Nähen mit Herz

Die Herzkissen, die sie mit viel Liebe für Brustkrebspatientinnen nähen, haben sie bekannt gemacht. Die Frauen der Gemeinschaft Oberlauchringen im Verband Wohneigentum gewannen dafür im Jahr 2015 den Ehrenamtspreis des Landes Baden-Württemberg. Auf diesem Erfolg ruhten sich die Oberlauchringerinnen aber nie aus. Im Gegenteil: Inzwischen nähen sie schon in zwei Gruppen, immer wieder schließt sich eine weitere Frau an - mit immer neuen Ideen. Verena Wunderlich und Andrea Schneider erzählen im Interview mit Anna Florenske, worum es ihnen beim "Nähen mit Herz" geht.

Frauen der Gemeinschaft Oberlauchringen
Sie nähen mit "Herz": Die Frauen der Gemeinschaft Oberlauchringen   © Herbert Schnäbele

Man kann in der Freizeit wandern, Bingo spielen oder Wellness machen. Warum verbringen Sie so viel Zeit mit dem Nähen?
Verena Wunderlich und Andrea Schneider: Eine Angabe über die Zeit der ehrenamtlichen Arbeit ist sehr schwierig. Es sind viele unterschiedliche Arbeitsabläufe wie Einkauf von Stoffen und Füllmaterial, Organisation, Kontakthalten mit Kliniken und sozialen Einrichtungen, Auslieferung der genähten Sachen ... Alle in der Gruppe sind mit Herzblut dabei und so zählt auch niemand die "Arbeitsstunden". Wir sind eine sehr harmonische Gruppe und es macht Spaß, hier mitzuwirken. Bei unseren Treffen kommt auch die Geselligkeit nicht zu kurz. Aber wir nähen ja nicht nur: Sehr beliebt ist auch der gemeinsame "Neujahrshock" (Anmerkung der Redaktion: "Hock" ist eine süddeutsche Bezeichnung für "gemütliches Beisammensein").

Wie entstand die Idee zu "Nähen mit Herz?"
Verena Wunderlich: Unter dem Motto "Nähen mit Herz" treffen sich das ganze Jahr über zwei Gruppen in unserem Vereinsheim in Oberlauchringen. Wir verfolgen ein gemeinsames Ziel: Menschen in besonderen Lebenssituationen zu unterstützen und ihnen mit den von uns gefertigten Sachen zu zeigen "Wir denken an Dich. Du bist nicht allein." Bereits seit 2005 hatten wir verschiedene Angebote für die Frauengruppe unserer Gemeinschaft wie Basteln, Ausflüge, Aktionen für Kinder oder Vorträge. Als eine Kollegin aus der Gruppe an Brustkrebs erkrankte, suchten wir nach einer Idee, wie wir ihr und anderen Frauen etwas Gutes tun können. Wir fanden dann im Internet die Herzkissen. Manchmal sind es kleine Ideen, die eine große Wirkung entfalten.
Zu Beginn der Aktion Herzkissen haben wir getestet, welche Stoffe und Füllmaterialien geeignet sind und haben Kontakt mit Kliniken aufgenommen. Im April 2011 starteten wir unsere Aktion Herzkissen und schon beim nächsten Treffen stellen wir das 2.000ste Herzkissen fertig.
Andrea Schneider: 2016 wurde eine weitere Nähgruppe ins Leben gerufen. Diese trifft sich aus berufl ichen oder familiären Gründen abends und näht für verschiedene soziale Einrichtungen.
Beide Gruppen sind stets offen für neue Projekte.

Herzkissen
"Manchmal sind es kleine Ideen, die eine große Wirkung entfalten."   © Oberlauchringen/VWE

Als erstes gab es die Herzkissen, inzwischen ist ihr Repertoire viel größer geworden. Was genau nähen Sie denn alles?
Wunderlich: Die Kliniken erhalten Herzkissen sowie spezielle Taschen für die Aufbewahrung der Drainageflaschen nach der Operation. Dazu nähen wir Mützen für die Krebspatientinnen,
auch die spenden wir.
Schneider: Pflegeheime und Tagespflegen überraschen wir seit 2016 regelmäßig zu Weihnachten mit Luftballonhüllen. Das sind aufwendig gefertigte Stoffhüllen, die mit einem Luftballon gefüllt werden - so lässt sich der Ball prima werfen oder kicken. Die Hüllen sind waschbar, und weil ein Ballon darin steckt, kann man sich beim Zuwerfen nicht verletzen.
Wir verschenken ebenfalls Nesteldecken und Murmel-Labyrinthe. Diese werden zur Beschäftigung, aber auch zur Verbesserung der Motorik und zur Therapie eingesetzt.
Schürzen und Lätzchen nähen wir bei Bedarf für unser Familienzentrum Lauchringen und die Körperbehinderten-Schule mit Kindergarten "Wutachschule Waldshut-Tiengen". Unser neuestes Projekt sind "Sternenbettchen und Einschlagdecken" für Früh-, Fehl- oder Totgeburten, plus Mützchen und Söckchen oder Schühchen für Frühchen. Jedes Stück ist ein mit Liebe gefertigtes Unikat.

Und wie kommen Ihre schönen kleinen Kunstwerke dann an Frau, Mann oder das Kind?
Schneider: Wir vereinbaren mit den Einrichtungen Termine. Es ist wundervoll, die Betroffenen zu beschenken, aber auch etwas Zeit mit ihnen zu verbringen. Auch die Übergabe der Lätzchen erfolgt selbstverständlich persönlich. Die Sternenbettchen und Einschlagdecken mit den Mützchen und Söckchen bringen wir in verschiedene Krankenhäuser und Kinderkliniken, die dann bei Bedarf auf unsere mit Herz gefertigten Sachen zurückgreifen können.
Wunderlich: Unsere Treffen richten sich nach dem Bedarf an den Kliniken. Diese geben uns telefonisch Bescheid, kurz bevor der Vorrat an Herzkissen aufgebraucht ist. Spätestens dann geht es wieder ran an die Nähmaschinen.

Wo nähen Sie denn? Wie finanzieren Sie Material und Ausstattung?
Wunderlich: Die Gruppen treffen sich im Vereinsheim. Um unsere wundervollen vielseitigen Projekte zu ermöglichen, sind wir von Beginn an auf Menschen angewiesen, die unsere Arbeit schätzen und uns helfen möchten. Das Material und die Ausstattung werden ausschließlich über Spenden finanziert.

Sind Sie mit Ihren Ideen gleich auf große Akzeptanz gestoßen?
Schneider: Wir hören vom Klinikpersonal und den Betreuern genauso wie auch von Betroffenen, wie wertvoll und wichtig unsere Arbeit für sie ist. Auch das Feedback, das wir aus der Bevölkerung bekommen, ist durchweg positiv. Das freut uns sehr.

Gruppenbild Neujahrshock
Engagiert bei der Sache: die Frauen der Gemeinschaft Oberlauchringen   © Oberlauchringen/VWE

In Ihrer Gruppe sind derzeit 28 Frauen regelmäßig aktiv. Wie kann man vorgehen, wenn man so eine Herz-Näh-Gruppe gründen möchte?
Wunderlich:Konkrete Tipps für neue Nähgruppen zu geben ist schwierig. Viel ist zu klären:

  • Wer steht als Ansprechpartnerin bereit? Wer organisiert und wie kann die Finanzierung abgedeckt werden?

  • Auch braucht es einen größeren Raum für die Treffen und einen Lagerplatz für Stoffe und Produkte.

  • Fragen Sie bei Kliniken und sozialen Einrichtungen an, was sie an genähten Sachen brauchen oder sich wünschen.

  • Ein gutes Miteinander in der Gruppe ist definitiv einer der wichtigsten Punkte. Nur wenn alle Mitwirkenden an einem Strang ziehen und sich gut verstehen, ist die Arbeit effektiv
    und bringt Freude!

Ihre Arbeit ist engagiert und ehrenamtlich. Was macht den Reiz für Sie selbst aus?
Wunderlich: Es sind immer wieder die sehr netten und berührenden Briefe und Telefongespräche mit Patientinnen, die unsere Arbeit sehr schätzen. Oftmals rufen die Patientinnen gleich nach der Operation aus dem Krankenzimmer an. Ein geschenktes Herzkissen ist für Brustkrebspatientinnen mehr als ein Symbol. Die Kliniken sind uns auch sehr dankbar für unsere Unterstützung mit den Herzkissen. Diese Wertschätzung unserer ehrenamtlichen Arbeit motiviert und gibt wieder Impulse für neue Ideen.
Schneider: Es gibt uns so viel, Menschen in besonderen Situationen zu helfen. Sei es das Lächeln der Kinder, die über die hübschen bunten Lätzchen staunen oder die Freude der Senioren, die sich nicht nur über die von Hand gefertigten Sachen freuen, sondern auch über die Menschen, die sie zu Weihnachten besuchen und beschenken. Die mit ihnen reden, spielen oder gar Weihnachtslieder singen. Ob jung oder alt - es ist so schön, unseren Mitmenschen zu zeigen: Wir denken an euch und möchten euch Freude schenken.
Nach einem Bericht in einer lokalen Zeitung über unsere "Sternenbettchen-Aktion" war die Resonanz enorm. Es gab viele liebe Nachrichten von Betroffenen, die Danke sagen wollten oder von Menschen, die gerührt sind und unsere Aktion, genauso wie wir selbst, unheimlich wertvoll und wichtig finden. Auch konnten wir durch den Bericht neue Strickerinnen für Mützchen, Schühchen und Söckchen gewinnen. Auch hilfreich: Alte, funktionstüchtige Nähmaschinen und zahlreiche Stoffe wurden uns gespendet. Es kann also weitergehen ...
Wunderlich: (lacht) ... ja, auf jeden Fall!

Infos: www.verband-wohneigentum....rlauchringen

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