Vereinschronik
PRESSEBERICHT JANUAR 2006
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Wasser bahnte Weg zu fester Gemeinschaft
Wie aus einem großen Obstgarten eine neue Siedlung entstand / 15 Häuser wurden einst am Kirschrangen gebaut
VON NP MITARBEITERIN CLAUDIA PREISSINGER
Wasser bringt Leben. So war es auch bei der Siedlergemeinschaft Eyrichshof. Bevor sie 1952 von den Bewohnern aus der neu entstandenen Siedlung am Kirschrangen gegründet wurde, gab es dort schon eine Wassergemeinschaft. Ein Tiefbrunnen versorgte die ersten 15 Häuser. Das war die Keimzelle.
EYRICHSHOF - Nach dem Krieg gab es kaum Wohnraum erläutert der langjährige 2. Vorsitzende Herbert Arndt, der selber mit zu den ersten Siedlungshausbesitzen in Evrichshof gehört, in einem Gespräch mit der Neuen Presse. Es gelang einem Rentweinsdorfer Bürger in hartnäckigen Verhandlungen, den Baron von Rotenhan als Großgrundbesitzer dazu zu bewegen, einen Teil seines großen Obstgartens, der sich an dem offenen, sonnigen Hang um den Friedhof herum befand, abzugeben.
Ein Bauplatz für ein gutes Dutzend Siedlungshäuser war damit vorhanden. Genau I5 Stück sollten es werden. Alle mit Garten, mit Schuppen und Gemüsebeeten. 90 Quadratmeter Wohnfläche inklusive einer Einliegerwohnung. „ Jeder, der hier bauen wollte, musste eine fremde Flüchtlingsfamilie aufnehmen ", informiert Heinrich Elflein, auch einer der Siedler der ersten Stunde und Gründungsmitglied des Vereins. Aber das störte niemanden.
In kurzer Zeit waren alle Grundstücke weg. Eine rege Bautätigkeit begann um 1950. Doch es gab ein Problem: Es gab kaum Wasser. Also schlossen sich die Neubürger zusammen und suchten gemeinsam eine Quelle. Bei dem Aussiedlerhof, den man noch heute von der Bundesstraße aus gut sehen kann, wurden sie schließlich fündig. Ein Tiefbrunnen wurde gebohrt. Die Pumpe holte genug flüssiges Nass für alle 15 Häuser herauf.
Damit diese sprudelnde Quelle auch auf Dauer erhalten werden konnte, schlossen sich die Bauherren zu einer Wassergemeinschaft zusammen. Jeder zahlte vierteljährlich einen Abschlag und Kurt Walter, der später für 40 Jahre Kassierer des Vereins wurde, ging herum und sammelte ihn ein. Einmal im Jahr wurde dann abgerechnet. 20 Pfennig kostete der Kubikmeter Wasser damals. Das Geld sparten sie und bezahlten davon notwendige Reparaturen und immer wieder mal eine neue Pumpe.
Der Hausbau ging flott voran. Die neuen Eigentümer und ihre Familien sowie ihre neuen Mieter, aber auch Nachbarn und Freunde packten kräftig mit an. Gelernte Handwerker sorgten dafür, dass auch alle Handgriffe passten und das evangelische Siedlungswerk Nürnberg unterstützte die Häuslebauer im Hintergrund. Es gewährte Darlehen, schickten aber auch Fachpersonal wie Architekten und gaben Material wie Spaten und Schubkarren. Dafür wollte es natürlich im Gegenzug die Mitgliedschaft im Bayerischen Siedlerbund.
Bis zu 20 000 Mark pro Haus stellte das Siedlungswerk zur Verfügung. Fast alle Bauwilligen griffen zu, schließlich hatten die meisten mit dem Krieg fast alles verloren. Einige erhielten zudem noch Unterstützung von ihrem Arbeitgeber, der Firma FAG Kugelfischer in Ebern. Und die Neubürger schlossen sich dem Verband an. Friedrich Schönmann trat 1950 als Erster bei. Er ging zur Siedlergruppe Rentweinsdorf-Eyrichshof. Weitere Familien folgten bald und am 1.Januar l953 gründeten die 15 stolzen neuen Hausherren ihre eigene Gemeinschaft.
Sie kannten sich ja gut untereinander. Die schweren Jahre der Bauarbeiten hatten zusammengeschweißt. „Abends, nach der Arbeit und vor allem an den Samstagen war damals ganz schön was los gewesen", erinnert sich Elflein. Baugrube ausheben, Erde wegschaffen, Ziegel transportieren, Mauern hochziehen und so weiter. Einige Familien, darunter Schönmann und Neudert, gossen sogar ihre Zementsteine für den Keller selber. In gemeinschaftlicher Zusammenarbeit wuchsen die einstöckigen Häuschen oft in wenigen Monaten schnell hoch. Es waren einfache Gebäude ohne Bad und Zentralheizung.
1951 zog die Familie Elflein als Erste ein. Ihr Eigenheim hatte 2l 850 Mark gekostet. „ Drei Jahre lang zahlte ich dann monatlich 32 Mark an das Siedlungswerk als eine Art Mietpreis", erzählt der Hausherr. Dann begann die eigentliche Tilgung. Auch die anderen Siedler mussten sparsam bleiben und sich nach der Decke strecken, doch das Wirtschaftswunder gab Sicherheit und Wohlstand.
Bereits 1955 schaffte der erste sich ein Auto an, eine Isetta. Garagen gab es damals noch nicht. Dafür so genannte Nebengebäude, kleine Schuppen für die Gartengeräte, die Fahrräder, das Heizholz und die Nutztiere. Fast jede Familie hielt damals Hühner, Enten, Gänse, Kaninchen, Ziegen.
„ Einer hatte sogar noch bis In die 80er Jahre hinein immer wieder zwei Schweine", berichtet Walter. Manchmal gab es Probleme, wenn eines der Tierchen ausbüchste und dem Nachbarn die jungen Salatpflanzen wegfraß, aber die Siedler einigten sich immer wieder untereinander, schließlich haben sie ja genug durchgestanden.
Doch mit der Gemeinschaft selbst wollte es nicht mehr so recht etwas werden. „Jeder hatte in der Nachkriegszeit erst mal mit sich selbst zu tun", sagt Arndt. Nach und nach schlief der Verein ein, nur noch die Wassergemeinschaft bestand. Mit der Eingemeindung nach Ebern 1972 fand aber auch diese ihr Ende. Irgendwann stand dann die Siedlergemeinschaft Eyrichshof kurz vor der Auflösung.
Doch am 11. März 1984 änderte sich alles schlagartig. Walter hatte zu einer Zusammenkunft eingeladen und daraus wurde eine Art Wiederbelebungsversammlung. Ein neuer aktiver Vorstand wurde gewählt und es gab nun Jede Menge Veranstaltungen. Neue Mitglieder, auch aus den später gebauten Häusern am Kirschrangen traten bei. Die Bauherren- und Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung, die Im Mitgliedsbeitrag eingeschlossen ist, machten den Verein wieder interessant.
Rund viermal im Jahr traf man sich nun zu Versammlungen. Dabei gab es auch immer Vorträge zu wichtigen Themen um Haus und Garten. Gebäudeversicherung bis zum Baumschnittkurs war alles dabei. Einmal im Jahr, immer Anfang September, gab es ein großes Siedlerfest, inzwischen hat der Verein das elfte in Folge auf dem Schulsportplatz gefeiert. Dazu kamen viele Ausflüge, zum Beispiel zur Landesgartenschau nach Kronach oder zur Gartenbaulehranstalt in Veitshöchheim.
Außerdem schaffte der Verein größere Geräte wie eine Motorhacke an, die an Mitglieder Verliehen werden. Weiter gibt es Sammelbestellungen für Dünger, Saatkartoffeln und Heizöl, Pflanzaktionen „und bei jedem unserer Treffen stellt eines unserer Mitglieder ein Wetterbeobachter, die Niederschlagsmengen der vergangenen Monate vor", erläutert 2. Vorsitzender Otto Schmitt. ,, Hier habe ich meine neue Heimat gefunden", schließt Arndt, der nach dem Krieg als Heimatvertriebener nach Ebern kam und jetzt echter Eyrichshöfer ist.