Notarielles Testament/Erbvertrag
RECHTSINFORMATION AKTUELL (Stand: Januar 2010)
Notarielles Testament oder Erbvertrag rechtzeitig errichten !!!
Derzeit und in den nächsten Jahren werden Vermögenswerte von mehreren Billionen Euro in Deutschland weiter vererbt. Trotzdem haben mehr als 70 % der volljährigen Bundesbürger keine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) getroffen. Mehr als 82 % möchten jedoch nach ihrem Tod juristisch und wirtschaftlich klar geregelte Verhältnisse hinterlassen.
Leider ist dies aber nicht der Fall. Denn bei jedem 5. Erbfall gab es Streit, im Westen Deutschlands doppelt so oft wie im Osten.
Diese Ergebnisse einer Umfrage des EMNID-Institutes belegen, dass trotz verstärkter Medien-Berichterstattung zu Themen des "Erbens und Vererbens" die Mehrheit der Bürger nicht oder nicht hinreichend über das Erbrecht und seine (verschiedentlich sogar für die Beteiligten katastrophalen wirtschaftlichen) Folgen aufgeklärt ist.
Was geschieht ohne Testament?
Wenn ein Mensch stirbt, geht im selben Augenblick dessen Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über, egal, ob diese davon Kenntnis haben und ohne deren Zutun. Etwas tun muss der Erbe aber, wenn er davon erfahren hat und die Erbschaft ausschlagen will. Jeder Erbe kann innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach entsprechender Kenntniserlangung die Erbschaft durch notariell beglaubigte Erklärung ausschlagen.
Wenn jemand kein Testament oder Erbvertrag hinterlässt, werden die Erben vom Bürgerlichen Gesetzbuch („gesetzliche Erbfolge“) bestimmt. Viele - vornehmlich Eheleute – meinen, dass z.B. das gemeinsame Haus nach dem Tod des Ehepartners dem Überlebenden allein gehört. Häufig ist unbekannt, dass neben dem Ehepartner auch andere Personen regelmäßig Miterben und damit Miteigentümer werden. Regelmäßig wird es Probleme geben, denn jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung und Teilung des Nachlasses verlangen. Für das gemeinsame Hausgrundstück bedeutet dies beispielsweise, dass jeder der Miterben die Teilungsversteigerung verlangen kann, die dann beim zuständigen Amtsgericht wie eine Zwangsversteigerung durchgeführt wird und mit dem Zuschlag des gesamten (bisher gemeinschaftlichen) Hausgrundstücks an den Meistbietenden endet.
Wer ist gesetzlicher Erbe?
Gesetzliche Erben sind zu bestimmten Anteilen ausschließlich Blutsverwandte, durch Adoption Verwandte (von wenigen Ausnahmen abgesehen), Ehepartner und der (gleichgeschlechtliche) Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Nichteheliche Kinder sind den ehelichen Kindern gleich gestellt. Gibt es keine Erben, fällt das gesamte Erbe an den Staat.
Die gesetzlichen Erben sind in vier „Ordnungen“ unterteilt, wobei die Erben der jeweils höheren Ordnung die Erben der nachfolgenden Ordnungen von der Erbfolge ausschließen. Innerhalb der jeweiligen Ordnungen schließen wiederum die dem Verstorbenen verwandt- schaftlich näher stehenden Personen die entfernteren Verwandten aus. Ein einziger näherer Angehöriger schließt also sämtliche entfernteren Verwandten aus.
Erben erster Ordnung sind die Kinder, Kindeskinder, Urenkel (nicht die Schwiegerkinder).
In erster Linie erben also die Kinder, und zwar zu gleichen Teilen. Ist aber ein Kind bereits verstorben, so treten an seine Stelle und nur für seinen Erbteil seine Abkömmlinge, ebenfalls untereinander gleichanteilig usw. („Erbfolge nach Stämmen“).
Hinterlässt der Verstorbene keine Abkömmlinge, gelangen die Erben der zweiten Ordnung zur Erbfolge. Dies sind seine Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten. In erster Linie erben also dann die Eltern. Ist aber ein Elternteil bereits vorverstorben, so treten an dessen Stelle und für dessen Erbteil dessen Abkömmlinge, also die Geschwister und ggf. auch Halbgeschwister bzw. Geschwisterkinder des Erblassers. Sind auch solche nicht vorhanden, erbt der noch lebende Elternteil allein.
Sind auch Erben der zweiten Ordnung nicht vorhanden, sind Erben dritter Ordnung die Großeltern, Onkel, Tanten, Vettern und Cousinen nach denselben Beerbungsgrundsätzen.
Was erbt der Ehegatte?
Das Erbrecht des Ehegatten richtet sich danach, in welchem Güterstand (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder Gütergemeinschaft) die Ehegatten lebten und welche Verwandten welcher Ordnung als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen.
Gilt der gesetzliche Güterstand („Zugewinngemeinschaft“), so wird der Ehegatte nach Erben der ersten Ordnung (z.B. Kindern, Enkeln) zur Hälfte Miterbe. Neben Erben der zweiten Ordnung (z.B. Eltern, Geschwistern, Nichten, Neffen) wird der Ehegatte zu ¾ Erbe. Gesetzlicher Alleinerbe wird der Ehegatte nur dann, wenn weder Erben der ersten oder zweiten Ordnung noch Großeltern leben!
Haben der Verstorbene und sein Ehegatte durch notariellen Ehevertrag Gütertrennung vereinbart, erhält der überlebende Ehegatte
neben einem Kind die Hälfte des Nachlasses,
neben zwei Kindern 1/3,
neben drei oder weiteren Kindern ¼,
neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern erbt der überlebende Ehegatte bei Gütertrennung die Hälfte des Nachlasses.
Beispiel:
Waren der Erblasser und sein Ehegatte gemeinschaftliche Eigentümer eines Hausgrundstücks und lebten sie im gesetzlichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft), fällt die dem Erblasser bisher gehörende Hälfte des mit dem Familienheim bebauten Grundstücks nicht ohne weiteres dem überlebenden Ehegatten allein zu. Vielmehr erben diesen Anteil neben dem Ehegatten zur Hälfte die Abkömmlinge und bei kinderloser Ehe zu ein Viertel die Eltern bzw. Geschwister oder Geschwisterkinder des vorverstorbenen Ehegatten.
Neben seinem gesetzlichen Erbteil erhält der überlebende Ehegatte als sogenannten „gesetzlichen Voraus“ die beweglichen Gegenstände, die zum ehelichen Haushalt gehören und die Hochzeitsgeschenke. Ausgenommen hiervon sind Kleidung und Wäsche und Gegenstände, die Zubehör eines Grundstücks sind. Ist der überlebende Ehegatte neben Abkömmlingen des Verstorbenen Miterbe, so stehen ihm diese ehelichen Haushaltsgegenstände allerdings nur zu, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.
Außerhalb der „klassischen Familie“ gilt bei fehlendem Testament nach dem Gesetz folgendes:
Bei unverheirateten Paaren hat der überlebende Partner keinerlei gesetzlichen Erbanspruch.
Bei geschiedenen Alleinerziehenden sind die Kinder die einzigen gesetzlichen Erben.
Bei Alleinstehenden ohne Blutsverwandte fällt das Erbe vollständig an den Staat.
Die gleichgeschlechtlichen Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sind erbrechtlich dem „klassischen Ehegatten“ gleichgestellt und beerben sich gegenseitig und neben weiteren Verwandten der jeweiligen Ordnungen wie diese (siehe hierzu die vorstehenden Ausführungen).
Muss ein Erbschein beantragt werden?
Zum Nachweis ihres Erbrechts benötigen die Erben einschließlich des überlebenden Ehegatten gegenüber Behörden, Grundbuchamt und Banken regelmäßig einen Erbschein, z.B. wenn ein Grundstück oder ein Konto des Erblassers auf den Namen des oder der Erben umgeschrieben werden soll. Auch wenn vom Konto des Verstorbenen Geld abgehoben werden muss, benötigt man regelmäßig einen Erbschein, wenn nicht der Erblasser dem Erben bereits zu Lebzeiten eine Vollmacht über den Tod hinaus erteilt hat. Die Erteilung des Erbscheins durch das zuständige Nachlassgericht (Amtsgericht) nimmt regelmäßig einen längeren Zeitraum in Anspruch und ist regelmäßig mit erheblichen Kosten verbunden.
Liegen hingegen ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag vor, so reichen diese letztwilligen Verfügungen regelmäßig zum Nachweis der Erbfolge beim Grundbuchamt, Banken und Behörden aus. Ein Erbscheinsverfahren ist in diesen Fällen regelmäßig entbehrlich!
Warum sind notarielles Testament oder Erbvertrag (nicht nur für Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümer) unbedingt notwendig?
Entspricht die vorstehend dargestellte gesetzliche Erbfolge nicht Ihren persönlichen Vorstellungen? Möchten Sie
selbst überlegt und verständig entscheiden, wie Ihr Vermögen verteilt werden soll?
die Gefahren einer Erbauseinandersetzung unter mehreren Miterben und die Gefahr einer Teilungsversteigerung des Grundstücks verhindern?
die Einschaltung des Vormundschaftsgerichts bei minderjährigen Kindern als (Mit-)Erben verhindern?
die erheblichen Kosten eines Erbscheinsverfahrens vermeiden und auf kostengünstigerem Weg den Erbfolgenachweis gegenüber Grundbuchamt, Behörden und Banken sicherstellen?
Dann und in vielen weiteren Fällen sind das notarielle Testament oder der Erbvertrag der einzig richtige und kostengünstige Weg! Diese bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihrem Willen weitgehend frei Ausdruck zu verleihen. Zugleich wird unschönen Erbstreitigkeiten innerhalb der Familie und insbesondere mit entfernteren Verwandten vorgebeugt. Die Errichtung notarieller letztwilliger Verfügungen ist in jedem Falle auch dann sinnvoll, wenn größere Werte auf dem Spiel stehen, möglicherweise neben Haus-, Wohnungs- und Grundeigentum auch gewerbliche Unternehmen im Nachlass vorhanden sind und/oder eine unwirtschaftliche Verteilung des Nachlasses unter einer Vielzahl gesetzlicher Erben vermieden werden soll. Auch junge Ehepaare sollten möglichst schon bei der Eheschließung überlegen, wer Erbe sein soll, wenn einem von ihnen plötzlich etwas zustößt, und eine entsprechende Regelung notariell treffen.
Beispiel:
Hat ein junges Paar, dass noch keine eigenen Kinder hat, neu gebaut und stirbt einer beider Ehepartner, so ist vielleicht das finanzielle Problem der Gebäudefinanzierung durch eine Risikolebensversicherung abgedeckt. Hoffentlich wurde auch das erbrechtliche Risiko ebenfalls bedacht, denn sonst könnte neben dem überlebenden Ehegatten wegen des gesetzlichen Erbrechts der Eltern plötzlich die ungeliebte Schwiegermutter Miteigentümerin des gemeinsam erbauten Hauses sein. War das junge Paar nicht einmal verheiratet und wurde das Haus auf einem Grundstück gebaut, welches im Alleineigentum des Verstorbenen stand, hat die Frau nicht nur den Verlust des Partners zu beklagen, sondern muss aus dem Haus ausziehen oder dieses den gesetzlichen Erben wieder abkaufen, sofern diese zum Verkauf bereit sind.
Vor diesen Konstellationen und den vielen weiteren Problemen im Erbfall kann man sich nur durch einen Erbvertrag oder ein Testament schützen. Grundsätzlich stehen Ihnen für letzteres zwar zwei Möglichkeiten offen: Das eigenhändige und das notarielle Testament.
Sollten Sie den Weg des eigenhändigen Testamentes wählen, muss dieses eigenhändig, handschriftlich und mit Vor- und Zunamen unterschrieben sein. Ort und Datum sowie die Überschrift „Testament“ sollten ebenfalls nicht fehlen. Achten Sie auf unmissverständliche Formulierungen und stellen Sie klar, wer Erbe und mit welchen Bruchteilen werden soll. Auch das handschriftliche Testament kann beim Amtsgericht in die amtliche Verwahrung gegeben werden.
Wer sicher gehen will, bei der Abfassung seines Testaments keinen Fehler zu machen, sich gegen den Verlust seines letzten Willens schützen will und das ansonsten eventuell erforderliche Erbscheinsverfahren seinen Erben ersparen möchte, sollte ein notarielles („öffentliches“) Testament errichten. Den anfallenden Kosten, die bei Eheleuten erheblich niedriger als die Kosten der ansonsten später erforderlichen beiden Erbscheinsverfahren sind, stehen eine ganze Reihe von weiteren Vorteilen gegenüber:
Sie erhalten durch den Notar fachliche Beratung, insbesondere bei der Abklärung komplizierter Vermögens- und Verwandtschaftsverhältnissen.
Der Notar bescheinigt Ihre Testier- bzw. Geschäftsfähigkeit. Gegen nachträgliche Testamentsanfechtungen mit der Begründung der Testierunfähigkeit sind Sie also grundsätzlich abgesichert.
Der Vorwurf der Fälschung ist ausgeschlossen.
Das Testament wird beim Amtsgericht verwahrt und ist gegen Verlust gesichert. Ferner benachrichtigt der Notar die Standesämter. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Urkunde beim Tod des Erblassers aufgefunden wird und die Erben von ihrem Inhalt benachrichtigt werden.
Sie ersparen Ihrem überlebenden Ehepartner und den weiteren Erben den kostenpflichtigen Erbschein.
Die Konsultation eines Notars ist dringend angeraten, wenn Sie daran denken, ein „gemeinschaftliches Ehegattentestament“ aufzusetzen, denn nach dem Tod eines Ehegatten ist ein Widerruf durch den anderen grundsätzlich nicht mehr möglich!
Das vom Notar entworfene und beurkundete Testament bzw. der Erbvertrag vermeidet unklare Begriffe oder mehrdeutige Formulierungen und trägt Ihrem Willen in der vom Gesetz vorgesehenen Weise und Formulierung regelmäßig Rechnung. Der Notar wird insbesondere bei der Testamentsgestaltung bedenken:
Pflichtteilsrechte naher Angehöriger
Ungünstige/Günstige Steuerfolgen einer Testaments- oder Erbvertragsgestaltung.
Besonderheiten des Behindertentestaments oder Gestaltungserfordernisse bei Sozialhilfe beziehenden Erben.
Die unterschiedlichen Rechtsfolgen bei Vollerben, Vorerben, Nacherben, Ersatzerben, Schlusserben etc.
Testamentsvollstreckung
Vermächtnisse
Und sollte der Notar ausnahmsweise einen Fehler gemacht haben, besteht die Möglichkeit, gegen ihn Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Jeder Notar hat für derartige Fälle eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen!
Möchten Sie konkret für sich und Ihre spezielle familiäre und vermögensbezogene Situation mehr über das Erbrecht, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die in Ihrem Fall erforderliche Testamentsgestaltung erfahren?
Dann sollten Sie uns fragen. Wir beraten Sie gerne!
Hans-Michael Schiller
Rechtsanwalt und Notar