Streithema: Lärm in der Nachbarschaft

Laubsauger, Musik oder der Dauerton einer Wärmepumpe: Geht es in Nachbars Haus und Garten laut zu, kann die Lärmbelästigung heftigen Streit auslösen. Rechtsanwalt Stephan Dingler greift das Thema Lärmbelästigung auf. Er geht auf Urteile dazu ein, was hingenommen werden muss und wann die Beeinträchtigung zu weit geht.

Zu den Ruhezeiten gilt Zimmerlautstärke

Gerade im Sommer verbringen wir mehr Zeit draußen im Garten. Die Terrasse wird in vielen Eigenheimen praktisch zum zweiten Wohnzimmer. Doch muss man deshalb auch die Partymusik des Nachbarn mithören?
Grundsätzlich gilt zu den Ruhezeiten Zimmerlautstärke. Sobald also während der Nachtruhe (zwischen 22 und 6 bzw. 7 Uhr sowie ganztägig an Sonn- und Feiertagen) laute Musik deutlich wahrnehmbar wird, handelt es sich um unzulässige Immissionen. Es gilt das persönliche Empfinden, selbst wenn die Grenzwerte nicht überschritten werden! Mit anderen Worten: Man muss nicht erst zu einem Schallmesser greifen.
Wer den Schlaf des Nachbarn stört, hat vor dem Gesetz grundsätzlich schlechte Karten. Nachts sind nur Geräusche zumutbar, die sich wirklich nicht vermeiden lassen. Hierzu zählt beispielsweise das Rauschen der Wasserleitung oder das der Toilettenspülung. Gesetzlich geregelt ist dies im § 117 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Demnach handelt derjenige ordnungswidrig, der vermeidbaren Lärm erzeugt. Lärm also, der die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft belästigen oder im Extremfall sogar die Gesundheit eines anderen schädigen kann.

Immissionen vermeiden

In NRW besteht für Betroffene darüber hinaus die Möglichkeit, sich auf das Landes-Immissionsschutzgesetz (LImschG) zu berufen. Jeder Bürger hat sich nämlich laut § 3 Abs. 1 LImschG so zu verhalten, dass schädliche Umwelteinflüsse vermieden werden. Dies gilt allerdings nur insoweit, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich und zumutbar ist. Klar ist auch das Einhalten der Nachtruhe geregelt. Nach § 9 Abs. 1 LImschG sind Betätigungen verboten, welche die Nachtruhe stören können.

Rechtliches Vorgehen

Gegen dauernde Lärmbelastungen können Betroffene zivilrechtlich vorgehen und Unterlassungsansprüche geltend machen. Unterlassungsansprüche sind nach § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann gegeben, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung von einem anderen Grundstück nach § 906 BGB ausgeht. Eine wesentliche Beeinträchtigung sind laut Definition eindeutig auch Geräusche und Lärm.

Lärmquelle Wärmepumpe

Eine gängige Lärmquelle und damit oft Anlass für Nachbarstreits sind moderne Heizsysteme - wie Luft-, Wasser- oder Erdwärmepumpen. Um ihren Betriebslärm für den Besitzer so gering wie möglich zu halten und weil sie flexibel im Innen-und Außenbereich installiert werden können, werden die Geräte oft an der Grundstücksgrenze aufgestellt. Und dort stören sie dann mit ihren dauerhaften Geräuschen die Ruhe des Nachbarn.
Die Ventilatoren und Kompressoren laufen rund um die Uhr. Besonders abends und morgens arbeiten sie aufgrund des erhöhten Wärmebedarfs auf Höchsttouren: Für den Nachbarn bedeutet dies eine entsprechend lautstarke Lärmbelastung mit einem tiefen, summenden oder brummenden Ton.
Viele Hersteller geben bezüglich des Geräuschpegels Durchschnittswerte von 50 Dezibel an. Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit entspricht diese Lautstärke einer normalen Unterhaltung. Doch viele Wärmepumpen (und dabei besonders ihre Betriebsgeräusche in den tiefen Frequenzen) werden als deutlich lauter empfunden, weil sie zu nah an der Grenze zum Nachbargrundstück installiert wurden oder weil Fehler bei der Planung, Installation und Inbetriebnahme begangen wurden. Ist dies der Fall, greift § 2 Abs. 1 S. 1 der Landesbauordnung NRW, denn eine Wärmepumpe ist eine bauliche Anlage. Nach Auffassung des OVG für das Land NRW können auch solche Geräusche als unzumutbar eingestuft werden, die in den tiefen Frequenzen liegen und den Lärmrichtwert nur gering überschreiten.

Suchen Sie das Gespräch

"Bevor man die rechtliche Keule schwingt, sollte bei einer Lärmstörung zunächst das Gespräch mit dem Nachbarn gesucht werden. Machen Sie ihm klar, warum Sie die permanente Musik oder das Geräusch der Wärmepumpe als Belästigung empfinden", empfiehlt Stephan Dingler, Rechtsberater beim Verband Wohneigentum NRW e.V.
Wichtig sei es, Kompromisse zu finden. Führt das klärende Gespräch jedoch nicht zum Erfolg, sollte bei weiteren konkreten Lärmbelästigungen die Polizei eingeschaltet werden. Die Polizei ist verpflichtet, diese Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen.
Zeigt ein Nachbar keine Einsicht und die Lärmbelästigungen setzen sich dauerhaft fort, besteht die Möglichkeit zur Unterlassungsklage. Hierzu wird empfohlen, zur Beweissicherung und zur Vorbereitung eines späteren gerichtlichen Verfahrens Lärmprotokolle mit Datum, Uhrzeit der Störung, Art des Lärms und möglichen Zeugen zu erstellen.
Kommt es dann zu einem gerichtlichen Verfahren, muss der Richter nicht nur ein Lärmmessungsgutachten einholen. Er muss sogar selbst eine Ortsbegehung vornehmen und sich davon überzeugen, ob die Geräusche beeinträchtigend sind.

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