Forward-Darlehen Nicht immer hilfreich

August 2022

Jetzt ist sie da: die Zinswende. So munkelt es aktuell an vielen Stellen. Tatsächlich stiegen die Zinsen für Immobilienfinanzierungen in den letzten Wochen relativ stark an. Um der Angst vor steigenden Zinsen und damit höheren Kosten vorzubeugen, können sich Kunden mit laufenden Darlehensverträgen über sogenannte Forward-Darlehen einen festen Zinssatz sichern. Doch Vorsicht: Forward-Darlehen sind nach Aussage unseres Finanzexperten Helmut Weigt nichts anderes als eine Wette auf die Entwicklung der künftigen Zinsen. Ob sich ein Trend wirklich fortsetzt, kann niemand mit Bestimmtheit vorhersagen.

Geldschein über Haus
Die Chance eines Forward-Darlehens liegt darin, sich bereits heute konkrete Konditionen für eine Anschlussfinanzierung zu sichern. Das Risiko besteht in der Unsicherheit, ob diese Konditionen tatsächlich besser sind als die unvorhersehbaren, künftigen Konditionen bei Ablauf des aktuellen Vertrages.   © pixabay

Bei einer Forward-Finanzierung schließt man bereits heute einen neuen Darlehensvertrag ab, der zum Ende der Zinsbindung des aktuellen Vertrages gültig wird. In der Regel wird der neue Darlehensbetrag in Höhe der voraussichtlichen Restschuld des alten Vertrages am Ende der Zinsbindung vereinbart. Der neue Darlehensbetrag kann aber auch höher (z. B. bei zusätzlichem Kapitalbedarf) oder auch geringer (z. B. durch die Reduzierung mit vorhandenem Eigenkapital) vereinbart werden. Als Geldgeber kommt für dieses Modell das aktuelle Kreditinstitut in Frage, es ist aber auch möglich, den Vertrag bei einem anderen Geldgeber abzuschließen.

Chancen und Risiken

Helmut Weigt
Helmut Weigt, Finanzökonom und Finanzfachwirt, Vorsitzender Verband Wohneigentum Rheinland-Pfalz   © Privat
Da ein Forward-Darlehen nicht nur für den Darlehensnehmer eine "Wette auf die Zukunft" darstellt, sondern auch für die Anbieter solcher Modelle, erheben Geldinstitute (zur eigenen Risiko-Minimierung) einen Zinsaufschlag auf die aktuellen Konditionen des Marktes. Dieser Zinsaufschlag ist umso größer, je weiter das Datum des neuen Vertrages in der Zukunft liegt. Berechnet wird dieser Aufschlag von den Banken ganz unterschiedlich, weshalb man sich die jeweiligen Angebote wirklich genau ansehen sollte.

Die Chance eines Forward-Darlehens liegt darin, sich bereits heute ganz konkrete Konditionen für eine erforderliche Anschlussfinanzierung zu sichern. Das Risiko hingegen besteht in der Unsicherheit, ob diese bereits heute gesicherten Konditionen tatsächlich besser sind als die unvorhersehbaren, künftigen Konditionen bei Ablauf des aktuellen Vertrages.

Beispiel

Nehmen wir an, die Zinsbindung Ihres Darlehensvertrages endet in knapp drei Jahren, sagen wir mal am 31.12.2025. Die planmäßige Restschuld würde beispielsweise bei rund 100.000 Euro liegen. Heute würde Ihnen Ihre Bank eine Anschlussfinanzierung mit einer 10-jährigen Zinsbindung zu einem Effektivzins von 2,50 % pro Jahr gewähren. Als Forward-Zuschlag erhebt die Bank einen Aufschlag von 0,03 % pro Monat der Forward-Phase, insgesamt also 1,02 % pro Jahr. Ihr Effektivzins für den Forward-Darlehensvertrag würde somit also 2,52 % pro Jahr betragen. Der neue Darlehensvertrag würde dann am 01.01.2026 beginnen und dessen Zinsbindung nach 10 Jahren am 31.12.2035 enden. Läge Ende 2025 der aktuell herrschenden Effektivzins über 3,52 % pro Jahr, hätten Sie Ihre Forward-Wette gewonnen, ansonsten verloren.

Alternativen

Bauspardarlehen sind ebenfalls eine Art von Forward-Darlehen, denn auch für Bauspardarlehen sind die künftigen Konditionen mit dem Abschluss des Bausparvertrages festgeschrieben. Allerdings muss man sich das Bauspardarlehen erst "verdienen", in dem man den Bausparvertrag zur Zuteilung bringt. Je nach Höhe des Bausparvertrages und der zur Verfügung stehenden Spardauer (Dauer der Forward-Phase) kann die für eine fristgerechte Zuteilung erforderliche Sparrate einen recht hohen monatlichen Aufwand darstellen. Diesen Aufwand könnte man alternativ aber auch als direkten Sondertilgungsbeitrag (sofern vertraglich vereinbart) zur Reduzierung des aktuellen Darlehensvertrages und damit zur Reduzierung der jeweiligen Anschlussfinanzierung nutzen.

Fazit

Weder ein Forward-Darlehens noch einen Bausparvertrag sollte man aufgrund der medial geschürten Angst vor steigenden Zinsen übereilt oder ungeprüft abschließen. Versierte Experten können Ihnen sicherlich wertvolle Tipps als Entscheidungshilfe geben und auch unterschiedliche Varianten oder Angebote vergleichen. Finanzexperten sollten am besten unabhängig von Geldinstituten beraten.

Helmut Weigt

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