"Wir müssen nicht nur Gas, sondern Energie allgemein sparen"

Die Preise steigen, die Gaslieferungen werden eingeschränkt …

Tipps von Energieberater Herbert Stapff, BV Unterfranken

Es soll hier nicht diskutiert werden, warum die Lage so ist wie sie ist. Wir können sie nicht ändern, aber wir müssen lernen, damit umzugehen. Deshalb habe ich ein paar Tipps aus meinem Berufsleben zusammengestellt, die m. E. auch Sinn machen. Vielleicht tun sie auch mal weh, wenn wir uns von lieb gewonnen Gewohnheiten verabschieden müssen. Aber niemand muss sich kasteien, nur vernünftig handeln.

Sicher ist der Umgang also unser Nutzerverhalten mitentscheidend, aber viel wichtiger sind meines Erachtens erst mal die Grundeinstellungen von Warmwasser und Heizung. Wahrscheinlich werden Sie die technische Beschreibung (Gebrauchsanweisung) brauchen. Sie ist weg? Im Internet und beim Hersteller sind fast alle zu finden.

Einen Duschkopf zu drosseln, spart zwar Wasser, aber nicht wirklich auch Energie. Denn das heiße Wasser wird zum Duschkopf gepumpt und dort nicht rausgelassen. Man kann den Heizkörper drosseln, aber was nutzt es, wenn das ganze System überheiß ist. Dann ist keine Energie gespart. Packen wir es anders an.

WarmwasserSie sollen sich nicht vom Warmduscher zum Kaltduscher wandeln, aber vielleicht vom Heißduscher zum Warmduscher. Wie warm ist Ihr Duschwasser tatsächlich? Nehmen Sie mal ein Thermometer mit in die Dusche. Oder fangen Sie Wasser auf und halten es rein.
Nehmen wir an, es sind 36°. Nun gehen Sie in den Heizraum: Wie warm ist das Wasser im Speicher? Er steht auf 60°? Reduzieren Sie auf 50°, duschen Sie weiter. Immer noch warm genug? Reduzieren Sie auf 45°. Irgendwann ist es zu kalt, dann erhöhen Sie wieder bis es passt.

Bereithaltung WarmwasserNehmen Sie einen Kalender mit Stundenangaben für jeden Tag. Kreuzen Sie eine Woche lang an, wann die Familie wirklich Warmwasser braucht. Selten werden dies 24 Std. am Tag sein. Schauen Sie die Schaltzeiten an: Ihre Anlage hält den ganzen Tag den Speicher auf Temperatur? Also Aufheizzeiten und Bedarfszeiten abgleichen. Über Legionellen reden wir später.

Warmwasser an jedem Waschbecken? Gästezimmer, -toiletten u. ä. brauchen kein Warmwasser. Drehen Sie das Eckventil ab. Die Kaltwasserleitung heizt sich allein so auf, dass es zum Händewaschen reicht. Probieren Sie es aus.

WasserarmaturFrüher hatte man für Kalt und Warm zwei Hähne, man musste ständig drehen, bis man die optimale Temperatur am Wasserhahn hatte. Heute haben wir Einhebelmischer. Betrachten Sie ihn mal: Wo steht der Hebel? Meist in der Mitte, so dass beim Öffnen immer Warmwasser kommt. Aber braucht man auch immer Warmwasser? Also den Hebel zur Seite auf Kalt. Das in der Leitung stehende Wasser ist trotzdem warm genug fürs Händewaschen. Eigentlich könnte die Industrie Mischer anbieten, die mittig kalt sind, oder?

ZirkulationsleitungWie weit ist es vom Heizraum zum Bad? Brauchen Sie wirklich eine Zirkulationsleitung? Ist das Bad über der Heizung d. h. es gibt nur senkrechte Leitungen, braucht es keine Zirkulation. Bei langen waagerechten Leitungen ist es etwas anderes. Nehmen Sie ihr Protokoll zur Hand. Wann wird wo Warmwasser gebraucht? Also reicht es doch, wenn während dieser Zeit die Zirkulationspumpe läuft. Wenn das Programm keine Einstellung zulässt, eine billige Zeitschaltuhr in die Steckdose einsetzen. Ist die kleine Pumpe Marke uralt? Hat sie mehr als 25 Watt, sollte sie erneuert werden.

SpülmaschineSchließen Sie sie am Warmwasser an. Geht ohne Probleme mit einem anderen Eckventil. Spülwasser mit dem Heizkessel (oder noch besser alternativer Energie) warm zu machen ist allemal billiger als mit Strom.

WaschmaschineGleiches gilt für die Waschmaschine. Nur braucht es hier ein Vorschaltgerät mit Warm- und Kaltanschluss oder eine neue Waschmaschine, die hat dann schon zwei Anschlüsse. Die Kochwäsche haben wir uns schon lange abgewöhnt, denn sie muss wirklich nicht sein.

Maschinen VollgasWas haben Spül- und Waschmaschine, Kühlschrank, Gefriertruhe und Auto gemeinsam? Je voller sie sind, desto weniger Energie brauchen sie. Klingt paradox, ist aber so.

VorlauftemperaturDas ist die Temperatur, die der Heizkessel in die Heizleitung schickt, um oben den Heizkörper warm zu machen. Sie haben als Energiesparer bestimmt schon ein kleines Infrarotmessgerät für Oberflächentemperaturen: Wie heiß ist denn der Heizkörper am Rohreingang? Können Sie es noch anfassen?
Reduzieren Sie die Vorlauftemperatur. Dies geschieht unterschiedlich je nach Regelungssystem. Heizkurve, Raumtemperatur, -temperatur sind hier im Spiel. Es nutzt nichts, hier müssen Sie sich einlesen. Ziel: Die Vorlauftemperatur muss runter. Wie beim Duschen immer ein bisschen, bis es zu kalt im Raum wird.

RücklauftemperaturWie warm kommt das Heizwasser zurück? Wenn die Rücklauftemperatur nur ein wenig niedriger ist als die Vorlauftemperatur, dann passt es. Sie haben einen Gasheizkessel mit Brennwerttechnik? Achten Sie darauf, dass die Rücklauftemperatur immer unter 42°C liegt, damit sie auch die Kondensatwärme der Brennwerttechnik nutzen können. Der Kondensatablauf muss immer laufen. Wenn er trocken ist, ist die Rücklauftemperatur zu hoch, Sie verschenken die Kondensatwärme.




ThermostatventileHand aufs Herz: Wie alt sind sie? Älter als 20 Jahre? Dann raus damit ohne Ansehen. es rentiert sich wirklich, denn je älter, desto größer ist die Spreizung Öffnen-Schließen.
Sind die Ventile hinter einem Vorhang oder abgedeckt? Freilegen, damit sie richtig arbeiten können.

HeizkörperDavor hängt ein schöner Vorhang? Weg damit oder auf Fensterbretthöhe abschneiden. Die schönen Heizkörperverkleidungen aus den 70ern abbauen.
Bei Gliedergußheizkörpern kann man durchschauen, man sieht die Spinnweben. Bei Rippenheizkörper (Blech) ist der Korpus geschlossen, oben nur ein Gitter. Legen Sie mal einen Spiegel unter den Heizkörper und leuchten oben in den Heizkörper, aber erschrecken Sie nicht. Also Verkleidung abbauen und auswaschen. Staub und Spinnweben behindern die freie Luftdurchströmung. Unterschätzen Sie nicht, wie stark sich die Heizleistung dadurch reduziert.

HeizungsleitungWarum wird der Heizkörper warm? Weil vom Heizkessel eine Leitung mit Heizwasser hinführt. Befühlen Sie mal diese Leitungen in Ihrem kalten Keller. Sind sie warm? Dann sollten sie schnell gedämmt werden. Wir wollen die Wärme im Wohnzimmer, nicht im Keller. Dämmungen mit Gipsschalen waren vor 50 Jahren mal "in", taugen heute aber nichts mehr. In Heimwerkerarbeit runter. Wie dick soll die Dämmung sein? Mindestens so dick wie der Rohrdurchmesser. Und Abzweige, Armaturen und mehr nicht vergessen.

Hydraulischer AbgleichDie Umwälzpumpe schickt das Heizungswasser im Verteilsystem herum. Naturgemäß geht es Weg des geringsten Widerstandes, fließt lieber auf kurzem Weg in die ersten Heizkörper nach der Heizung als in die weit entfernten.
Diese Hydraulik kann man lenken. Jeder Heizkörper hat ein Thermostatventil. In dessen Innern kann man einstellen, wieviel Heizwasser der Heizkörper bekommen soll. Dies ist abhängig vom Durchfluss, vom Wärmebedarf des Raumes und von der Leistung des Heizkörpers. Richtig eingestellt, werden die Heizkörper gleichmäßig versorgt, Pumpenleistung und Vorlauftemperatur können runter.

Heizungs-CheckIch bin immer überrascht, wie viele Anlagen auch im Sommer im Winterbetrieb arbeiten, Temperaturen mit 80° sind keine Seltenheit. Lassen Sie sich vom Kaminkehrer oder Heizungsbauer helfen. Gemeinsam betrachtet man Voreinstellungen, Zustand, Verbrennungsluft, Verluste durch Abstrahlung, Abgas, Stillstand. Wie oft lassen Sie Ihr Auto checken? Und wann war der Check der Heizung? Schätzen Sie mal, wer mehr Energie verbraucht.

LuxusEin bisschen Luxus braucht jeder, aber muss im Herbst der Pool beheizt werden? Legen Sie einen Solarkollektor dafür aufs Dach oder stellen eine kleine Wärmepumpe hin. Das ist allemal besser und preiswerter als dafür die Gasheizung anzuwerfen. Und oft sind die unterirdischen Leitungen vom Heizraum zum Pool miserabel gedämmt. Lässt sich nicht mehr ändern, also ändern wir die Wärmequelle. Ganz einfach oder?

SaunaSie braucht nun mal viel Wärme und Energie. Was wiegt mehr? Das muss jeder für sich entscheiden. Aber vielleicht kann man hier auch mit erneuerbarer Energie nachhelfen.


LegionellenDie Keime werden durch vernebeltes Wasser lungengängig. Sie leben am liebsten im abgestandenen Süßwasser bei 30-45°C in Kunststoffleitungen. Eisen-, Zink- oder Edelstahlleitungen mögen sie weniger und 60°C Temperatur überleben sie nicht.
Wir wollen Energie sparen und senken die Temperatur. Gut für die Energie, aber auch gut für die Keime. Aber bitte nicht in Panik verfallen. Im Haus gibt es wenige Leitungen, die verbracken. Nach der Urlaubszeit spült man die Leitungen durch. Das Steuerprogramm des Warmwasserspeichers heizt jede Woche einmal auf 60° hoch. Dies passiert am besten früh, wenn der Warmwasserspeicher sowieso hochgefahren wird. Kann es das System noch nicht allein, tun Sie es manuell. Wann sind Sie regelmäßig sowieso im Keller / Heizraum? Regelmäßiges wird zum Ritual.

FlüssiggasErdgas kommt aus der Erde. Und Flüssiggas? Es wird aus Erdgas oder Erdöl hergestellt. Also macht es doch auch Sinn, Flüssiggas zu sparen. Natürlich will keiner den Grillmeistern den Spaß verderben, zum Glück ergänzen sich Heizbeginn und Grillende. Einzig die Heizpilze wachsen dann wieder, wenn uns Corona wieder aussperrt.

Woanders gesehen
Oft sparen wir im täglichen Leben, daheim, im Beruf, unterwegs aus Erfahrung Arbeitsenergie oder unnötige Wege. Dass weniger Stop-and-Go beim Autofahren Sprit spart, wissen wir. Macht der Heizkessel Stop-and-Go? Siehe Heizungscheck. Vieles aus dem Alltag kann man bildlich auch aufs Energiesparen übertragen. Haben Sie Phantasie, probieren Sie es aus.

Energie sparen ja, aber vernünftig und nicht koste was es wolle.

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