Chronik
unserer Siedlergemeinschaft Düsseldorf-Nord (seit 1931)
siehe auch unter:
Bilder-Archiv und Zeitdokumente
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Es begann damals in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg :
- Verbandsgeschichte -
Der erste organisatorische Zusammenschluss "Freie Arbeitsgemeinschaft für Kriegersiedlungen e.V. Sitz Dresden" war bereits hier und da über die eigene Region hinaus aktiv, so zum Beispiel in Schleswig-Holstein.
Bis zur Gründung des Deutschen Siedlerbunds e.V. (mit Sitz in Berlin) 1935, durchlief der Verein verschiedene Stationen, unter anderem als "Allgemeiner Sächsischer Siedlerverband e.V. Dresden" (1923) und "Deutscher Siedlerbund e.V. Sitz Dresden" (1933/1935).
Erst von Berlin aus wurde die Arbeit systematisch auf ganz Deutschland ausgeweitet.
Der Deutsche Siedlerbund wurde durch das Reichsarbeitsministerium offiziell mit der Betreuung der Kleinsiedler beauftragt.
(sh. nachstehendes Dokument aus unserer Gemeinschaft vom 26. Februar 1936)
Wie fast alle Vereine dieser Zeit der Gleichschaltung, konnte sich auch dieser Verein nicht der nationalsozialistischen Ideologie verschließen, auch wenn er seinem Zweck - Betreuung der Siedler - stets treu blieb.
Der Bundesleiter wurde 1942, sein Stellvertreter 1944 seiner Ämter enthoben.
Wikipedia: Siedlergemeinschaft
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Mit unserer Siedlergemeinschaft Düsseldorf-Nord begann es 1931 hier auf der "Golzheimer Heide"
Nachweis der
Gründung unserer Siedlergemeinschaft am 15. September 1931:
Auszug aus dem Stadtarchiv Düsseldorf für das Jahr 2011
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Erste "Parzellen-Zuweisungen" im Oktober 1931
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Urkunde unserer Siedlung "Golzheimer Heide" vom 26. Februar 1936
zum Eintritt in den 1935 gergündeten "Deutschen Siedlerbund als eine der damals erst sechs Gemeinschaften in der "Kreisgruppe Düsseldorf"
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Hier lassen wir Alois Marschall, einen unserer "Ursiedler" zu Wort kommen.
Anläßlich des
50-jährigen Bestehens unserer Siedlergemeinschaft im Jahr 1981
berichtete er über den schwierigen Anfang und spätere Ereignisse ausführlich
wie folgt:
"Siedeln tut not"
Verehrte Siedlergemeinschaft,
das 50-jährige Bestehen unserer Siedlung möchte ich zum Anlass nehmen, mit einigen Worten einen kurzen Abriss über die Entstehung dieser Siedlung zu vermitteln.
Wahrscheinlich werden bei vielen von Ihnen alte Erinnerungen aufleben, über Ereignisse, die teilweise mehr als fünfzig Jahre zurückliegen. Aber auch die jüngeren unter Ihnen sollen einmal einen Eindruck von den damaligen Schwierigkeiten gewinnen, die mit viel Nachbarschaftshilfe und Gemeinsinn überwunden worden sind.
Im Jahre 1930 wurde die Not durch unsere Arbeits- und Erwerbslosigkeit immer unerträglicher. Wer seinen Arbeitsplatz verlor, hatte keine Aussicht, einen neuen zu finden. Arbeits- und Erwerbslose waren auf eine sehr geringe Arbeitslosenunterstützung angewiesen.
Eine vierköpfige Familie erhielt ca. 18 RM in der Woche.
Nebenverdienste gab es ohnehin nicht. Alle Ausgaben wie Miete, Heizung, Nahrung und Kleidung mussten von diesem Geld bestritten werden. Eines Tages, als ich zum Arbeitsamt "stempeln" ging, las ich einen plakatartigen Aufruf zu einer Versammlung in der Eller-Schule mit der Überschrift "Siedeln tut not". Der Verfasser und Initiator war ein Herr August Claasen.
Von dieser, für damalige Verhältnisse wahnwitzigen Idee angesteckt, kam ich mit noch ca. 50 anderen neugierigen Männern diesem Aufruf nach.
Anton Stenz, ein wortgewandter Redner, stellte das Projekt vor. Doch als zum Schluss der Veranstaltung eine Liste ausgelegt wurde, trugen sich nur ca. 15 Interessenten ein. Für die anderen waren das alles nur "Hirngespinste".
Nach weiteren Versammlungen in der Privatwohnung von August Claasen auf der Gerresheimer Straße blieben schließlich noch 6 Unentwegte übrig: August Claasen, Anton Stenz, die Herren Keib, Lewandowski, Rombei und ich. In einer unserer Zusammenkünfte gründeten wir den Erwerbslosenselbsthilfe-Verein. Möglichst oft trafen wir uns in den Privatwohnungen oder in anderen uns zur Verfügung stehenden Räumen. Einmal wurden wir sogar in einer Baubude in Wersten von der Polizei umzingelt und auf die Wache abgeführt.
In vielen nächtelangen Diskussionen drehte es sich oft um die eine Frage: Was können wir tun, um aus dieser Not herauszukommen? Bald stand unser Entschluss fest: ein Stück Land mit einem Häuschen und einem Stall für Kleinvieh sowie einen Garten für Obst und Gemüse. also: Siedeln!
In den Randgebieten der Stadt gab es damals noch genügend brachliegendes Land, so z. B. bot sich im Norden auf der Golzheimer Heide das Exerziergelände des 39. Infanterieregimentes an. Auch waren wir uns darüber einig, dass nicht planlos und wild gesiedelt werden sollte, wie es auf dem Heinefeld geschah, sondern eine ordentliche Siedlung mit guten Straßen war unser erklärtes Ziel.
Aber da tauchte schon wieder ein großes Problem auf. Wie sollten wir an das dafür nötige Bauland und die erforderlichen Mittel zum Bau der Häuser kommen? Das einzige Kapital, das wir hatten war unsere Arbeitskraft. Aber mit viel Optimismus suchten wir zunächst die zuständigen Baubehörden auf, um unser Anliegen vorzubringen.
Aber weder bei den Behörden, noch bei den ebenfalls angesprochenen Parteien fanden wir Verständnis, im Gegenteil: wir ernteten Hohn und Spott. Nur die Schulbehörde machte die Ausnahme und stellte für unsere Versammlungen Schulräume gegen eine Reinigungsgebühr zu Verfügung.
In der Zwischenzeit hatten wir uns auch an die Reichsregierung in Berlin gewandt. Dem Reichspräsidenten von Hindenburg, dem Innenminister Severing und dem Finanzminister Dietrich wurden eine Denkschrift mit der Bitte um Baustoffe für Siedlungshäuser und dem Hinweis auf brachliegendes Land übergeben.
Am 29. September 1931 hatten wir, nach mehreren vergeblichen Versuchen, Anklang zu finden, einen großen Erfolg für unser Vorhaben zu verzeichnen. Zu einer Kundgebung in der Lessing-Oberrealschule kam neben ca. 300 Personen auch die Presse, die dieses Ereignis am nächsten Tag in der Zeitung berichtete (Düsseldorfer Nachrichten, Ausgabe 30. September 1931).
Doch das Ergebnis der Versammlung war trotzdem enttäuschend. Viele zuerst Begeisterte verließen den Saal, als sie von den zu erwarteten Schwierigkeiten hörten.
Nach diesem Abend beschlossen wir, dass das Siedlungsunternehmen für die Stadtgebiete aufgeteilt werden sollte. Für den Norden, das heutige Siedlungsgebiet, übernahm ich die Koordinierung. Auch hier bot August Claasen immer wieder seine Hilfe und Unterstützung an.
Nach einer privaten Annonce in der Zeitung, mit der ich Siedlungswillige aufforderte, sich bei mir in der Tannenstraße zu melden, schellte die Wohnungsklingel von 6 Uhr in der Früh bis abends spät um 22 Uhr.
Als die Unruhen im Land immer mehr zunahmen und der Siedlungsgedanke auch weitere Kreise zog, sah sich die Regierung gezwungen, etwas zu unternehmen. Ein Siedlungskommissar wurde ernannt und die Gemeinde teilte mit, dass sie brachliegendes Land und sich als Bauträger für die geplanten Stadtrandsiedlungen zur Verfügung stellen wollte. Doch nach dieser sehr positiven Nachricht vergingen wieder Wochen, in denen nichts geschah. Auch die auf unsere Bitte hin versprochene Hilfe der Regierung, jedem Bauwilligen Baustoffe im Wert von 2500 RM zukommen zu lassen, erwies sich als eine voreilige Zusage. So beschlossen wir zu handeln! Wir versammelten uns mit ca. 40 Männern auf dem Spichernplatz und zogen mit Schaufel und Hacke ausgerüstet auf die Golzheimer Heide bis zum Gelände des heutigen Schlehenweges.
Hier entfalteten wir eine fieberhafte Tätigkeit, indem wir anfingen, die unzähligen Baustümpfe und -wurzeln auszugraben und die vielen Schützengräben des ehemaligen 39. Infanterieregimentes zuzuschütten. Diese Aktivitäten blieben den Behörden nicht verborgen und auf Fragen nach dem Zweck unseres Aufmarsches erhielten sie die Antwort, dass wir arbeiten und hier siedeln wollten.
Und nun geschah etwas für uns alle Überraschendes!
Das städtische Gartenamt wurde zusätzlich mit der Aufgabe des Siedlungsamtes betraut, dessen Leitung der Gartenarchitekt Herr Küchler übernahm. Dann wurde die Verteilung der Grundstücke vorgenommen und die Landvermesser steckten die Straße sowie die einzelnen Parzellen ab.
Nach soviel Erfolg ging jedoch wieder viel Zeit ins Land und auch um das zugesagte Darlehen wurde es still. Erneut ergriffen wir die Initiative und beschafften uns nun die nötigen Baustoffe. Durch Vermittlung erhielten wir das zum Abbruch bestimmte alte Kesselhaus der Firma Rheinmetall an der Erhardtbrücke. Ein Fuhrunternehmer transportierte die Steine zum "Roten Haus", wo sie dann für den Schlehenweg verteilt und durch Loren, die wir uns beschafft hatten, an die einzelnen Parzellen der Siedler gefahren wurden. Es waren immerhin fast 40.000 Steine.
Mittlerweile hatten sich auch andere Gruppen gebildet, die ebenfalls Häuser bauen wollten, so z. B. am Sandweg die Gruppe Spiegel.
Um jedoch eine geordnete Entwicklung der zumeist privaten Initiativen herbeizuführen, machte die Stadt allen Grundstücksinhabern die Auflage, das Land zu kultivieren, den Hauptstrang der Wasserleitung zu verlegen und die Straßen zu bauen. Baumaterialien für die Straßen Schlehenweg, An den Birken, Wacholderweg, Sandweg und Am Heidhügel wurden uns zur Verfügung gestellt.
Im April 1932 waren die Erschließungsarbeiten zum Abschluss gebracht. Von der Stadt wurde am Sandweg ein Baubüro eingerichtet und mit einem Oberbaurat und zwei Architekten besetzt, die in der Folgezeit die Bauleitung übernahmen.
Den notwendigen Kies für die Fundamente und Keller (ca. 25 cbm pro Haus) wurde aus einer Grube herangeschafft, die sich am Ende des Sandweges befand, dort wo heute die Danziger Straße verläuft. Den erforderlichen Kies haben wir in einer Tiefe von 3 m gefunden, mit Schaufeln auf ein Pferdefuhrwerk geladen und dann zu den Baustellen transportiert. Steine, Zement und Kalk wurden angeliefert. Wir bildeten Gruppen von je 10 Mann, sogenannte Zehnerschaften, zu denen mindestens 3 bis 4 Baufachleute gehörten.
Endlich begannen die Bauarbeiten. Es entstand ein regelrechter Wettstreit zwischen den einzelnen Gruppen und Straßengemeinschaften.
Im Oktober 1932 waren unsere Häuser bezugsfertig. Unsere Frauen verdienen ein besonderes Lob, denn ohne sie hätten wir es nie geschafft. Sie haben oft Steine abladen, Beton anmischen und viele andere schwere Arbeiten verrichten müssen.
Nach Fertigstellung der Häuser wurden die Gärten eingezäunt und bepflanzt. Je nach Wunsch konnten dann auch Kleintiere bestellt werden: Schafe, Ziegen, Ferkel oder ein Satz Hühner, d. h. ein Hahn und sieben Hennen.
Herr Küchler hielt weiterhin Vorträge über Kleintierhaltung, Obst- und Gemüseanbau und Gartenpflege in der Gaststätte Vossen am Karlplatz. Er wies darauf hin, dass das Gartenamt jederzeit den Siedlern mit Rat und Tat zur Seite stehen würde.
Unsere, unter hartem Einsatz und großen Mühen geleistete Arbeit wurde im Frühjahr 1933 belohnt, als es in den Gärten zu grünen und zu blühen anfing, die Hühner erstmals ihre Eier legten und wir das erste fette Kaninchen schlachten konnten. Dieser Erfolg wurde sogar lobend in der Presse erwähnt und als vorbildlich für weitere Siedlungsmaßnahmen hingestellt. Dies bedeutete für uns eine Bestätigung und gab vielen Siedlern weiteren Auftrieb für die folgenden Jahre.
Nach dem ersten Bauabschnitt, in dem die Grundstücke der Straßen Schlehenweg, An den Birken, Sandweg und die Straße Am Heidhügel bebaut wurden, folgte im zweiten Bauabschnitt die Besiedlung der Straßen Uhlenweg, Am Heidquell, Eichenbruch, Ginsterweg ( heute Goldregenweg) und Carl-Sonnenschein-Straße. Später entstanden die Häuser auf dem Gelände um das Heinefeld.
Als der Krieg ausbrach, wurden die Befürchtungen nicht wahr, dass infolge der Nähe des Flughafens und der leichten Bauweise die Häuser weggefegt würden. Aufgrund der leichten und offenen Bauweise haben die einzelnen niedergegangenen Bomben relativ wenig Schaden angerichtet. Eine schwere Luftmine, die am Silvesterabend 1942 auf den Schlehenweg fiel, richtete jedoch bedeutenden Schaden an. Vier Häuser gingen in Trümmer, fast alle Fensterscheiben ringsum barsten und viele Dächer wurden abgedeckt.
Ein Toter war zu beklagen.
Mit einer schnellen Beseitigung der Trümmer und durch Errichten von Holzhäusern konnte die Not vorerst gelindert werden. Im darauffolgenden Frühling zeigte es sich, dass alles schön herangewachsen war: Die Obstbäume und Sträucher trugen bereits Früchte, und der fleißige Siedler erntete auf dem kargen Boden seinen Bedarf an Gemüse und Viehfutter. Im Gegensatz zu weiten Teilen der Stadt, die zerstört waren, wirkte die Siedlung auf der Golzheimer Heide wie ein Stück Paradies. Mancher Ausgebombte fand hier eine erste Zuflucht und viele Städter kamen, um sich Obst und Gemüse zu erbitten. Nach dem Kriege wurde dann das Gelände östlich der Straße "Am Roten Haus" besiedelt. Der ehemalige Schießstand wurde abgetragen und das Gebiet dahinter, das als Übungsgelände während des Krieges gedient hatte, ergab viel Platz für den Wohnungsbau, in dem Ausgebombte und Vertriebene ein neues Zuhause fanden.
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Die weitere Entwicklung - über die Zeitenwende hinaus -
siehe: "Wir über uns"