Nachbarrecht

Das BGB sichert dem Eigentümer von Grund und Boden ein solch umfassendes Recht, das sonst in anderen Fällen nicht zu erwarten ist.

Aber wir sollten alle dabei beachten, daß dem einzelnen nicht nur Rechte auferlegt sind, die auch in der Gemeinschaft erst ein ordentliches Zusammenleben ermöglichen.

Weil die Nachbarrechtsbestimrnungen sehr vielseitig waren, konnten sie zumeist von dem Einzelnen nicht mehr auseinandergehalten werden. Es wurde daher außerordentlich begrüßt, als im Jahre 1961 vom Hessischen Nachbarrecht die Rede war und bald darauf die neuformulierten gesetzlichen Bestimmungen bekannt gemacht wurden.

Welche sprachliche Bedeutung kommt dem Wort „Nachbar“ zu ? „ Nachbar“ ist eine sprachliche Zusammensetzung von ‚nahe“ und ‚Bauer“; der Nachbar Ist also demzufolge der „zunächst wohnende Bauer“. Es ist ein typisch ländliches Wort, das aus dem früheren Wohn- und Siedlungswesen stammt. Wir leben auch in unseren Siedlungen auf engem Raum zusammen und sollten daher alles daran setzen, den nachbarlichen Frieden zu wahren. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich mit dem geltenden Nachbarrecht vertraut zu machen, damit man einen festliegenden Standpunkt gegenüber dem Nachbarn einnehmen kann.

Es wird hier nicht im Einzelnen das gesamte Nachbarrecht angeführt, sondern nur die gebräuchlichsten und wichtigsten Bestimmungen behandelt.


1. Nachbarwand

Nachbarwand ist die auf der Grenze zweier Grundstücke errichtete Wand, die den zu errichtenden Bauwerken als Abschlusswand oder zur Unterstützung oder Aussteifung dient oder dienen soll.

Der Eigentümer eines Grundstücks darf eine Nachbarwand errichten, wenn die Bebauung seines und des benachbarten Grundstücks bis an die Grenze vorgeschrieben oder zugelassen ist.

Sie darf höchstens mit der Hälfte de gebotenen Dicke das angrenzende Grundstück in Anspruch nehmen, vorausgesetzt, daß der Eigentümer des benachbarten Grundstücks einwilligt.

Der anbauende Eigentümer des Nachbargrundstücks ist zur Zahlung einer Vergütung in Höhe des halben Wertes der Nachbarwand verpflichtet, soweit die Nachbarwand durch den Anbau genutzt ist. Für die Berechnung des Wertes der Nachbarwand und für die Fälligkeit der Vergütung ist der Zeitpunkt der Rohbauabnahme des Anbaus maßgebend.

Solange an die Nachbarwand nicht angebaut ist, fallen die Unterhaltungskosten dem Eigentümer alleine zur Last und er ist berechtigt, die Nachbarwand ganz oder teilweise zu beseitigen. Macht der Eigentümer der Nachbarwand von seinem Beseitigungsrecht zulässigen Gebrauch, so hat er dem Eigentümer des Nachbargrundstücks durch den hinübergebauten Teil der Nachbarwand eine angemessene Vergütung zu leisten. Beseitigt der Eigentümer der Nachbarwand diese ganz oder teilweise, obwohl ein Recht hierzu nicht besteht, so hat er dem anbauberechtigten Eigentümer des Nachbargrundstücks Ersatz für den durch die völlige oder teilweise Beseitigung der Anbaumöglichkeit zugefügten Schaden zu leisten; der Anspruch wird mit der Rohbauabnahme des späteren Bauwerks fällig.

Jeder Grundstückseigentümer darf die Nachbarwand auf seinem Grundstück verstärken und In voller Dicke auf seine Kosten erhöhen.


2. Grenzwand

Grenzwand Ist die an der Grenze zum Nachbargrundstück auf dem Grundstück des Erbauers errichtete Wand.

Der Eigentümer des Nachbargrundstücks darf eine Grenzwand durch Anbau nutzen, wenn der Eigentümer der Grenzwand einwilligt. Anbau ist die Mitbenutzung der Grenzwand als Abschlusswand oder zur Unterstützung oder Aussteifung des neuen Bauwerks.
Der anbauende Eigentümer des Nachbargrundstücks hat eine Vergütung des halben Wertes der Grenzwand, soweit sie durch den Anbau genutzt Ist, zu zahlen, und ferner eine angemessene Vergütung dafür zu leisten, daß er den für die Errichtung einer eigenen Abschlusswand erforderlichen Baugrund einspart. Für die Berechnung des Wertes der Grenzwand und für die Fälligkeit der Vergütung ist der Zeitpunkt der Rohbauabnahme des Anbaus maßgebend. Nach dem Anbau sind die Unterhaltungskosten für den gemeinsam genutzten Teil der Grenzwand von den beiden Grundstückseigentümern zu gleichen Teilen zu tragen.

Steht auf einem Grundstück ein Bauwerk an der Grenze und wird später auf dem Nachbargrundstück an dieser Grenze ein Bauwerk errichtet, aber nicht an die Grenzwand angebaut, so ist dessen Erbauer verpflichtet, die Fuge zwischen den Grenzwänden auf seine Kosten bündig mit der Außenfläche des Bauwerks zu verdecken.


3. Fenster- und Lichtrecht

In oder an der Außenwand eines Gebäudes, die parallel oder in einem Winkel bis zu 60 Grad zur Grenze des Nachbargrundstücks verläuft, dürfen Fenster oder Türen oder zum Betreten bestimmte Bauteile nur mit der Einwilligung des Eigentümers des Nachbargrundstücks angebracht werden, wenn die Fenster, die Türen oder die Bauteile von der Grenze einen geringeren Abstand als 2,5 m einhalten sollen.

Die Einwilligung muß erteilt werden, wenn keine oder nur geringfügige Beeinträchtigungen zu erwarten sind.


Ausnahmen:

Der erste Absatz gilt nicht,

a) soweit nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften Fenster, Türen oder zum
Betreten bestimmte Bauteile anzubringen sind;

b) für lichtdurchlässige, jedoch undurchsichtige und gegen Feuereinwirkung
widerstandsfähige Wandbauten
le;

c) für Außenwände gegenüber Grenzen zu öffentlichen Straßen, zu
öffentlichen Grünflächen und zu Gewässern.

Der Anspruch auf Beseitigung einer Einrichtung nach Absatz 1, die einen geringeren als den in diesem Absatz vorgeschriebenen Abstand einhält, ist ausgeschlossen,

a) wenn die Einrichtung bei Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. November 1962) vorhanden
ist und Ihr Abstand dem bisherigen Recht entspricht oder

b) wenn der Nachbar nicht binnen einem Jahr nach dem Anbringen der Einrichtung Klage auf
Beseitigung
erhoben hat; diese Frist beginnt frühestens mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.


4. Einfriedung

Der Eigentümer eines bebauten oder gewerblich genutzten Grundstücks ist auf Verlangen des Eigentümers des Nachbargrundstücks verpflichtet, sein Grundstück einzufrieden, soweit die Grenze zum Nachbargrundstück nicht mit Gebäuden besetzt ist. Sind beide Grundstücke bebaut oder gewerblich genutzt, so sind die Eigentümer der beiden Grundstücke gegenseitig verpflichtet, bei der Errichtung der Einfriedung mitzuwirken. Die beteiligten Grundstückseigentümer tragen die Kosten der Errichtung der Einfriedung zu gleichen Teilen.

Die Einfriedung besteht aus einem ortsüblichen Zaun; läl3t sich eine ortsübliche Einfriedung nicht feststellen, so besteht sie aus einem 1,2 m hohen Zaun aus verzinktem Maschendraht

Schreiben öffentlich-rechtliche Vorschriften eine andere Art der Einfriedung vor, so tritt diese an die Stelle der vorgenannten Einfriedungsart.

Die Kosten der Unterhaltung der Einfriedung tragen die beteiligten Grundstückseigentümer je zur Hälfte, wenn für sie oder ihre Rechtsvorgänger die Verpflichtung zur Tragung von Errichtungskosten begründet worden ist.
Ausnahmen:

Der erste und dritte Absatz gelten nicht für Einfriedungen zwischen Grundstücken und den an sie angrenzenden Öffentlichen Straßen, öffentlichen Grünflächen und Gewässern.

Eine Bauanzeige ist nicht notwendig, wenn der Zaun in ortsüblicher Art zum Nachbarn hin errichtet werden soll.

Wenn es eine Mauer wird, die nebst Sockel über 2 m hoch geplant wird, ist eine Anzeigepflicht damit verbunden, das heißt, auch der Nachbar ist von diesem Vorhaben in Kenntnis zu setzen und um eine entsprechende Genehmigung zu bitten. Im Vorgartenbereich ist bereits eine niedrigere Mauer genehmigungspflichtig.


5. Veränderungen des Grundwasserspiegels

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks dürfen auf dessen Untergrund mit physikalischen oder chemischen Mitteln nicht in einer Weise einwirken, daß der Grundwasserspiegel steigt oder sinkt und dadurch auf einem Nachbargrundstück erhebliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden.


6. Wild abfließendes Wasser

Wild abfließendes Wasser ist oberirdisch außerhalb eines Bettes abfließendes Quell- oder Niederschlagswasser.

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks dürfen nicht

a) den Abfluss wild abfließenden Wassers auf Nachbargrundstücke verstärken,

b) den Zufluss wild abfließenden Wassers von Nachbargrundstücken auf ihr Grundstück hindern,
wenn dadurch die Nachbargrundstücke erheblich beeinträchtigt werden.

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks dürfen den Abfluss von Niederschlagswasser von ihrem Grundstück auf Nachbargrundstücke mindern oder unterbinden.


7. Dachtraufe

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks müssen ihre baulichen Anlagen so einrichten, daß

a) Niederschlagswasser nicht auf das Nachbargrundstück tropft oder nach diesem abgeleitet
wird,

b) Niederschlagswasser, das auf das eigene Grundstück tropft oder abgeleitet ist, nicht auf
das Nachbar
grundstück übertritt.

Dies findet jedoch keine Anwendung auf freistehende Mauern entlang öffentlicher Straßen und öffentlicher Grünflächen.

8. Hammerschlags- und Leiterrecht

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks müssen dulden, daß Ihr Grundstück von dem Eigentümer und den Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks zwecks Errichtung, Veränderung, Unterhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage betreten wird und daß auf oder über ihm Gerüste aufgestellt sowie die zu den Bauarbeiten erforderlichen Gegenstände über das Grundstück gebracht oder dort niedergelegt werden, wenn und soweit

a) das Vorhaben anders nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten
durchgeführt wer
den kann,
b) die mit der Duldung verbundenen Nachteile oder Belästigung nicht außer Verhältnis zu dem
von dem
Berechtigten erstrebten Vorteil stehen und
c) das Vorhaben den baurechtlichen Vorschriften entspricht.

Das Recht ist mit tunlichster Schonung auszuüben. Wird das betroffene Grundstück landwirtschaftlich oder gewerbsmäßig gärtnerisch genutzt, so darf das Recht nicht zur Unzeit geltend gemacht werden, wenn sich die Arbeiten unschwer auf einen späteren Zeitpunkt verlegen lassen.

Der erste Absatz findet auf die Eigentümer öffentlicher Straßen keine Anwendung.


9. Duldung von Leitungen

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks müssen dulden, daß durch ihr Grundstück der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks auf Ihre Kosten Versorgungs- und Abwasserleitungen hindurchführen, wenn

a) Anschluss an das Versorgungs- und Entwässerungsnetz anders nicht zweckmäßig oder nur mit
unverhältnismäßig hohen Kosten durchgerührt werden kann und
die damit verbundene Beeinträchtigung nicht erheblich Ist.

Ist das betroffene Grundstück an das Versorgungs- und Entwässerungsnetz bereits angeschlossen und reichen die vorhandenen Leitungen aus, um die Versorgung oder Entwässerung der beiden Grundstücke durchzuführen, so beschränkt sich die Verpflichtung nach dem ersten Absatz auf das Dulden des Anschlusses.

im Falle des Anschlusses ist zu den Herstellungskosten des Teils der Leitungen, der nach dem Anschluss mitbenutzt werden soll, ein angemessener Beitrag und auf Verlangen Sicherheit in Höhe des voraussichtlichen Beitrags zu leisten. In solchem Falle darf der Anschluss erst nach Leistung der Sicherheit vorgenommen werden.

Bestehen mehrere Möglichkeiten der Durchführung, so ist die für das betroffene Grundstück schonendste zu wählen.

Der Berechtigte hat die nach dem ersten Absatz verlegten Leitungen oder die nach dem zweiten Absatz hergestellten Anschlussleitungen auf seine Kosten zu unterhalten. Zu den Unterhaltungskosten der Teile der Leitungen, die von ihm mitbenutzt werden, hat er einen angemessenen Beitrag zu leisten.

Zur Durchführung von Maßnahmen im Sinne des ersten Absatzes darf der Berechtigte das betroffene Grundstück betreten.

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks, das gemäß des ersten Absatzes in Anspruch genommen ist, sind berechtigt, ihrerseits an die verlegten Leitungen anzuschließen, wenn diese ausreichen, um die Versorgung oder Entwässerung der beiden Grundstücke durchzuführen. Der zweite und vierte Absatz gelten entsprechend.


10. Grenzabstände für Pflanzen

Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks haben bei dem Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und einzelnen Rebstöcken von den Nachbargrundstücken folgende Abstände einzuhalten:

1. mit Allee- und Parkbäumen, und zwar

a) sehr starkwachsenden Allee und Parkbäumen, insbesondere dem Eschenahorn, sämtlichen
Lindenart
ten der Platane, der Rosskastanie, der Rotbuche, der Stieleiche, ferner der Atlas-
und Libanon-Zeder,
der Douglasfichte, der Eibe, der österreichischen
Schwarzkiefer 4 m

b) stark wachsenden Allee- und Parkbäumen, insbesondere der Mehlbeere, der Weißbirke, der
Weißerle,
ferner der Fichte oder Rottanne, der gemeinen Kiefer oder Föhre,dem abendländischen
Lebensbaum 2 m

c) allen übrigen Allee- und Parkbäumen 1,5 m,

2. mit Obstbäumen, und zwar

a) Walnusssämlingsbäumen 4 m,

b) Kernbäumen, soweit sie auf stark wachsender Unterlage veredelt sind, sowie
Steinobstbäume, ausgenommen die Süßkirschenbäume 1,5 m


c) Kernobstbäumen soweit sie auf schwach wachsender Unterlage veredelt sind,
sowie Steinobstbäume,aus e

3. mit Ziersträuchern und zwar

a) stark wachsenden Ziersträuchern, insbesondere der Alpenrose, dem Feldahorn, dem Feuerdorn, dem Flieder, dem Goldglöckchen, der rotblättrigen Haselnuss, den stark wachsenden Pfeifensträuchern, falscher Jasmin, ferner dem Wacholder 1 m
b) allen übrigen Ziersträuchern 0,5 m

4. mit Beerenobststräuchern, und zwar

a) Brombeersträuchern 1 m,

b) allen übrigen Beerenobststräuchern 0,5 m,

5. mit einzelnen Rebstöcken 0,5 m,

6. Der Eigentümer und die Nutzungsberechtigten eines Grundstücks haben bei dem Anpflanzen lebender
Hecken von den Nachbargrundstücken folgende Abstände einzuhalten:

a) mit Hecken über 2 Meter Höhe 0,75 m,
b) mit Hecken bis zu 2 Meter Höhe 0,50 m,
c) mit Hecken bis zu 1,2 Meter Höhe 0,25 m.

Dies gilt nicht für Hecken, die das öffentliche Recht als Einfriedung vorschreibt.

Ausnahmen:

Die doppelten Abstände sind einzuhalten gegenüber Grundstücken, die

a) dem Weinbau dienen,
b) landwirtschaftlich nutzbar sind oder dem Erwerbsgartenbau oder dem Kleingartenbau dienen, oder
c) durch Bebauungsplan der landwirtschaftlichen, erwerbsgärtnerischen oder kleingärtnerischen Nutzung vor-
behalten sind.

Die Punkte 1. bis 6. gelten nicht für

a) Anpflanzungen, die hinter einer Wand oder Mauer vorgenommen werden und diese nicht überragen,
b) Anpflanzungen an den Grenzen zu öffentlichen Straßen, zu öffentlichen Grünflächen und zu Gewässern,
c) Anpflanzungen auf öffentlichen Straßen.

Der Abstand wird von der Mitte des Baumstammes, des Strauches oder des Rebstockes bis zur Grenzlinie gemessen, und zwar an der Stelle, an der der Baum, der Strauch oder der Rebstock aus dem Boden austritt.

Der Anspruch auf Beseitigung von Anpflanzungen, die gerIngere, als die vorgeschriebenen Abstände einhalten, ist ausge8chlossen,

a) wenn die Anpflanzungen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhanden sind und ihre Abstände dem bisheri-
gen Recht entsprechen, oder
b) wenn der Nachbar nicht binnen fünf Jahren nach dem Anpflanzen Klage auf Beseitigung erhoben hat; diese
Frist beginnt frühestens mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.

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