Frieda und die wilden Pferde

von emmi

Darf ich Euch Frieda vorstellen: sie ist inzwischen sechs Jahre alt und in diesem Sommer- da beißt die Maus keinen Faden ab - kommt sie in die Schule. Sie ist unwahrscheinlich klug, hat reizende Zahnlücken und ein großes Herz für winzige Käfer, vertrocknete Blumen, alte, knotige Bäume und überhaupt für alles, was lebt und um die Ecke flitzt.
Wenn sie lacht, dann hell und glucksend, wie ein klarer Bach. Niemand kann ihn aufhalten. Dann schimmern ihre Augen wie Silberpapier und ihr Herz läuft über. Wenn sie weint, dann echte, schwere Tränen, die aus heißen Quellen kommen und salzig sind, wie der Atlantik. Aber eigentlich
ist sie am liebsten wild, doch ihr Wildsein ist, weil es so gefährlich ist, meist eingesperrt, schade eigentlich!
Frieda lebt mit ihren Eltern, Pierre und Marie, in der großen Stadt Berlin. (Vielleicht kennt Ihr sie noch aus der Geschichte " Herzen, wie Ballons im Wind" oder der von den Lumpenhunden?)
Marie und Pierre sind brave Leute, die von Montag bis Freitag mit der S-Bahn oder dem Fahrrad in eine Schule und in eine Kita fahren, um dort die Kinder von anderen Leuten zu ordentlichen Menschen zu erziehen und damit ein bissel Geld zu verdienen. Das kostet sie viel Kraft und deshalb
führen sie, wie die meisten Stadtmenschen, ein absolut geregeltes, manchmal langweiliges Leben.
Und darum liebt Frieda den Sommer! Denn immer dann, in den großen Ferien, leihen sie sich ein Wohnmobil und ziehen damit durch die Welt, immer dann sind sie Abenteurer, Seefahrer und Piraten auf vier Rädern oder Spielleute, Wanderer ohne Karten und Bergsteiger fast ohne Angst.
Frieda liebt dieses Herumziehen, sie mag das Lotterleben, das dazu gehört und die Tatsache, dass man am Morgen noch nicht weiß, wo und mit wem man am Abend seinen Tee trinkt und durch welches der schmalen Fenster der alte Mond herein sehen wird.
Man konnte tagelang in denselben Schlumperhosen herum laufen, mit dem Zähneputzen und Füße waschen nahm es Mama auch nicht so genau. Und überhaupt war sie ständig am Suchen und führte einen sinnlosen, Kräfte zehrenden Kampf gegen die böse Unordnung. Aber irgendwann gab sie ihn
auf und nun konnte auch sie endlich genießen, dass hier eben alles anders war, als Zuhause.
Das Beste am Wohnmobil aber war die Enge. Von morgens bis abends trat man sich gegenseitig auf die Zehen, stieß mit dem Po aneinander, konnte nach Herzenslust schmusen, spielen und nebeneinander einschlafen und aufwachen. Frieda konnte sich nichts Schöneres vorstellen und wie
im Fieber erwartete sie in jedem Jahr, dass die Reise begann.
In diesem Jahr hatten sie sich einen großen Traum erfüllt und waren mit dem Wohnmobil nach Afrika geflogen. Jetzt waren sie schon eine ganze Weile unterwegs und abgesehen davon, dass
ihnen der Schweiß in Bächen herunter lief, weil die Sonne hier wirklich viel heißer war, als Zuhause, war es einfach nur wunderbar. Jeder Tag war eine Überraschung ohne Geschenkpapier und das sind ja bekanntlich die besten Überraschungen!
Mehrmals hatten sie echte Affen gesehen und einmal waren sie zu Friedas großer Freude in einem unbeobachteten Moment durch das offene Fenster ins Wohnmobil geklettert und hatten ein ganzes Toastbrot, Kartoffeln und Zucker gestohlen.
Außerdem hatten sie Mamas Haarbürste benutzt( und
sicher ein paar Läuse hinterlassen!) und zu guter Letzt noch auf den Küchentisch gekackt! Das war ein Spaß!
Und nachts, als sie an einem der wenigen Flüsse gestanden hatten, die noch nicht ausgetrocknet waren, hatten sie die Flusspferde singen gehört. Überhaupt waren die Nächte voll von geheimnisvollen, manchmal auch beängstigenden Lauten und Geräuschen, aber Mama und Papa
waren ja da.
Ein Giraffen Paar war auf Hochzeitsreise gewesen und hatte sich in echt geküsst, Zebras waren nur so an ihnen vorbei gestürmt und hatten eine herrliche Staubwolke hinterlassen und es gab unvorstellbar bunte Vögel, deren Gefieder auf eine Art und Weise glänzte, wie Frieda es noch nie
gesehen hatte.
Es gab keine Stifte, um das zu malen.
Heute aber waren sie einem Tipp aus dem Reiseführer gefolgt, der versprach, dass man zwischen der Stadt Lüderitz und einer Stadt, die tatsächlich den Namen ?Aus? trug, mit etwas Glück echte
Wildpferde sehen würde.
Und Frieda glaubte bedingungslos an ihr Glück, also war es nur eine Frage der Zeit, wann die Pferde kämen.
Seit sie denken konnte, hatte sie Pferde über alles geliebt und Bibi und Tina, auf Amadeus und Sabrina, waren ihre engsten Begleiter. Jeden Tag, egal, ob sie allein oder mit Freunden, mit ihren Tanten oder ihrer Oma unterwegs war, träumte sie sich Amadeus und Sabrina herbei und flog mit
ihnen über die Spielplätze und Straßen vom Prenzlauer Berg.
Jetzt aber saß sie mit Mama und Papa in einem steinernen, flachen Unterstand und sah durch ein schmales, längliches Fenster auf ein Wasserloch in 10 Meter Entfernung. Menschen hatten dieses
Wasserloch angelegt, damit die Tiere der Wüste nicht verdursteten, wenn es in den Wintermonaten manchmal wochenlang nicht regnete. Ihr müsst nämlich wissen, dass die Jahreszeiten in Afrika genau anders herum sind, als bei uns. Der Sommer ist nicht ganz so heiß, wie der Winter, der
ungefähr von Mai bis Oktober geht, und es gibt auch mehr Regen.
Frieda musste leise sein und still sitzen, was ihr beides verdammt schwer fiel, aber sie wusste ja, wofür sie es tat!
Schon, als sie ankamen, stand eine Straußen Familie um das Wasserloch herum, breitbeinig, den langen Hals weit nach vorn gebeugt, um trinken zu können und dabei ständig achtsam nach rechts oder links spähend, denn man wollte ja rechtzeitig wissen, wer da noch alles so zum Trinken kam.
Friedels Eltern hatten ein kleines Fernrohr dabei, durch das sie abwechselnd beobachteten, was geschah.
Aber Frieda, die schon vor langer Zeit die Sprache der Tiere gelernt hatte, spitzte vor allem ihre roten Ohren und belauschte das Kaffeekränzchen der Straußen. Eine große, arg zerrupft aussehende Straußen Dame schien die Gruppe anzuführen und hörte auf den bedeutenden Namen Ottilie.
?Ach, meine Lieben?, sagte sie gerade zwischen zwei Schlucken köstlichen Wassers, ?wie ausgesprochen schön ist es doch, dass wir heute hier unsere Ruhe haben! Ich würde vorschlagen, wir trinken uns satt und dann geht es schleunigst nach Hause, denn, falls ihr es vergessen habt,
heute Abend findet wieder der Tanz um die Akazie statt, und ich weiß ja nicht, wie es Euch geht, aber ich weiß absolut noch nicht, was ich anziehen soll!??
Die anderen Damen hatten das offensichtlich wirklich vergessen, waren nun ganz aufgeregt und berieten, sich gegenseitig ständig ins Wort fallend, was für eine Garderobe und welchen Schmuck man anzulegen gedachte und welche Frisur ratsam wäre.? Und ich hoffe ja sehr ?, sagte eine der Damen gerade,
?dass der reizende, kecke Straußen Bursche vom schrägen Tal wieder dabei ist, der hat Augen, sag ich Euch...?
In diesem Moment kündigte eine Staubwolke an, dass da jemand im Kommen war und schnell, wie der Wind, machten sich die Damen davon.
Die Staubwolke wurde immer größer und war auch bald mit dem Geräusch galoppierender Hufe verbunden. Und jetzt sah sie sie kommen: Rechts vom Unterstand liefen etwa 15 wilde Pferde zwischen den Felsen hervor, die dort massig und mit schiefen Mützen und grauen Bärten schon seit
Millionen von Jahren hockten.
Die wilden Pferde eroberten das Gebiet um das Wasserloch und gleichzeitig Friedas Herz, das ihr bis zum Hals schlug und ihr das Gefühl gab, die kleine enge Brust würde zerspringen.
Der Anführer der Herde, ein kräftiger, schwarzer Hengst galoppierte vier Meter voraus und die anderen Wildpferde folgten, sobald er ihnen signalisierte, dass keine Gefahr bestand.
Sie waren unbeschreiblich schön! Sie waren bärenstark(oder noch stärker, als Bären?) und ihr Fell glänzte, wie geschliffene Diamanten oder der Mantel eines Königs, ohne dass irgendjemand es jemals gestriegelt hätte. Und wie ein König und mit großem Respekt voreinander umstellten sie das
Wasserloch und tranken in großen Schlucken, um, vermutlich bis zum nächsten Tag, ihren Durst zu stillen.
Zwei von den Stuten hatten ein Fohlen an ihrer Seite. Die Kleinen waren noch sehr verspielt und entfernten sich immer wieder von der Herde, um einander zu jagen und allerhand Schabernack zu treiben. Aber fast sofort, wurden sie von ihren Müttern liebevoll zurück getrieben, wohl aus der
Furcht heraus, es könnte plötzlich ein Raubtier auftauchen und ihnen gefährlich werden.
Frieda verschlug es den Atem vor dieser Schönheit und auch die Eltern hatten lange Zeit kein einziges Wort gesagt. Erst, als die Staubwolke wieder hinter den Felsen verschwunden war, fanden sie zu ihren Worten zurück und teilten ihre Begeisterung und ihr Erstaunen.
Sie blieben noch ungefähr zwei Stunden, an diesem Tag, aber die wilden Pferde kamen nicht zurück und abgesehen von einem kleinen Fuchs mit schwarzem Rücken und einer Herde Kudus kamen auch keine anderen
Tiere.
Irgendwann waren sie dann selbst hungrig, stiegen in ihr Wohnmobil und beschlossen, in dieser Nacht irgendwo in der Nähe zu campen und am nächsten Tag noch einmal ihr Glück zu versuchen.
Es war ein schöner Abend! Papa bereitete Ei und dicke Bohnen zu und dann saßen sie, wie fast immer, hier in diesem Zauberland, noch lange schweigend beieinander, um in die Sterne zu schauen.
Papa, der einmal Pfadfinder gewesen war, wusste alles darüber und Friedel und ihre Mama waren geduldige Zuhörer und warteten auf Sternschnuppen, die helfen sollten, Wünsche zu erfüllen.
Natürlich durfte man sich die Wünsche nicht mitteilen, aber Friedas Eltern brauchten sie nur anzuschauen, um zu wissen, wofür sie all die Sternschnuppenwünsche vergab, die auf sie herab regneten: Sie wollte das Vertrauen und die Freundschaft der Wildpferde gewinnen und auf ihnen
durch die Täler fliegen. Mit dieser Zuversicht schlief Frieda auch ein und träumte einen kühnen Wüsten-Traum.
Zwei Tage und Nächte blieben sie noch an diesem Ort und wurden Zeugen immer gleicher Abläufe:
Abgesehen von den vielen bunten Vögeln, die das Wasserloch besuchten, kamen Zebras, Kudus, Impalas, Ottilie und ihre Freundinnen und der kleine Fuchs mit dem schwarzen Rücken, der Frieda
längst entdeckt und ihr schon einige male heimlich zugeblinzelt hatte. Auch die Wildpferde kamen jeden Tag um die gleiche Zeit, nahmen aber offenbar keinerlei Notiz von ihren Zuschauern und Bewunderern.
Dann aber wollten die Eltern weiter, denn es gab noch so vieles zu sehen, auf dieser Reise und schon in zwei Wochen würden sie zurück müssen. Alles Betteln half nicht und so wurde beschlossen, bei Dämmerung loszufahren. Frieda war hin und hergerissen, denn natürlich wollte sie
mit, aber ebenso stark war der Wunsch, ihren Traum zu verwirklichen und sich mit den Pferden anzufreunden.
So beschloss sie, bei Abfahrt leise die Hintertür zu öffnen und sich vorsichtig aus dem Wohnmobil fallen zu lassen, um allein am Unterstand zu bleiben. Sicher würde es nicht lange dauern und die Pferde hätten, jetzt, da die Erwachsenen weg waren, Vertrauen zu ihr gefasst. Dann könnte sie ein Mitglied ihrer Herde werden.
Sie packte leise allerhand Proviant in ihren Rucksack, vergaß auch das Wasser nicht und ließ sich schweren Herzens aus dem Auto rollen, als Mama den Motor angelassen hatte.
Sicher würden ihre Eltern eine Weile traurig sein, das war voraus zu sehen, aber sie mussten doch verstehen, dass man tun musste, was man tun musste...
Pierre und Marie kannten ihr Kind so gut, wie man sein Kind nur kennen kann und liebten es bis zum Himmel. Und wenn man einen Menschen so liebt, dann kann man ihm bis ins Herz sehen,
dann liebt man ihn vor allem für alles Ungesagte, für alles das, wonach er sich sehnt und wovor er sich fürchtet. Und so war ihnen längst klar, dass Frieda den Unterstand nicht verlassen konnte und weil sie ein sehr starkes und kluges Kind war, vertrauten sie ihr und beschlossen, trotz aller
Bedenken, zu fahren, als sei nichts und im Nachbarort auf sie zu warten. Das war nicht einfach, aber dennoch taten sie es.
Die erste Nacht im Unterstand war voll von Geräuschen und Stimmen, von denen die meisten Frieda schon bekannt waren. In ihren dicken Schlafsack eingerollt, vertrieb sie alle Angst, schaute in den afrikanischen Sternenhimmel und stellte sich vor, sie sei ein Fischer, der ein Netz voller
blinkender Fische einholt.
Sie erwachte davon, dass sie fror, denn, wenn ihr es auch nicht glaubt, die Nächte können auch in Afrika sehr kalt werden. Außerdem fühlte sie sich beobachtet und jemand, da war sie sich ziemlich sicher, wühlte und schnüffelte in ihrem Rucksack herum. Ohne sich zu bewegen, öffnete sie die Augen und erblickte den kleinen Fuchs mit dem schwarzen Rücken, der ihren Rucksack nach etwas Essbarem durchsuchte und sechs Straußen Damen, die, ihre langen Hälse über die Mauer des
Unterstandes gelegt, hoffnungsvoll und aufgeregt dabei zusahen.
? Hast du Hunger??, fragte Frieda so freundlich und aufmunternd, wie es nur möglich war, aber dennoch erschrak der kleine Kerl und rannte wie ein geölter Blitz in die Wüste davon und auch die Augenpaare verschwanden augenblicklich. So nahm sie ihren Schlafsack und baute ihr Lager vor
dem Unterstand auf. Ruhig, wie ein Stein, saß sie über Stunden da und bald hatten sich die Tiere an ihre Anwesenheit gewöhnt und verloren alle Angst. Der kleine Schwarzrückenfuchs, der Sandro hieß und eine echte Quasselstrippe war, wich ihr bald nicht mehr von der Seite, froh darüber, dass er endlich jemanden gefunden hatte, der ihm zuhörte, wenn er all seine kleinen und großen Abenteuer erzählte. Er war noch recht jung, aber da er keine Familie mehr hatte, wusste er eine Menge darüber, wie man in der Wüste überlebt und wie man seine Nase benutzt, wenn man sich auf Augen und Ohren nicht mehr verlassen kann. All dieses Wissen gab er gern an Friedel weiter. Und auch wenn das Leben hier hart war, so liebte er es dennoch und hatte zwar im Kampf mit einem Stachelschwein ein Ohr, nicht aber seinen Humor verloren. Immer schaute er aus, als würde er
schmunzeln und von morgens bis abends erzählte er Witze, über die er selbst am meisten lachen musste. (hier ist einer davon: ? Was sagt ein Fuchs, wenn er in den Hühnerstall kommt? Er sagt:
So, Mädels, nun aber raus aus den Federn.!?) Auch alle anderen Tiere brachte er zum Lachen. Die Zebras machten sich darüber lustig, dass er nur einen Streifen hatte und die Straußen Damen
kicherten über seine kurzen Beine und versuchten, ihm bessere Tischmanieren beizubringen.
Es waren so lustige Tage: Die Zebras baten darum, dass Frieda ihre Streifen zählte und ihre Pankerfrisur bürstete, die Straußen Damen eröffneten im Unterstand einen Schönheitssalon und Ottilie schenkte Frieda ein leeres Ei, dessen eine Hälfte sie als Trinkschale benutzen konnte.
Gemeinsam erfanden sie neue Spiele und Frieda brachte den Tieren der Wüste all ihre Lieder bei.
Ihr wichtigstes Thema aber blieben die Pferde: Wie lange lebten sie schon hier und wovon? Und hatten sie Feinde? Wie hießen sie und wer war mit ihnen bekannt?
Aber Sandro und die Straußen wussten kaum etwas von ihnen und hatten im Übrigen keine Lust, das Wenige zu erzählen. Frieda bemerkte das schon, aber sie konnte nicht begreifen, dass die
anderen sich zu dieser wilden Schönheit nicht ebenso hingezogen fühlten, wie sie selbst.
Immer dann, wenn die wilden Pferde zum Wasserloch kamen, zogen sich die kleineren Tiere sofort zurück und die Pferde, stolz und majestätisch, hatten alles Wasser für sich allein. Kurz und knapp gaben sie einander Anweisungen, tuschelten zwar manchmal leise miteinander, blieben ansonsten bis zum Aufbruch aber wortlos und verzogen keine Miene.
Frieda tat alles Erdenkliche, um sie auf sich aufmerksam zu machen und ihre Zuneigung zu gewinnen: Sie verhielt sich lange Zeit vollkommen reglos, schwieg, sprach dann leise auf sie ein, sie sang, pfiff, tanzte für sie und flocht ihnen saftige Kränze aus lila Wüstendisteln. Sie bot ihnen
alles an, was von ihrem Proviant noch geblieben war, aber die Pferde verschmähten das Meiste und nahmen nur einiges an, ohne sich nur ein einziges mal zu fragen, woher es kam oder sich zu bedanken.
So, wie sie die anderen Tiere ignorierten, würdigten sie auch dieses kleine Mädchen keines Blickes. Aber Frieda wollte nicht aufgeben..., so schnell nicht.
Als ihr Proviant zur Neige ging, brachte ihr Sandro leckeres Kaninchenfleisch, aber Friedel war Vegetarier und brachte keinen Bissen herunter.
Schlimmer noch, als der Hunger, wurde der Durst und als ihre Trinkflasche kein Tröpfchen mehr hergab, obwohl sie, was darin gewesen war, gut eingeteilt hatte, kroch sie in der Nacht, inzwischen sehr schwach geworden, auf allen Vieren zum Wasserloch und trank daraus. Ah, tat das gut! Aber dann konnte sie nicht schlafen, es grummelte und grummelte in ihrem Bauch und sie bekam so starke Bauchschmerzen, wie sie noch nie welche
gehabt hatte. Später musste sie brechen und Durchfall kam auch noch dazu. Und als Sandro, der die ganze Nacht auf der Jagd gewesen war, zum Tagesanbruch kam, lag Frieda schon mit halb geschlossenen Augen vor dem Unterstand, hatte hohes Fieber und gleichzeitig Schüttelfrost. Außer
sich vor Angst, leckte er ihr Stirn und Wangen, um sie ein wenig zu kühlen, aber Frieda wurde nicht einmal davon richtig wach.
Auch Ottilie, die inzwischen gerufen wurde, wusste sich keinen anderen Rat, als, solange die Kraft reichte, mit den großen Flügeln zu schlagen, um der Kranken kühle Luft zuzufächeln. Man diskutierte heftig und besorgt und kam letztendlich überein, die Wildpferde, die bald kommen mussten, mit Frieda in die nächste Stadt zu schicken.
Zur selben Zeit, wie immer, traten die großen Pferde anmutig und stolz zwischen den Felsen hervor. Sandro war ihnen schon ein ganzes Stück entgegen gelaufen, um die Sache zu beschleunigen,
bremste sie in vollem Galopp und pflanzte sich mutig vor ihnen auf. Dann begann er, mit zitternder Stimme und wackligen Beinchen, seine Bitte vorzutragen:? Ihr wisst doch sicher,......ihr kennt doch,.....bestimmt habt ihr schon einmal dieses kleine Mädchen gesehen, das seit ein paar Tagen bei
uns lebt?! Sie ist sehr nett und spricht sogar unsere Sprache, aber jetzt, jetzt ist sie plötzlich sehr krank geworden und muss dringend zu einem Arzt. Und da ihr die kräftigsten und schnellsten unter
uns seid, da haben wir gedacht, da wollten wir, ...na ja, wir wollten euch bitten, sie so schnell wie möglich in die Stadt zu bringen.?
Als er das alles gesagt hatte, musste Sandro schlucken. Er hatte ganz plötzlich keine Spucke mehr und Tränen rannen ihm über das sonst so lustige Gesicht.
Der schwarze Hengst blickt kurz zu Boden, sah Sandro dann aus leeren Augen an und meinte:
?Und, was haben wir damit zu tun??
? Aber sie ist nur wegen euch hier?, erwiderte Sandro. ?Nur für euch hat sie all ihre Angst überwunden, versteht ihr das denn nicht? Habt ihr das wirklich nicht bemerkt??
? Zum letzten mal?, meinte der Anführer der wilden Pferde?, wir haben sie nicht gerufen und jetzt geh mir aus dem Weg, sonst...!?
Seine Stuten wurden unruhig und sahen zu Boden, aber keine von
ihnen widersprach ihm.
?Wie kann man nur so sein??, jaulte Sandro jetzt auf, ?sie wird sterben?, aber die Pferde stolzierten schon an ihm vorbei, traten an die Tränke, ohne das kleine Mädchen auch nur anzusehen und waren schneller auf dem Heimweg, denn je.
Sandro und seine Freunde waren ziemlich verzweifelt, aber dennoch wollten sie nichts unversucht lassen. Sie sammelten Zweige, banden sie mit Hilfe der Wüstendisteln und polsterten sie mit Straußenfedern ein wenig aus. Dann betteten sie das Kind so vorsichtig sie nur konnten darauf,
bedeckten es mit dem Schlafsack und vier Zebras zogen sie im Wechsel mit den jungen Kudus in die Stadt.
Sandro schritt, zu allem entschlossen, voran. Sie brauchten zwei Tage und zwei Nächte,
aber am Stadtrand stand schon das Wohnmobil und Pierre und Marie, die dankbar und mit der allerletzten Geduld, die sie aufbringen konnten, ihr Kind entgegen nahmen.
Frieda wurde wieder gesund und so ging diese Geschichte, wie alle Geschichten, in denen es Freunde gibt, die über sich selber lachen können und Dir, wenns sein muss, auch gern mal das Gesicht abschlecken, gut aus und noch immer kommen in der Grellstrasse 1b dicke Luftpostbriefe aus Afrika an, gefüllt mit zarten Bauch-Straußenfedern und von außen schwarz-weiß gestreift.

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