Wenn Grenzbepflanzung zum Streitthema wird

Eigentlich wünscht sich ja jeder eine gute Nachbarschaft - und doch ist das Thema Grenzbepflanzung ein Anlass zum Streit.

"Wir vom Verband sind regelmäßig als Schlichter gefragt. Manchmal stören Äste von Bäumen und Sträuchern, die auf das Nachbargrundstück ragen, ein anderes Mal wurde der gesetzlich festgesetzte Mindestabstand zur Grundstücksgrenze nicht eingehalten", so Stephan Dingler, Rechtsberater des Verband Wohneigentum NRW e.V. Er weist auf die Regelungen im "Nachbarrechtsgesetz NRW" hin.
Laut Nachbarrechtsgesetz NRW besteht in den ersten sechs Jahren ein Anspruch auf Beseitigung der Pflanzen, wenn der gesetzliche Mindestabstand, der in den §§ 41 und 42 für fast alle Pflanzenarten geregelt ist, nicht eingehalten wird.

Mindestabstände für Bäume

Ein Abstand von vier Metern gilt für stark wachsende Bäume (wie beispielsweise Eichen oder Platanen). Gemessen wird immer von der Mitte des Baumes aus. Für "alle übrigen Bäume" muss laut Gesetz ein Abstand von zwei Metern zur Grundstücksgrenze eingehalten werden.
Die Regelung für Obstbäume ist etwas komplizierter: Befinden sich Kernobstbäume (wie Apfel oder Birne) auf einer stark wachsenden Unterlage, muss der Mindestabstand zum Nachbargrundstück zwei Meter betragen. Bei einer mittelstark wachsenden Unterlage reichen 1,5 m aus und bei einer schwach wachsenden Unterlage genügt sogar ein Mindestabstand von einem Meter. Mit anderen Worten: Bei Kernobstbäumen ist vor allem die Unterlage entscheidend.

Unterschiede bei Laub- und Obstbäumen

"Das Schwierige daran ist, dass kaum ein Hobbygärtner weiß, was eine Unterlage überhaupt ist, geschweige denn, ob seine Obstbäume nun auf einer schwach, mittelstark oder stark wachsenden Unterlage stehen. Manchmal finden sich bei neu gekauften Bäumen dazu Informationen auf dem Etikett. Hier wird dann neben dem Sortennamen auch die Wuchsstärke der Veredelungsunterlagen angegeben (z. B. starkwüchsig). Die Veredelungsunterlage muss bekannt sein, um so den Mindestgrenzabstand einhalten zu können", erklärt Philippe Dahlmann, hauptamtlicher Gartenberater beim Verband Wohneigentum NRW e.V. und Ansprechpartner der Gartenberatung für Mitglieder.

Regelung bei Beerenobststräuchern

Bei Beerenobststräuchern beträgt der Mindestabstand zum Nachbarn einen halben Meter. Eine Ausnahme bilden Brombeeren, mit denen ein Abstand von einem Meter eingehalten werden muss. Wichtig: Zier-und Beerenobststräucher dürfen in ihrer Höhe das Dreifache ihres Abstandes zum Nachbargrundstück nicht überschreiten.

Sonderregelungen für Hecken

Eine Besonderheit ist die Abstandsregelung bei Hecken. Hier wird der Abstand nicht von der Mitte der Pflanze berechnet, sondern von der zu erwartenden Ausdehnung - zuzüglich einem halben Meter bei Hecken bis zwei Meter Höhe und einem Meter bei Hecken über zwei Meter Höhe. Eine klar definierte Höhenbegrenzung gibt es im Nachbarrechtsgesetz NRW nicht. Doch sollte auch hier an die Bedürfnisse des Nachbarn gedacht werden, der in seinem Garten auch noch Sonne abbekommen möchte. Der Verband Wohneigentum plädiert daher dafür, immer den Grundsatz der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme zu wahren.

Schon beim Pflanzenkauf informieren

"Verständlicherweise sind viele Gartenbesitzern unsicher, denn wer blickt schon vor dem Kauf einer Pflanze in den Gesetzestext. Hier wäre beispielsweise der Berater im Gartencenter oder in der Baumschule gefragt, der seine Kunden auf das Thema Mindestabstand aufmerksam machen müsste", sagt Stephan Dingler.

Regelmäßiger Rückschnitt trotz Verjährungsfrist

Nach sechs Jahren verjährt dann gemäß § 47 Nachbarrechtsgesetz NRW der Anspruch auf Beseitigung der Pflanzen. Allerdings besteht nach wie vor ein Anspruch auf regelmäßigen Rückschnitt des Überwuchses.
Doch auch hier gibt es immer wieder Anlass für Streit, da die Meinungen oft auseinandergehen, wann und wie häufig solch ein Rückschnitt erfolgen muss. Der Gesetzgeber will auch hier Antworten finden und unterscheidet daher zwischen sogenannten Form- und Pflegeschnitten sowie starken Schnitteingriffen. Erstere dürfen das ganze Jahr über durchgeführt werden. Letztere dürfen gemäß § 39 Bundesnaturschutzgesetz nicht innerhalb der Schonzeit vom 1. März bis zum 30. September eines Jahres erfolgen. Die Schonzeit betrifft Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtsstätten für Tiere. Zu den geschützten Pflanzen gehören in erster Linie Hecken, Wallhecken, Gebüsche sowie Röhricht- und Schilfbestände, die weder gerodet, abgeschnitten oder gar zerstört werden dürfen. Unberührt davon bleiben jedoch schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen.

Rücksichtnahme beugt Nachbarstreit vor

Um den Nachbarschaftsfrieden zu wahren, rät der Verband Wohneigentum NRW e.V., ab Oktober den Grenzbewuchs etwas genauer zu betrachten und die Bepflanzung - möglichst unaufgefordert - bis Ende Februar entsprechend stark zurückzuschneiden. So lässt sich mit ein wenig Rücksichtnahme auf beiden Seiten eine gute Nachbarschaft vielleicht ein Leben lang erhalten.

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