Aktuelle Baufragen um das Wohneigentum

Leitfaden zur Regulierung von Bergschäden

Bergschäden sind die oberirdischen Folgen des Steinkohleabbaus und nach wie vor sind sie überall in der Region gegenwärtig. Das können Risse in den Wänden sein, eine Gebäudeschiefstellung oder verschobenen Bodenplatten in Haus und Garten. „Bisher gab es nur Fachdokumentationen zu diesem Thema“, sagt der IVBI-Vorsitzende Andreas Mollinga. „Dieser Leitfaden ist aber für den Laien geschrieben und soll daher nicht nur für Experten verständlich sein.“

Hilfestellung bei Bergschäden

Eine ganze Region hat vom Bergbau gelebt - nun muss sie sich vielerorts noch immer mit dessen Folgen arrangieren. Hausbesitzer monieren Risse in den Wänden und abgesackte Pflastersteine. Eine Schadens-Dokumentation mit vielen Fotos sei der beste Weg, um die Reparaturen von der RAG erstattet zu bekommen, sagt Andreas Mollinga,Sachverständiger für Bergbauschäden.

Neulich ist Klaus Nolde wieder in den Kampf gezogen. Er schob den Hefter voller Fotos und Skizzen in einen Briefumschlag und schickte diesen zur RAG. Es war die neueste Dokumentation der Schäden an seinem Haus im Dorstener Stadtteil Altendorf-Ulfkotte. In Momenten wie diesen kann Nolde einem ein wenig wie der griechische Held Herkules in seinem Kampf gegen die furchteinflößende Hydra vorkommen: Kaum hatte Herkules dem Schlangenmonster einen Kopf abgeschlagen, wuchsen zwei neue nach. Kaum hat Klaus Nolde einen Schaden beseitigen lassen, findet er schon wieder einen neuen.

Nachwehen des Bergbaus

Die verschickten Fotos zeigen tiefe Risse, die sich wie Narben über die Wände des Kellers und der Garage ziehen. Sie zeigen die gepflasterte Terrasse, auf der einige der Steine seitlich abgesackt sind und andere wie Stümpfe aus dem Boden ragen. Sie zeigen das Terrassengeländer, das mittlerweile knapp zwei Zentimeter von seinem eigentlichen Verankerungspunkt entfernt schief in der Luft hängt. Sie zeigen die Folgen des Bergbaus.Schon häufig hat Klaus Nolde Briefe wie diesen an die RAG geschickt. Sein Kampf begann vor einigen Jahren und wird wahrscheinlich noch viele weitere andauern. Auch Kämpfe gegen Fabelwesen wie die Hydra waren nicht schnell vorbei. Kaum ist ein Schaden behoben, tritt an anderer Stelle ein neuer auf. Schaden, Reparatur, neuer Schaden – ein Kreislauf. „Neue Risse kommen bestimmt“, sagt Nolde fast schon gelassen. Es ist die Gelassenheit eines Ruhrgebietlers, der sich mit dem Bergbau arrangiert hat, sein Haus aber trotzdem nicht verkommen lassen will.


Folgen des Bergbaus zeigen sich häufig

Klaus Nolde ist kein Einzelfall. Natürlich nicht. In einer Region, die einst vom Bergbau geprägt war, zeigen sich nach dessen langsamem Sterben vielerorts noch die Folgen, die der Steinkohleabbau hinterlassen hat. Im gesamten Kreis, von den Zechen General Blumenthal in Recklinghausen bis Auguste Victoria in Marl. Straßen sacken ab oder sind mit Rissen übersät. Auf Feldern und in Wäldern bilden sich Mulden. Unvergessen das Jahr 1998: Da gab es den wohl spektakulärsten Schaden in der Geschichte des Steinkohle-Bergbaus im Ruhrgebiet. Das ums Überleben kämpfende Recklinghäuser Bergwerk Blumenthal/Haard förderte im Eiltempo direkt unter der Recklinghäuser Altstadt. In der Folge sackten Gestein und Erdreich schlagartig nach und sorgten für Chaos. Mehr als 100 Altstadt-Häuser waren zum Teil schwer getroffen. Der Schaden betrug mehrere Millionen Euro, die Reparaturen dauerten Monate.

Auch die Häuser im Vest sind gezeichnet: Risse in den Wänden, Isolierungsschäden, abgerissene Treppen, klemmende Fenster, Leitungsschäden... Die Liste ist lang. Ganze Häuser mussten schon abgerissen werden, weil Wände und Leitungen zu stark beschädigt waren, weil sich Fundamente verschoben hatten. Klaus Nolde ist sich bewusst, dass er im Vergleich zu anderen Bewohnern der Region „nur“ ein blaues Auge zu beklagen hat. Trotzdem ärgert er sich, wenn er schon wieder einen neuen Schaden an seinem 20 Jahre alten Haus entdeckt. „Der ganze Prozess verläuft langsam und schleichend. Mal hat man acht Wochen Ruhe, dann sind plötzlich neue Schäden da. Als hätte es einen neuen Schub gegeben.“

Doch egal ob Lappalie oder Super-GAU – „Schäden an Haus und Garten sind Wertminderungen und deshalb sollten sie regelmäßig fotografiert werden", sagt Andreas Mollinga. „Nur so sind Veränderungen nachvollziehbar. Und auf diese Weise können Schadenersatzansprüche am besten geltend gemacht werden." Seit zwei Jahren berät der Sachverständige für Bergschäden auch Klaus Nolde. Er hilft ihm, weitere Schäden zu entdecken und von der RAG beseitigen zu lassen.

Zusammen besichtigen der Hausbesitzer und der Gutachter regelmäßig alle Räume. Sie machen Fotos von den aufklaffenden Anschlussfugen zwischen Wohnhaus und Terrasse. Vom abgeplatzten Putz an den Kellerwänden. „Sehen Sie? Ein typischer Schaden, hervorgerufen durch die Bodenbewegungen des Kohleabbaus“, sagt Molinga häufiger, wenn er auf den Auslöser der Kamera drückt.Warum es überhaupt einen unabhängigen Sachverständigen braucht? Mollinga antwortet schnell. „Viele Geschädigte rufen gleich die RAG an, wenn sie einen Riss entdecken. Das ist aber nicht immer empfehlenswert. Damit urteilt der Schädiger über den Schaden!“ Ein objektives Gesamtergebnis, das sei auf diese Weise häufig nicht zu erreichen, ist der Ingenieur überzeugt.

Hintergrund

Je länger der aktive Bergbau in einer Region zurückliegt, desto komplexer ist mitunter der Nachweis, dass es sich wirklich um einen Bergbauschaden handelt. Zudem greifen Verjährungsfristen. Vereinfacht gesagt enden die Zeiträume für die Ansprüche drei Jahre nach Kenntnis des Schadens, zehn Jahre nach seinem Entstehen und 30 Jahre nach der Verursachung (in der Regel nach Abbauende).Eine letzte aktive Zeche gibt es noch im Kreis Recklinghausen: Auguste Victoria in Marl.


Quelle: www.vestimmo.de Björn Goldmann

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