#UTBOX{#FG{ Urteile rund ums Haus}}
Wegerecht:
Bequemlichkeit macht den Weg nicht frei
Besitzt ein Hauseigentümer hinter seinem Anwesen ein weiteres Grundstück, das keinen Zugang zu einer Straße hat, und das er nur zu Fuß über eine Hintertür des Hauses erreicht, so kann er kein Wegerecht für sein Auto zum Grundstück durchsetzen (das übers Nachbargrundstück führen muss), wenn er sich entschließt, das „vor Jahren dort gebaute“ Carport häufiger zu nutzen. Hatte er bis dahin seinen Wagen nur manchmal dort untergestellt und jeweils die Erlaubnis für die Fahrt über das Nachbargrundstück eingeholt, so muss es auch dann dabei bleiben, wenn er meint, das Grundstück „nicht ordnungsgemäß nutzen zu können“. Weil hier aber „rein persönliche Bedürfnisse und Aspekte der Bequemlichkeit“ vorlagen, musste der Nachbar kein Wegerecht einräumen.
(Landgericht Coburg, 32 S 13/06)
Betriebskosten:
Bei fehlender Abrechnung gibt’s keine Erstattung
Rechnet ein Vermieter die Betriebskosten nicht fristgerecht ab, so kann ein Mieter dennoch nicht die Erstattung seiner Nebenkostenvorauszahlungen verlangen, da er die Möglichkeit hat, den Vermieter durch Zurückhaltung weiterer Abschlagszahlungen dazu zu bewegen, die Abrechnung vorzulegen.
(Bundesgerichtshof, VIII ZR 191/05)
Baurecht:
75 Prozent bei offenem Dach ist des Guten zuviel
Ein Bauherr wird vom Bauunternehmer in unangemessener Weise benachteiligt, wenn er bei Erstellung des Rohbaus – einschließlich der Fertigstellung des Dachstuhls, aber ohne Sichteinschalung und ohne Dacheindeckung – bereits 75 Prozent der Bruttovertragssumme zahlen soll. Die entsprechende Klausel im Werkvertrag ist unwirksam.
(Landgericht Berlin, 26 O 276/05)
Baurecht:
10 Prozent, wenn der Kunde kündigt
Kommt es zwischen einem Wohnungsbauunternehmen und einem Bauherrn zum Streit über den Umfang der vertraglichen Leistungen und kündigt der Käufer des Fertighauses schließlich den Vertrag, so kann das Unternehmen 10 Prozent des Gesamtpreises in Rechnung stellen, wenn das so vereinbart wurde und der Käufer keine Nachweise dafür bringt, dass sich das Unternehmen absprachewidrig verhalten hat.
(Bundesgerichtshof, VII ZR 175/05)
Verkehrssicherungspflicht:
Vermieter muss Mülltonnen nicht überwachen
Wird das im Hof eines Mietshauses abgestellte Auto eines Mieters von einer – durch einen Sommersturm herumgewirbelten – Mülltonne verbeult (hier entstand am Pkw ein Schaden in Höhe von 2.500 Euro), so muss der für die Außenanlage (wozu auch der Hof und die Mülltonnen gehören) verkehrssicherungspflichtige Vermieter nicht für den Schaden geradestehen. Vorausgesetzt, er hatte die Pedalbremsen der Abfallbehälter betätigt; zusätzliche Vorkehrungen muss er nicht treffen. (Landgericht Coburg, 33 S 38/06)
Hauskauf:
Schlechten Schallschutz im Doppelhaus nicht hinnehmen
Kauft ein Bauherr ein Doppelhaus und hält er den Schallschutz für unzureichend (was ihm ein Gutachter bestätigt), so kann er den seinerzeit (hier: 1994) mit der Erstellung der zwei Doppelhaushälften beauftragten Bauunternehmer zur Kasse bitten (hier mit 40.000 Euro Schadenersatz), wenn das Gutachten bestätigt, dass die zu der Zeit „geltenden und üblichen technischen Möglichkeiten zum Schallschutz nicht beachtet worden sind.“ (Oberlandesgericht Koblenz, 1 U 1825/00)
Wer einen Grillkamin im Garten, in dem er über längere Zeit Papier verbrannt hat, eine Stunde unbeaufsichtigt lässt, obwohl die Glut noch nicht erloschen ist, kann seinen Versicherungsschutz verlieren, wenn es durch Funkenflug zu einem Hausbrand kommt. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Brandursache: Grillkamin
Wie der Anwalt-Suchservice (www.anwalt-suchservice.de) berichtet, hatte ein junger Mann bei Aufräumarbeiten Papier und Kartons aussortiert und im Gartenkamin verbrannt. Der überdachte, an den Seiten offene Grillplatz befand sich direkt am Haus und war nur durch eine Bretterwand davon abgetrennt. In der Nähe des Kamins lagerte gestapeltes, getrocknetes Holz. Als der Mann den Grillplatz für etwa eine Stunde verließ, passierte es: Durch Funkenflug entzündeten sich Bretterwand und Holzstapel. Von dort griff das Feuer auf das Wohnhaus über. Das Dach brannte fast vollständig aus.
Die Feuerversicherung weigerte sich später, für den Schaden aufzukommen. Zu Recht, wie das OLG Koblenz befand (Urt. v. 06.12.2002-10 U 193/02). Der Mann habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt. Deshalb müsse die Assekuranz nicht zahlen, so die Richter.
Nachdem der Mann mehrere Stunden lang Papier verbrannt hatte, habe sich im Kamin sehr viel Asche und Glut befunden. Angesichts des an dem betreffenden Tag herrschenden leichten Windes und der Tatsache, dass der Kamin nach den Seiten offen war und unmittelbar daneben Holz lagerte, habe sich dem Mann förmlich aufdrängen müssen, dass eine Brandgefahr durch Funkenflug drohte, so das Urteil.
Der Umstand, dass der Kamin vorher jahrelang ohne Zwischenfälle genutzt worden war, änderte nach Ansicht der Richter nichts am Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Der Grillplatz sei in der Vergangenheit schließlich primär zum Grillen genutzt worden, nicht aber zum Verbrennen größerer Mengen Papier über einen ganzen Nachmittag hinweg.
Für Schäden kommt Vater Staat auf
Richtet ein Zivildienstleistender einen Schaden an (hier: auf einem Gartenfest einer Kinderklinik beim Grillen, wobei ein 7jähriger Junge schwer verletzt wurde), so hat der Bund Schadenersatz zu leisten, weil der Zivildienstleistende „hoheitlich tätig“ war (hier wurde ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro zugesprochen).
(Oberlandesgericht Koblenz, 1 U 1452/97)
Gartenfest drückt Geselligkeit aus
Gartenfeste „in üblichem Umfang“ müssen von den Nachbarn als „Ausdruck üblicher Geselligkeit“ hingenommen werden. (Landgericht Frankfurt, 2/21 O 424/88)
Am Stehtisch muss nicht still gestanden werden
Die Gastgeberin eines lockeren Sommerfestes kann von einem Gast kein Schmerzensgeld verlangen, wenn sie mit einem Gläsertablett hinter dem Mann, der an einem Stehtisch steht, hergeht und über seinen – plötzlich nach hinten zurückgesetzten – Fuß stolpert und sich schwer verletzt. Es ist allgemein bekannt, dass „Stehgäste“ zur Gewichtsverlagerung die Füße „typischerweise“ nach hinten stellen.
(Oberlandesgericht Hamm, 9 U 141/00)
Kein „unansehnlicher Abfall“ bei Straßenfesten
Die Kommunen sind berechtigt, Ausrichter von Straßenfesten zu verpflichten, statt Pappbechern Mehrweggeschirr zu verwenden, um das Stadtbild vor „unansehnlichem Abfall“ zu bewahren.
(Verwaltungsgericht Düsseldorf, 16 L 869/99)
Wo ist die Grenze zwischen erträglichen Tierlauten und unerträglicher Belästigung? Den einen Nachbarn stören selbst die Fische im Teich, dem anderen machen weder Taubenschlag noch Bienenstock etwas aus. Auch für das Tierreich auf dem eigenen Grundstück haben deutsche Richter klare Regeln aufgestellt.
Wo das tirilierende Pfeifen des Wellensittichs aufhört, fängt das Gekrächze des Papageien erst an. Die Tatsache, dass dabei eine Lärmpenetranz erreicht wird, die über dem gewöhnlich monotonen Verkehrslärm liegen kann, ließ Richter am Landgericht Nürnberg-Fürth ein befristetes Gartenverbot aussprechen. Die Justiz schlussfolgerte, dass das Halten exotischer Vögel „private Liebhaberei“ sei und somit Rücksicht auf die nähere Umgebung genommen werden müsse. Die Gartenzeiten des nervtötenden Vogels sind nun auf die Vormittagsstunden von 9.00 bis 12.00 Uhr und des Nachmittags von 16.00 bis 17.00 begrenzt (LG Nürnberg-Fürth, AZ: 11 S 8784/96).
Ebenso unangenehm in der Lautstärke kann ein Froschkonzert für Besitzer und auch Nachbarn eines Gartenteiches sein, ARAG-Experten machen allerdings darauf aufmerksam, dass ohne Einwilligung der Naturschutzbehörde keine voreiligen Schritte zur Abhilfe unternommen werden dürfen. Sowohl im Gartenteich als auch in der Natur stehen Frösche unter Naturschutz! Das Bundesverwaltungsgericht sprang den orchestrierten Menschen hilfreich zur Seite und bestätigte per Urteil die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung durch die Naturschutzbehörde (BVerwG, AZ: 6 B 133/98). In dem entsprechenden Fall erzielten die Konzerte über einen Zeitraum von Mai bis September Lärmwerte bis zu 64 Dezibel, was einer massiven Störung der Nachtruhe gleichkam. Ab 45 Dezibel geht man von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung aus. Weder durften die musikalischen Frösche getötet noch der Gartenteich trockengelegt werden, so dass lediglich eine Umsiedlung der Amphibien in Frage kam.
Oft genug bereitet auch tierischer Dreck Unmut in der Nachbarschaft. Die oftmals als „Ratten der Lüfte“ titulierten Tauben hinterlassen eine Menge sichtbarer Spuren an Häuserwänden und Innenhöfen. Wenn sie gar ihren Nistplatz vor Wohn- oder Schlafzimmerfenstern auf den Fenstersimsen gefunden haben, berechtigt dies laut einer Entscheidung des Amtsgerichtes Pforzheim zu einer Mietminderung. Neben der Verunreinigung durch den Taubenkot sei auch noch von einer starken Geruchs- und Lärmbelästigung durch die Vögel auszugehen. Der Gebrauchswert der Wohnung ist auch durch eine nicht auszuschließende Gesundheitsgefährdung erheblich eingeschränkt, so dass die Richter der betroffenen Mieterin eine Minderung um 30 Prozent zusprachen (AG Pforzheim, AZ: 2 0 160/98).
Auch kleinere Tiere können für großen Ärger sorgen. Die meisten Menschen gehen angesichts einer anbrummenden Biene in Deckung oder verfallen zumindest in hektische Abwehrbewegungen. Aus der Annahme, potentielle Gefahr drohe von den Insekten, möchten sicherlich die wenigsten einen Imker zum Nachbarn haben. Jedoch müssen bis zu fünf Bienenstöcke auf des Nachbars im Außenbereich gelegenen Grundstück geduldet werden, solange der Züchter nicht gegen das Gebot der allgemeinen Rücksichtsnahme verstößt und der Anwohner in seiner Grundstücksnutzung durch den Bienenflug nicht nachhaltig gestört wird. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim entschied exemplarisch, dass bloße Unannehmlichkeiten, die keine Störung darstellen, nicht ausreichten, dem Züchter das Halten der Bienen zu untersagen (VGH Mannheim, AZ: 5 S 2352/92).
Auf dem Land vor den Toren der Stadt gehört die Tierhaltung zum Alltag. Daher müssen im Ländlichen auch geringfügige Beeinträchtigungen durch Weidetierhaltung geduldet werden. Dies beschieden Richter des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz einem Kläger, der gegen das Weiden von Pferden und Rindern auf dem Nachbargrundstück erfolglos protestierte (OVG Koblenz, AZ: 8 C 10990/01).