Aus Armut entstanden

Unsere Siedlung wurde in nur wenigen Jahren aus dem Nichts und aus der Not heraus geschaffen.

Die Bewerber kamen aus der Arbeitslosigkeit, sie hatten den Ersten Weltkrieg und die Wirren der Nachkriegszeit erlebt und sahen nun in dem Siedlungsvorhaben eine Chance, ihre Lebenssituation grundlegend zu verbessern. "Die Auswahl der Siedler erfolgte durch eine Kommission, bestehend aus drei Vertretern des Bauträgers, je einem Vertreter des Städtischen Grundstücks-, Wohlfahrts- und Arbeitsamtes, nach den Richtlinien des Reichskommissars." Die Armut der Familien musste sozusagen amtlich festgestellt werden.

Unter heute unvorstellbaren Bedingungen begannen im Jahre 1932 Männer, von Hand Baugruben auszuheben; Kipplohren aus der nahen Zementfabrik wurden herangeschoben und Mörtel kübelweise auf den Schultern von der Fertigungsstelle zu der jeweiligen Baustelle getragen.
Auf den Bilddokumenten ist keine einzige helfende Maschine zu sehen, sogar das Kanalnetz wurde mit bloßen Händen gegraben.

Zur Unterstützung der Siedler wurden 60 Leute des freiwilligen Arbeitsdienstes an die Baustellen geschickt. Sie erhielten als Vergütung pro Tag 1 Reichsmark - incl. Mittag- und Abendessen.
Für die Siedler wurde beim Arbeitsamt um eine Vergütung von 2 Reichsmark pro Tag "nachgesucht", allerdings ohne Verpflegung. Diese brachten Familienangehörige zur Baustelle und wärmten sie auf einer Feuerstelle aus Backsteinen auf.

Der bauleitende Architekt Petermann organisierte den Arbeitsablauf, die Aufgaben der jeweiligen Arbeitsgruppen und erließ den "Hinweis zur strikten Befolgung der Anordnungen der Bauleitung.

Seitens der Baugenossenschaft wurde darauf gedrungen, dass die Häuser bis spätestens August 1933 bezugsfertig sein müssten. Daraus resultierte die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit von 6.00 bis 17.00 Uhr.

Die fertigen Häuser wurden unter den Siedlern verlost. Jeder kannte zwar seine Straße, aber sein künftiges Haus zog er erst mit dem Los. Jedes Verändern der Wohnräume war den Siedlern strengstens untersagt. Sogar die Bepflanzung und Nutzung des Hausgartens wurde genau vorgeschrieben. Das Wohlfahrtsamt genehmigte den Familien jeweils 15 Reichsmark für den Umzug.

Bis heute ist dieses Gemeinschaftsgefühl in Tempelsee zu spüren.
Aus den alten, mit wenigen Mitteln gebauten Häuschen sind stattliche Wohnhäuser mit herrlichen Gärten geworden. Trotz des Fluglärms leben wir in Tempelsee in einem besonderen Teil Offenbachs - mit einem gewachsenen und auch eigenwilligen Dorfcharakter.

Hinweis zum Datenschutz

Wir verwenden nur technisch notwendige Session-Cookies. Diese werden automatisch gelöscht, sobald Sie die Sitzung auf unseren Webseiten beenden und den Browser schließen.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.