Kommune schafft STRABS im Alleingang ab
Dezember 2024
Wenn das Land sich nicht bewegt, kann die Kommune in vielen Fällen auch eigenständig gegen die Straßenausbaubeitragssatzungen (STRABS) vorgehen. So geschehen im saarländischen Friedrichsthal. Im Interview erzählt die stellvertretende Landesvorsitzende und Rechtsanwältin Elsa Wainer, wie dieser Erfolg zustande kam. Ein Erfolgsrezept?
Verband Wohneigentum: Wenn Straßen und Gehwege erneuert werden müssen, bitten Kommunen nicht selten die Anwohner zur Kasse. Gemäß den Straßenausbaubeitragssatzungen (STRABS) werden Menschen mit Wohneigentum immer noch in einigen Bundesländern wie dem Saarland verpflichtet, einen bis zu fünfstelligen Anteil an der Straßensanierung aus eigener Tasche zu bezahlen. Frau Wainer, warum wehrt sich der gemeinnützige Verband Wohneigentum seit langem gegen die Straßenausbaubeiträge?Elsa Wainer: Der Verband Wohneigentum wehrt sich gegen diese Beitragserhebung, denn sie belastet Hauseigentümer über Gebühr. Wir sind der Meinung: Straßen gehören zur Grundinfrastruktur. Wir zahlen Steuern und dann ist es auch nicht zu viel verlangt, wenn die Kommune oder das Land dafür sorgen, dass unsere Straßen auch in einem annehmbaren Zustand sind. Ohne dass der jeweilige Bürger nochmal zusätzlich zu den Abgaben, die er ja sowieso schon leistet, belastet wird.
Verband Wohneigentum: Dieser Argumentation sind bereits viele Bundesländer gefolgt und haben die STRABS abgeschafft, zum Beispiel Bayern, Berlin, Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt und zuletzt NRW. Bremen und Baden-Württemberg hatten nie Ausbaubeiträge. Einige Länder wie Hessen, Niedersachsen und Sachsen haben eine sogenannte "Kann-Regelung" wie bei Ihnen, im Saarland. Was bedeutet die?
Elsa Wainer: Die STRABS werden im Saarland nach dem § 8 Kommunalabgabengesetz und dem § 83 Kommunales Selbstverwaltungsgesetz gestützt. Und im § 8 steht eben drin, dass die Gemeinden Beiträge erheben können. Heißt also: die dürfen, wenn sie mögen, aber sie sind nicht dazu verpflichtet. Auch der § 83 erhebt keine Rechtspflicht für Kommunen, Straßenausbaubeiträge zu erheben. Das heißt im Umkehrschluss, dass ein Land eine Kommune eigentlich auch nicht zwingen darf.
Verband Wohneigentum: Stichhaltige Argumente, dazu Protest in Form von Demonstrationen und eine Unterschriftenaktion konnten auf Landesebene im Saarland leider noch nicht bewirken, dass die STRABS abgeschafft wurden. Doch nun konnten Sie in Ihrer Kommune einen lokalen Erfolg erringen: Die Stadt Friedrichsthal schafft die STRABS im Alleingang ab. Gratulation!
Elsa Wainer: Danke schön. Der Verband Wohneigentum Saarland engagiert sich ja schon länger für die Abschaffung der STRABS. Die Argumente haben wir über die CDU-Fraktion als Antrag zur Abschaffung der Straßen- und Gehweg-Ausbaubeitragssatzung in den Stadtrat eingebracht. Darin wurde dargelegt, dass wir nicht verpflichtet sind, diese Beiträge zu erheben. Der Rat hat einen Mehrheitsbeschluss gefasst und entschieden: Die Straßenausbaubeitragssatzung aus dem Jahre 1994 wird abgeschafft. Wir konnten sehr schnell überzeugen mit dem Argument, dass man die Bürger nicht über Gebühr belasten sollte. Auch die Tatsache, dass etliche Bundesländer die STRABS bereits abgeschafft haben oder nie hatten, wirkte.
Verband Wohneigentum: Ihr Beispiel macht Hoffnung. Ist Ihre Vorgehensweise, lokal gegen die STRABS vorzugehen, wenn das Land sich (noch) querstellt, eine Option auch für andere Kommunen, wo es noch Kann-Regelungen gibt - beispielsweise Hessen und Sachsen?
Elsa Wainer: Ja, denn mit der Kann-Regelung zur STRABS gilt: ‚Wir können, wir müssen aber nicht!‘ Wie wir im Saarland haben beispielsweise auch andere Kommunen eine Chance zu sagen: ‚Wir schaffen unsere Satzung ab.‘ Es macht Sinn, sich dafür zu engagieren. Denn vor allem Menschen, die in ihrer eigenen Immobilie leben, sparen oft jahrzehntelang für das eigene Haus, die eigene Wohnung. Sie haben vielfach nicht das Geld, um weitere Belastungen zu stemmen.
Interview: Anna Florenske