Interview mit Ina Scharrenbach

Verband Wohneigentum
Ina Scharrenbach gibt Antworten auf unsere Fragen zu Themen rund um Wohnen und Bauen.   © Ina Scharrenberg
Die neue NRW Landesregierung hat sich viel für die kommende Legislaturperiode vorgenommen. Im Interview mit Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung des Landes NRW, erhielten wir Informationen zu den Themen Bauen und Wohnen aus erster Hand.

Bei Christian Lindner, dem Bundesvorsitzenden der FDP, haben wir ebenfalls nachgefragt. Welche Standpunkte er und seine Partei zum Thema Wohneigentum vertreten, lesen Sie im Interview mit Herrn Lindner.

Interview mit Ina Scharrenbach

Frage:

Knappes Bauland in Ballungszentren, ständig teurer werdende Bau- und Sanierungsauflagen oder hohe Erwerbsnebenkosten sind Lasten, die auch durch niedrige Baugeld-Zinsen nicht mehr aufgefangen werden. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um gerade junge Familien beim Erwerb und Erhalt von Wohneigentum zu unterstützen?

Ina Scharrenbach:

Wir werden das Wohnraumförderungsprogramm des Landes weiterentwickeln und dabei den Anteil der Eigentumsförderung bedarfsorientiert anheben. Ein Haupthemmnis ist die mangelnde Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnbauland. Wir wollen Restriktionen im Landesentwicklungsplan beseitigen und die Kommunen bei der Baulandentwicklung unterstützen. Und wir müssen schneller werden: beim Planen, Genehmigen und Bauen. Insbesondere entlang der ÖPNV-Trassen kann viel mehr passieren, ohne dass der Grundsatz "Innen- vor Außenentwicklung" in Frage gestellt wird. Zudem werden wir alle Restriktionen auf den Prüfstand stellen, die die Baukosten verteuern. Dazu gehört auch die Überprüfung der neuen Landesbauordnung, deren Inkrafttreten wir zunächst um ein Jahr verschieben. Das Moratorium werden wir dafür nutzen, um uns mit den einzelnen Vorschriften erneut auseinanderzusetzen. Wir halten dies für zwingend erforderlich, weil politische Entscheidungen und Vorgaben das Bauen in NRW in den vergangenen Jahren deutlich verteuert haben. Baukostensteigernde Regulierungen und Vorgaben werden wir auf den Prüfstand stellen.

Frage:

Wie denken Sie darüber, junge Familien, die mit wenig Eigenkapital Wohneigentum erwerben wollen, als kreditwürdig einzustufen und was planen Sie für Eigenheimbesitzer, die bereits im Ruhestand sind und ihr Haus altersgerecht umbauen wollen?

Ina Scharrenbach:

Die Bedenken hinsichtlich der mangelnden Kreditwürdigkeit junger Familien oder auch Eigenheimbesitzer im Ruhestand, die einen altersgerechten Umbau anstreben, sind mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes zur europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie entstanden. Inzwischen wurde mit der Verabschiedung des Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes eine Klarstellung vorgenommen, die die entstandenen Probleme beseitigt. Wichtig war dazu besonders, dass die in der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, bei Bau und Renovierung auch den Immobilienwert bei der Kreditvergabe zu berücksichtigen, nun ins deutsche Recht übernommen wurde. Zudem ist jetzt auch sichergestellt, dass bei Anschlussfinanzierungen und Umschuldungen keine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung bei demselben Kreditinstitut erforderlich ist. Darüber hinaus werden wir die Eigentumsförderung im sozialen Wohnungsbau ganz generell bedarfsgerecht stärken.

Frage:

Planen Sie angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung mit Zinstief einerseits und den in Städten wie Köln, Münster oder Düsseldorf exorbitant steigenden Grundstücks- und Immobilienwerten andererseits eine gesetzliche Neuregelung, die einen fairen Ausgleich anstrebt und falls ja, wie sieht dieser Ausgleich aus?

Ina Scharrenbach:

Wir brauchen ein Klima für Neubau. Zusätzlich müssen wir aber auch den ländlichen Raum stärken. Das Gegeneinander macht ja keinen Sinn, sondern verstärkt nur weiter die auseinanderklaffenden Entwicklungen auf den Immobilienmärkten. Notwendig ist dafür eine Planung, die Siedlungs-, Infrastruktur-, und Verkehrsentwicklung zusammen denkt.

Frage:

Was planen Sie vor dem Hintergrund der Erreichung der Klimaschutzziele, um die Bezahlbarkeit des Wohnens sowohl für Neubau- wie auch für Bestandsbauten sicherzustellen?

Ina Scharrenbach:

Wir bekennen uns ausdrücklich zu den Vereinbarungen der Pariser Klimakonferenz. Wir werden die Klimaschutzziele aber nur erreichen, wenn wir Lösungen finden, die den Wohnungsbau nicht unbezahlbar machen. Deshalb geht es uns nicht um die Perfektion in der Spitze, sondern um den Erfolg in der Breite. Die Wohnung, die wegen der immer weiter steigenden Baukosten dann nicht gebaut wird, hilft uns beim Klimaschutz überhaupt nicht.

Frage:

Ein Ziel der Politik ist, dass Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können. Welche Maßnahmen planen Sie, um die Zahl der altersgerechten Sanierungen von Wohnungen und Eigenheimen zu erhöhen?

Ina Scharrenbach:

Wir haben das alters- und behindertengerechte Bauen im Blick. Menschen werden älter und sie sollen solange wie möglich selbstbestimmt zu Hause - in ihrer vertrauten Heimat - leben dürfen. Das setzt ein Können voraus. Es kommt deshalb darauf an, die Maßnahmen zu fördern, die den Bewohnerinnen und Bewohnern wirklich das Leben erleichtern. Wir werden deshalb nicht nach Schema F, sondern sehr pragmatisch vorgehen und darauf achten, dass wir die Landesförderung von Maßnahmen zum Abbau von Barrieren im Wohnungsbestand konsequent daraufhin ausrichten.

Frage:

In unserem Bundesland liegt der Satz der Grunderwerbsteuer bei 6,5 Prozent. Gerade bei Immobilien in den Ballungsräumen ist dies ein enormer Posten. Sind Freibeträge bei Ersterwerb oder ähnliche Maßnahmen geplant, um möglichst vielen Menschen den Bau oder Erwerb eines Hauses zu erleichtern?

Ina Scharrenbach:

Wir haben im Koalitionsvertrag eine Initiative für eine Reform der Grunderwerbsteuer vereinbart. Wir wollen die Einführung eines Freibetrags von 250.000 € für selbst genutztes Wohneigentum pro Person und eine zusätzliche Berücksichtigung von Kindern erreichen. Da wir dafür das Bundesgesetz ändern müssen, ergreifen wir jetzt die Initiative im Bundesrat. Ich hoffe sehr, dass die anderen Länder und am Ende der Bundestag dabei mitziehen. Zudem haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Eigentumsförderung im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bedarfsgerecht anzuheben. Eigentum ist immer noch die beste Altersvorsorge und: Der überwiegende Anteil an vermietbaren Wohnraum wird immer noch von dem klassischen privaten Kleinvermietenden gehalten.

Frage:

Über kaum ein Thema streiten Bürger und Kommunen immer wieder so erbittert wie über den Straßenausbaubeitrag. Mit Ausnahme von Baden-Württemberg dürfen die Kommunen in allen Bundesländern Straßenausbaubeiträge verlangen. Wie hoch die Beiträge ausfallen, ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Aus Finanznot warten viele Gemeinden einfach ab, bis nur noch eine Grundsanierung den Zustand der Straße verbessern kann. In dem Fall werden die Anlieger dann zur Kasse gebeten. Für viele Eigentümer sind die Beiträge aber oft eine enorme wirtschaftliche Belastung. Im Januar hat der NRW-Landtag wiederkehrende Straßenbaubeiträge abgelehnt. Wie sieht die neue Landesregierung eine gerechte Finanzierung?

Ina Scharrenbach:

In Baden-Württemberg werden traditionell keine Straßenausbaubeiträge erhoben. Dort gibt es ein spezielles Finanzierungssystem. Im dortigen Finanzausgleichsgesetz, dass dem Gemeindefinanzierungsgesetz in NRW entspricht, erhalten die Gemeinden mittels des sogenannten "Verkehrslastenausgleichs" eine zweckgebundene Zuweisung, die einen bestimmten Prozentsatz des baden-württembergischen Aufkommens an der Kraftfahrzeugsteuer umfasst. Nach der Rechtsprechung des OVG NRW ist eine Straßenerneuerung nicht beitragsfähig, wenn eine vorzeitige Erneuerung erforderlich wird, da die Gemeinde auf laufende Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verzichtet hat.

Frau Scharrenbach, wir bedanken uns für dieses Gespräch!

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