Vereinsgeschichte 1936-1945






Deckblatt der Festschrift von 1986  

Als am 21. Juli 1932 die Regierung von Oberfranken der Stadt Neustadt bei Coburg Reichsdarlehen für 12 Siedlerstellen zusagte, gab es in unserer Stadt 425 Wohnungssuchende. Während sich 292 Parteien nur zu verändern wünschten, hatten 131 überhaupt noch keine eigene Wohnung, zwei waren völlig obdachlos. Da in Neustadt bei Coburg auf rund 2 ½ Einwohner ein öffentlich Unterstützter kam, sollte mit dem Bau einer Siedlung nicht nur Wohnraum geschaffen, sondern auch die Arbeitslosigkeit bekämpft werden.

Bereits am 26. Juli 1932 fasste der Stadtrat den Beschluss, das Gelände an der heutigen Walter-Flex-Straße in Parzellen zu 700 qm, bei einem jährlichen Quadratmeter-Pachtpreis von 4 Pfennig, gegen Erbanrecht den Siedlungswilligen zu geben. Bei Bewährung des Siedlers sollte das Erbanrecht in Erbbaurecht umgewandelt werden. Auch an eine Überlassung als Reichsheimstätte wurde gedacht.

Bauträger der neuen Siedlung wurde die Stadt Neustadt bei Coburg, und so blieb es auch dem Stadtrat vorbehalten, die Auswahl der Siedler zu treffen. Es war sicher keine leichte Aufgabe in der nichtöffentlichen Stadtratssitzung vom 8. September 1932, aus 119 Bewerbern 12 geeignete Siedler herauszusuchen. Die Interessenten mussten erwerbslos und mit großer Kinderzahl sein und einen für die Baudurchführung in Betracht kommenden Beruf haben, da sie selbst beim Bau mitarbeiten sollten. Eine solche Maßnahme versprach gleichzeitig eine gewisse Entlastung der Erwerbslosenfürsorge.

Der Bau der ersten 12 Häuser ging zügig voran. Anfang November 1932 wurden die letzten 6 Anwesen aufgerichtet und bis Mitte des Monats gedeckt. Um jede Bevorzugung bei der Erstellung der einzelnen Häuser zu vermeiden, erfolgte die Vergabe nach Fertigstellung aller Bauten durch das Los. Die Errichtung einer Siedlerstelle belief sich zur damaligen Zeit auf 2.500 – 3.000 Mark ohne Eigenleistung.

Walter-Flex-Straße (erbaut 1936)  


Die hohe Zahl von Interessenten für eine Siedlerstelle hatte deutlich gezeigt, welch großes Bedürfnis hier in Neustadt bei Coburg vorhanden war. So ist es nicht verwunderlich, dass sich der Stadtrat um neue Mittel bemühte. In der Sitzung vom 10. Mai 1933 konnte Bürgermeister Stelzner über weitere Darlehen für 14 Siedlerhäuser berichten, die der Stadt in Aussicht gestellt wurden. Er teilte in diesem Zusammenhang noch mit, dass sich ein Ministerialrat aus München bei seinem Besuch anerkennend über die Stadtrandsiedlung ausgesprochen habe.

Schon Mitte November 1933 wurden die 14 Häuser des neuen Bauabschnitts verlost, so dass die vorgesehenen Familien bereits Ende des Jahres einziehen konnten. Der Ausbau der Siedlung ging auch in den folgenden Jahren in gleichem Tempo weiter. Anfang des Jahres 1938 standen nicht weniger als 19 Doppelhäuser mit 38 Wohnungen. Die Baukosten für alle bis dahin gebauten Anwesen betrugen 131.376 Mark. Bemerkenswert ist auch, dass durch die Siedler 2,6 Hektar Land bewirtschaftet wurden. Da in der Regel nur kinderreiche Familien als Bewerber für ein Siedlungshaus in Frage kamen, hatten 1938 rund 200 Kinder in der Stadtrandsiedlung eine neue Heimstätte gefunden.

Rathenau-Straße (erbaut 1936)  

Arndt-Straße (erbaut 1936)  

Nachdem während des Krieges jegliche Bautätigkeit geruht hatte, begannen sich nach 1948 immer mehr Neustädter in der Stadtrandsiedlung anzusiedeln. Die Wohnhäuser wurden zwar größer und stattlicher, aber der Charakter der Siedlung, als Wohnraum im Grünen, blieb gewahrt.

Die erste Kunde von der Siedlergemeinschaft stammt vom 13. Februar 1936. An diesem Tage war für 18 Uhr eine Versammlung ins „Braune Haus“ einberufen worden mit dem Ziel, die Neustädter Siedler, die seither dem Bund der Kleinsiedler und Kleingärtner in Bayern angehörten, in den Deutschen Siedlerbund einzugliedern. Erschienen waren hierzu Vertreter aus Bayreuth, Bürgermeister Schubart und die Siedler unter ihrem Obmann Albert Fleischmann. Als erstes wurden Zweck und Ziel des Deutschen Siedlerbundes erläutert. Nach Ausfüllung der Beitrittserklärungen durch die Siedler hielt Gartenbaureferent Gernert aus Bayreuth einen lehrreichen Vortrag über Bodenbeschaffenheit. Seine aus der Praxis entnommenen Ausführungen fanden aufmerksame Zuhörer.

Anschließend lobte der Bürgermeister die begonnene Schulungsarbeit und betonte, dass es Pflicht eines jeden Siedlers sei, das Land zu seinem eigenen Wohle und dem der Allgemeinheit genauestens auszunutzen. Nicht zuletzt müsse durch reichlichen Gemüseanbau der Markt eine Entlastung erfahren. Seine Worte klangen aus in einer Mahnung an die Siedler, auch ihren Verpflichtungen der Stadt gegenüber pünktlich nachzukommen.

Aus einem Gespräch des Tageblatts mit dem Siedler Albert Fleischmann vom 15. Januar 1938 ist zu ersehen, dass die Siedlerstellen in der Stadtrandsiedlung bereits zum 1. Januar 1937 allen Siedlern zugeschrieben wurden, die ihren Verpflichtungen pünktlich nachgekommen waren und somit ihre vierjährige Bewährungsfrist bestanden hatten. Wie den Ausführungen weiter entnommen werden kann, baute damals jeder Siedler 8 bis 10 Zentner Kartoffeln, 1 ½ bis 2 Zentner Weißkraut, 1 bis 1 ½ Zentner Zwiebeln und 1 Zentner Blaukraut an. Die Ernte an Bohnen, Erbsen, gelben und roten Rüben, Gurken und Porree reichte für eine große Familie aus.

In der Tierhaltung zeigten sich durch regelmäßige Beratung ebenfalls befriedigende Ergebnisse. Es wurden 250 bis 300 Kaninchen, 300 Hühner, 30 Enten, 20 Gänse, 20 Ziegen und 20 Schweine gehalten. Der Siedlerbund gab die Möglichkeit zusätzlicher Futtermittelbeschaffung zu verbilligten Preisen, gewährte den Mitgliedern die notwendige Haftpflichtversicherung und sorgte dafür, dass der Obmann durch Lehrfilme über Kleintierhaltung, Hauswirtschaft und Pflanzenschutz die entsprechende Aufklärung geben konnte.

Am 26. März 1939 sprach in einer Siedlerversammlung im Saale „Geußenbräu“ der Gartenfachberater Gernert aus Bayreuth. Er wies darauf hin, dass die Siedler der neuen Stadtrandsiedlung jetzt nach Fertigstellung der Häuser an die gärtnerische Gestaltung denken müssten und gab die entsprechenden Ratschläge.

In der Jahreshauptversammlung am 22.2.1942 gab der Gemeinschaftsleiter Fritz Leistner den Anschluss der Anwohner der Eisfelder Straße an den Siedlerbund bekannt. Die Siedlergemeinschaft zählte zu diesem Zeitpunkt 109 Mitglieder. Im weiteren Verlauf der Versammlung wurde die kameradschaftliche Einstellung der Siedler hervorgehoben und in diesem Zusammenhang auf den großen Bestand an Gemeinschafts-Gartengeräten hingewiesen. Als sehr erfreulich wertete Leistner den guten Besuch der Schulungsabende im abgelaufenen Jahr. Auch die Gärten hatten einen guten Eindruck hinterlassen und mit der Vorratswirtschaft war man zufrieden. So wurden im Laufe des Jahres 1941 1692 Gläser und 184 Dosen Gemüse eingeweckt sowie 93 Zentner Gemüse im Keller und 117 Zentner im Freien eingewintert. Die Zahl der Obstkonserven belief sich auf 1020 Gläser und 43 Dosen, während 5 Zentner Marmelade hergestellt wurden.
Die Kleintierzucht hatte einen gewaltigen Aufschwung genommen. Es waren 684 Kaninchen, 392 Hühner, 118 Gänse und Enten, 14 Schweine und 25 Ziegen vorhanden.

Frau Leistner ergänzte die Darlegung ihres Mannes durch die Mitteilung, dass in der Siedlung einschließlich Wildenheid 78 Kochabende und 43 Näh- und hauswirtschaftliche Abende abgehalten wurden. Für die 80 Päckchen, die die Siedlergemeinschaft ins Feld geschickt hatte, waren zahlreiche Dankschreiben eingegangen. Ein Teil davon wurde gegen Ende der Versammlung vorgelesen.

Hinweis zum Datenschutz

Wir verwenden nur technisch notwendige Session-Cookies. Diese werden automatisch gelöscht, sobald Sie die Sitzung auf unseren Webseiten beenden und den Browser schließen.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.