Das Wichtigste für Hausbesitzer zur Fernwärme "Verbraucherfreundlich ist das A & O bei Fernwärme"

August 2024

Fernwärme wird als wichtiger Baustein der Wärmewende gehandelt, um unabhängig von Gas und Öl aus dem Ausland zu werden und um die Klimaziele zu erreichen. Voraussetzung dafür ist die kommunale Wärmeplanung, die in Großstädten bis Mitte 2026, und bei kleineren Kommunen bis Mitte 2028 vorliegen soll. Zudem plant die Bundesregierung eine Änderung der Fernwärme-Verordnung. Der Verband Wohneigentum macht sich für einen zügigen und verbraucherfreundlichen Ausbau der Fernwärme stark. Doch viele Tücken stecken im Detail.

Grafik Deutschlandkarte und
Stand der Dinge zu Redaktionsschluss (8/2024): Laut Bundesbauministerium ist die KWP in sechs Bundesländern bereits verpflichtend: Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. In Berlin sind die Wärmeversorger verpflichtet, Wärmekataster und Dekarbonisierungspläne für Fernwärme zu erstellen. In NORDRHEIN-WESTFALEN werden die rechtlichen Voraussetzungen für eine KWP gerade geschaffen. In den anderen Bundesländern gibt es zum Teil Wärmekataster oder die Wärmeplanung wird als zentrales Element in Klimaschutzgesetzen genannt. Eine gesetzliche Verpflichtung für eine KWP gibt es jedoch bislang noch nicht.   © BMWSB

Es klingt verlockend: Wer Fernwärme bezieht, braucht sich über das Heizsystem im Haus und die Kosten dafür nicht den Kopf zu zerbrechen. Fernwärme entsteht als Abwärme in Kraft- oder Heizwerken und bei der Müllverbrennung und fließt über heißes Wasser in isolierten Rohrsystemen in die Häuser. Die Bundesregierung plant, dass künftig jedes Jahr 100.000 Wohnungen an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Im Jahr 2045 soll jeder dritte Haushalt so heizen. Da gibt es viel zu tun: Bislang werden laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) nur gut 15 % aller Wohneinheiten in Deutschland mit Fernwärme versorgt, mit rund 70 % sind Gas und Öl weiterhin die häufigsten genutzten Energieträger.

Warten auf die Wärmeplanung

Wärmeplanung in Kommunen
Zahlreiche Kommunen haben bereits eine Wärmeplanung vorgenommen/diese beschlossen: Vorreiter-Kommunen sind: Bad Dürkheim, Berlin, Dresden, Erfurt, Flecken Steyerberg, Frankfurt am Main, Freiburg, Hanau, Haldersleben, Hannover, Hamburg, Koblenz
Landkreis Lörrach, Landkreis Steinfurt, Landkreis St. Wendel, Leipzig, Lübben, Mainz, München, Norderstedt, Potsdam, Rostock, Stuttgart, Sylt, Wiesbaden (Stand 8/2024)   © BMWSB
Damit die Fernwärme tatsächlich eine weitreichende, klimaschonende und verbraucherfreundliche Alternative zur Wärmepumpe wird, gilt es hierzulande, etliche Hürden zu meistern. Zunächst wäre da die kommunale Wärmeplanung (KWP): Ihre verbindliche und systematische Einführung in ganz Deutschland ist im Wärmeplanungsgesetz festgeschrieben. Der Bund unterstützt finanziell und beratend bei der Erstellung der Wärmepläne, dazu müssen die Bundesländer Vorgaben erlassen, auf deren Basis Kommunen dann Wärmepläne erstellen. Stand der Dinge zu Redaktionsschluss (8/2024): Laut Bundesbauministerium ist die KWP in sechs Bundesländern bereits verpflichtend: Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen und gut jede fünfte Stadt (21 %) damit befasst.

Problem: Informationen für Heizungsplanung fehlen

Peter Wegner, Präsident des Verbands Wohneigentum, verweist vor diesem Hintergrund auf ein grundsätzliches Problem: Den Verbrauchern, die aktuell über eine neue Heizung nachdenken müssen, fehlten vielerorts durch die ausstehende Wärmeplanung noch wichtige Informationen. "Sie brauchen für ihre Investitionsentscheidung schnellstmöglich Antworten auf die Frage, ob und wann sie ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung an ein Wärmenetz anschließen können und unter welchen Umständen sie es vielleicht sogar müssen."

Ohne eine klare Antwort auf diese Frage stecken sie in einem Dilemma: Wenn Hauseigentümer*innen mit der Beantragung der Fördermittel für den Heizungstausch auf die Wärmeplanung in ihrer Kommune warten, ist womöglich der Fördertopf leer. Wenn sie sich jetzt den Zuschuss oder auch den zusätzlichen Ergänzungskredit sichern, planen sie für einen Heizungstausch, ohne die Bedingungen vollumfänglich zu kennen. "Hier", so Wegner, "kann es nur eine Lösung im Sinne der Energiewende geben: Wir brauchen eine zuverlässige Heizungsförderung ohne neue Vorgaben, bis die Wärmeplanung im ganzen Bundesgebiet steht. Weitere Verunsicherungen können Menschen mit Wohneigentum nicht gebrauchen."

Wärmepumpe? keine Anschlusspflicht!

Wer jetzt eine neue Heizung installieren muss, steht vor einer wichtigen Entscheidung, die oft ohne kommunale Wärmeplanung getroffen werden muss. Doch was bedeutet es beispielsweise für Besitzer von Wärmepumpen, wenn ihr Gebiet später an ein Fernwärmenetz angeschlossen wird und es womöglich eine Pflicht zum Anschluss geben wird? Grundsätzlich ist es unter bestimmten Bedingungen zwar zulässig, dass eine Gemeinde mit Fernwärme einen "Anschluss- und Benutzungszwang" ausübt, damit sich die teuren Ausbaukosten rentieren. Ein Gutachten im Auftrag des Bundesverbands Wärmepumpen zeigt aber, dass man nicht befürchten muss, später zum Anschluss an ein neues Fernwärmenetz gezwungen zu werden, wenn man eine klimafreundliche Heizung wie eine Wärmpumpe betreibt. Ein solcher Zwang wäre "praktisch in allen Fällen unverhältnismäßig und sei daher unzulässig", heißt es in dem aktuellen Rechtsgutachten. Verband-Wohneigentum-Präsident Wegner ergänzt: "Einen Anschlusszwang lehnen wir ab, denn er ist ein zu großer Eingriff in die Privatsphäre der Menschen. Wärmenetze müssen an sich überzeugen - als eine bezahlbare Möglichkeit, klimafreundlich zu heizen!"

Fernwärme darf kein Monopol sein

Ein weiteres Problem für Verbraucher und Verbraucherinnen: Wer mit Fernwärme heizt, muss häufig vergleichsweise tief in die Tasche greifen und ist an den Anbieter gebunden. Durch ihre Monopolstellung unterliegen Fernwärmenetze bislang keiner allgemeinen Preisregulierung. Die Monopolkommission, welche die Bundesregierung berät, warnte bereits davor, dass die Preise weiter steigen, da Fernwärme in der angestrebten Energiewende künftig immer wichtiger werde. Peter Wegner: "Die Perspektive der ‚kleinen‘ selbstnutzenden Wohneigentümer ist dabei unbedingt zu berücksichtigen, denn sie sind es, die die Wärmewende im Eigenheim umsetzen müssen. Energie aus Wärmenetzen muss bezahlbar sein", fordert er weiter. "Es verbietet sich, dass kommunale Wärme teurer ist, man aber durch Anschluss- und Benutzungszwang zur Umsetzung gezwungen wäre. Verbraucherfreundlich ist das A & O bei Fernwärme!"

Fernwärme braucht faire Preise

Derzeit ist es wenig transparent, wie Preise bei Fernwärme gebildet werden. Kunden von Fernwärme mussten seit 2021 drastische Preissteigerungen hinnehmen, die aus Sicht unseres Partners Bundesverband Verbraucherzentrale (vzbv) nicht gerechtfertigt sind. Seit Oktober 2021 ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Fernwärmeanbieter im Internet klar und verständlich unter anderem über Formeln zur Preisberechnung und Energieverluste beim Transport der Wärme berichten müssen. Dies hatte der vzbv bei 330 Anbietern überprüft: Gegen zwei Fernwärmeanbieter, die die gesetzlichen Vorgaben nur unzureichend umgesetzt hatten, gingen die Verbraucherschützer erfolgreich gerichtlich mit einer Sammelklage vor. Erstmals konnten dabei gebündelt (Rück-)Zahlungsansprüche von Verbrauchern, die sich auf demselben Sachverhalt gründen, gegenüber den Unternehmen geltend gemacht werden.

Seit April lassen sich die Preise von Fernwärme auf einer neuen Preistransparenz-Online-Plattform vergleichen. Dort ist unter anderem eine Preisübersicht verschiedener Anbieter zu finden, Initiatoren sind der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK (AGFW), der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU).

Habeck: mehr Transparenz für Fernwärme-Kunden

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck möchte nun Verbraucher von staatlicher Seite vor zu hohen Preisen bei Fernwärme schützen und mehr Kostentransparenz herstellen, teilte sein Ministerium mit. Eine Reform der Fernwärme-Verordnung (AVBFernwärmeV) solle das ändern. Geplant ist beispielsweise, dass die Veröffentlichungspflichten von Fernwärme-Versorgungsunternehmen noch einmal erweitert werden, um Preisänderungen noch nachvollziehbarer zu machen. Auch die Laufzeit für Folgeverträge soll von 10 auf 5 Jahre verkürzt werden. Der Verband Wohneigentum begrüßt die Pläne des Ministers. "Es ist wichtig, Verbraucherrechte zu stärken und insbesondere eine bundesweite Preisaufsicht zu etablieren", erklärt Verbandspräsident Peter Wegner.

Schrittweise CO2-frei

Fernwärme wird derzeit überwiegend aus Kohle oder Gas erzeugt. In Zukunft müssen jedoch vermehrt erneuerbare Energien wie Erdwärme zum Einsatz kommen. Das Wärmeplanungsgesetz für klimaneutrale Fernwärme schreibt vor, wie Fernwärme schrittweise CO2-frei werden soll.

  • Bereits ab dem 1. Januar 2024 müssen in jedes neue Wärmenetz mindestens 65 % erneuerbare Wärme eingeleitet werden.

  • Bis zum Jahr 2030 soll die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral erzeugt werden. Die Wärmenetze sollen bis dahin zu 30 % und bis 2040 zu 80 % mit Wärme aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme gespeist werden.

  • Bis 2045 müssen alle Wärmenetze klimaneutral sein. Es muss dann also 100 % erneuerbare Energie eingeleitet werden.

Dänemark: Fernwärme mit Gemeinnützigkeitsgebot

Das Beispiel Dänemark zeigt, dass es anders geht: Dort unterliegt Fernwärme einem Gemeinnützigkeitsgebot. Das bedeutet: Mit Fernwärme wird kein Gewinn gemacht, der Preis darf dort nur den Betrag decken, der für die Herstellung und Verteilung benötigt wird. Gemeindeordnungen sollten in diesem Sinne angepasst werden. Zudem sollten Bürgerinitiativen und Genossenschaften bei der Entwicklung und Umsetzung von regionalen Möglichkeiten wie Nahwärmelösungen vom Staat unterstützt werden.

Anna Florenske

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