Streit am Gartenzaun Teil 3: Überbau
Es kommt häufig zum Streit, wenn sich Nachbarn an der Grundstücksgrenze zu nah "auf die Pelle rücken". Sei es im Garten oder beim Bau von zu massiven Einfriedungen. Im letzten Teil unserer Serie geht es um das Thema Überbau. Holger Schiller, Rechtsanwalt beim Verband Wohneigentum NRW, erklärt wichtige Details. Diese Tipps gelten für Wohneigentum in Nordrhein-Westfalen. Wenn Sie in einem anderen Bundesland leben, empfiehlt es sich, zunächst einen Blick in das jeweilige Nachbarrechtsgesetz und in die entsprechenden Bauordnungen des Bundeslands zu werfen und gegebenenfalls bei der Gemeinde nachzufragen.
Rechtslage
Grundsätzlich muss der Eigentümer die Verletzung seines Grundstücks durch andere nicht dulden. Der Überbau ist eine Störung des Eigentums am überbauten Grundstück des Nachbarn. In diesem Sinne hat der Grundstückseigentümer einen sogenannten "Störungsbeseitigungsanspruch, gemäß § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Überbau ist jedoch zu dulden, wenn dem Überbauer weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit nachzuweisen ist und sein Nachbar nicht vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat. Juristisch gesehen liegt dann ein "entschuldigter Überbau" vor.
Entschuldigter Überbau oder nicht?
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen einem entschuldigten und einem unentschuldigten Überbau. Beim "entschuldigten Überbau" gehört das Gebäude ganz dem Überbauer - auch der Gebäudeteil, der über die Grenze ragt. Beim "unentschuldigten Überhang" hingegen gehören die überbauten Grundstücksteile teils dem Nachbarn, teils dem ursprünglichen Eigentümer, der durch seinen Überbau die Grenze verletzt hat.
Duldung plus Entschädigung
Der Zweck der im Gesetz angeordneten Duldungspflicht des ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit errichteten "entschuldigten Überbaus" besteht darin, eine wertvernichtende Zerstörung des Überbaus zu verhindern. Der Widerspruch muss vor oder nach objektiv erkennbarer Grenzüberschreitung so rechtzeitig erhoben werden, dass die Beseitigung des Überbaus ohne erhebliche Zerstörung möglich ist. Der Nachbar, der den berechtigten Überbau hinnehmen muss, hat zum Ausgleich zumindest einen Anspruch auf eine angemessene finanzielle Entschädigung, die sogenannte Überbaurente, die der Überbauer zahlen muss.
Rückbau wenn grob fahrlässig
Wer aber vorsätzlich oder grob fahrlässig die Grenze des Nachbargrundstückes überbaut, wird nicht geschützt. Grob fahrlässiges Handeln liegt nach der Rechtsprechung bereits dann vor, wenn der Grundstückseigentümer unmittelbar in Grenznähe baut und sich nicht fachkundig (zum Beispiel durch Einschaltung eines Vermessungsingenieurs) davon überzeugt, ob eine Grenzverletzung ausgeschlossen ist. Grob fahrlässig kann beispielsweise auch die Errichtung eines Gebäudes bei unklarem Grenzverlauf sein, ohne dass zuvor der tatsächliche Verlauf der Grenze beim Katasteramt der Kommune geklärt wurde. Wer vorsätzlich oder gar grob fahrlässig beim Bauen das eigene Grundstück verlässt, dem kann und wird auferlegt, den Überbau wieder zu beseitigen. Wer leicht fahrlässig hinüberbaut, darf zunächst abwarten, ob der Nachbar sich gegen den Überbau zur Wehr setzt und Widerspruch gegen die Grenzüberschreitung erhebt.
Rechtlich gesehen muss sich der Nachbar beeilen und sich schnell zur Wehr setzen, weil nur ein sofortiger Widerspruch nach der Grenzüberschreitung eine Wirkung entfaltet.
Wichtig: das Gespräch suchen!
Wenn Missmut zwischen Nachbarn zum Beispiel durch eine Grenzverletzung aufkommt, empfiehlt es sich, zunächst das Gespräch zu suchen. Viele Probleme lassen sich besser persönlich regeln. Schließlich ist ein gutes Verhältnis zum Nachbarn Gold wert. Wer dennoch Unterstützung braucht, kann sich als Mitglied im Verband Wohneigentum an die Rechtsberatung des Landesverbandes wenden. H.S.