Muttertag - Ehre oder Kommerz?

Die Liebe zur verstorbenen Mutter war der Auslöser für die US amerikanische Methodistin Ann Maria Reeves-Jarvis am 12. Mai 1907 in der Ortschaft Grafton, in West Virginia einen Gedenktag - den Memorial Mothers Day Meeting - durchzuführen.
Nach dem Erfolg dieses Tages erreichte sie mit Drängen bei den Verantwortlichen der Methodistenkirche ihrer Heimatstadt eine Wiederholung am zweiten Sonntag im Mai, und zwar mit einer Andacht für alle Mütter. Als Zeichen der besonderen Verehrung derselben wurden insgesamt 500 weiße Nelken verteilt.

Das war der Durchbruch für Mrs. Reeves-Jarvis, sich mit ganzer Kraft amerikaweit für einen Muttertag stark zu machen. Damit dieser Tag auch offiziell werden würde, schrieb Mrs. Reeves-Jarvis an alle möglichen Leute, Politiker und Lobbyisten, Menschen der Kirche und des öffentlichen Lebens, der Wirtschaft und Verwaltung zahlreiche Briefe, in welchen sie für die Einführung eines Muttertages warb.

Mit Erfolg! Schon bald darauf, im Jahre 1909, feierten Menschen in immerhin 45 Staaten der USA den Muttertag. Die Ironie der Geschichte war es, dass in dem Bundesstaat, in welchem alles seinen Anfang nahm, nämlich West Virginia, der Muttertag erst 1912 eingeführt wurde. Aber der amerikanische Kongress wollte nun nichts mehr dem Zufall überlassen und verabschiedete eine gemeinsame Resolution zur Bestimmung und Einführung des Muttertages am jeweils zweiten Sonntag im Mai. Damit war der Muttertag nationaler Feiertag geworden.

Was nun folgte, war aber rasch allen auch klar: Die vollkommene Kommerzialisierung dieses Feiertages durch die Blumen- und Geschenkeindustrie.

Deutschland führte relativ spät erst den Muttertag 1923 ein. Speerspitze der deutschen Bewegung war der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber, die offenbar einen freudigen Umsatzschub im Frühling erwarteten.

Plakate wie "Ehret die Mutter!" und andere würden uns heute fremd vorkommen. Im Nazireich wurde die Mutterschaft im Banne der vorherrschenden Ideologie ins fast Göttliche stilisiert und zu manchen uns heute noch fremder vorkommenden Ritualen geführt.

Was eigentlich vor der Idee von Maria Ann Reeves- Jarvis als Forum für amerikanische Mütter in den 1860 er Jahren nach dem schrecklichen Bürgerkrieg mit den vielen zu beklagenden toten Söhnen eben dieser Mütter begann, ist heute den meisten Menschen unbekannt geblieben.

Nur die Tatsache, dass man artig der Mama auch Blumen am zweiten Sonntag im Mai zu schenken habe, hat sich ehern gehalten.

Meine Mutter hatte den Tag immer verabscheut und wollte nie so "geehrt" werden. Dafür war sie viel zu sehr emanzipiert und auch gegen die Kommerzialisierung, die mit dem Tag einhergeht.

Wahrscheinlich, ohne es gewusst zu haben,folgte sie mit dieser Auffassung sogar der Erfinderin. Ann Maria Reeves Jarvis wandte sich genau deshalb nämlich von der Bewegung ab und bereute, den Muttertag ins Leben gerufen zu haben. Erfolglos, wie wir heute wissen, kämpfte sie für die Abschaffung des von ihr erfundenen Feiertages.



Detlev Lachmann

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