.


Jörg Vater (2022)

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