Zum Entwurf des Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG)

Gemeinsames Positionspapier der vier Verbraucherverbände Bauherren-Schutzbund (BSB), Verband Wohneigentum (VWE), Verband der deutschen Wohnungseigentümer (VDWE) und Wohnen im Eigentum (WiE)

Paragrapgen-Zeichen an einer Hauswand
© pixabay

Eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes ist seit langem erforderlich. Das veraltete Gesetz hat mit wichtigen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt gehalten. Regelungslücken und zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe werden allein der Rechtsprechung zur Klärung überlassen - mit höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Den Eigentümern fehlen Instrumente, um ihr Vermögen und die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums angemessen zu kontrollieren. Entscheidungsstrukturen müssen überarbeitet werden, damit umfassende Gebäudesanierungen und bauliche Veränderungen unkompliziert umgesetzt werden können. Das Gesetz ist für Eigentümer zu komplex und mehrdeutig formuliert, weshalb es zu wenig Orientierungshilfe bietet. Daher begrüßen die Eigentümer- und Verbraucherverbände die Inangriffnahme der Reform ausdrücklich.

Der vom Bundesjustizministerium (BMJV) vorgelegte Entwurf für ein Wohnungseigentums-modernisierungsgesetz (WEModG) entspricht nicht den Anforderungen, die aus Eigentümer- und Verbrauchersicht an eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes zu stellen sind. Das BMJV hat zwar eine radikale Umgestaltung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEGesetz) auf den Weg gebracht, wichtige strukturelle Missstände bleiben jedoch ungelöst. Stattdessen werden Rechte der Eigentümer beschnitten und die Verwalterrechte im Sinne des anvisierten Systemwechsels ausgeweitet.

Damit geraten die Machtverhältnisse in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) in eine deutliche Schieflage - zugunsten der Verwalter, der Bauträger, der Auftragnehmer und Dienstleister von WEGs. Der Rechtsschutz für Auftragnehmer von WEGs wird höher bewertet als der Rechtsschutz für die Wohnungseigentümer. Die Neuregelungen werden viele neue Risiken für die Eigentümer bringen.

Das ursprüngliche Ziel des Wohnungseigentumsgesetzes, breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb eines Eigenheims zu ermöglichen, würde konterkariert.
Aus diesem Grund appellieren die Verbraucher- und Eigentümerverbände an die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz sowie die Politiker im Bundestag und Bundesrat, dringend die Interessen der Wohnungseigentümer in den Mittelpunkt der WEGesetz-Reform zu stellen.

Die Forderungen der Verbände:

  • Verbraucherorientierte Überarbeitung des Referentenentwurfs orientiert an den Problemen und Interessen der Wohnungseigentümer.

  • Keine Stärkung der Verwalterstellung, also keine Erweiterung der Befugnisse, ohne Eigentümerbeschluss zu handeln, und erst recht keine unbeschränkbare Macht, Verträge für die Eigentümer abzuschließen.

  • Erhalt der Direktansprüche sowie mehr Einsichts-, Auskunfts- und Kontrollrechte für die Eigentümer.

  • Stärkung des Verwaltungsbeirats und Entwicklung zum Kontrollorgan der Verwaltung.

  • Mehr und konkretere Vorgaben für die Jahresabrechnung, optimal wäre die Einführung einer Muster-Jahresabrechnung.

  • Keine unbeschränkte "Verfügungsmacht" für Bauträger/Aufteiler bei der Neuentstehung von Wohnungseigentum.

  • Entschärfung der Gefahren, die mit der Erleichterung von baulichen Veränderungen einhergehen.

Die Forderungen der Verbraucherverbände basieren auf der Kritik an folgenden Neuregelungen:

  • Die "rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" (Verband WEG) soll die gesamte Verantwortung und die Haftung für die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums übernehmen. Das abstrakte Rechtsgebilde "Verband WEG" soll somit für alle Schäden aufkommen, verursacht durch eine nicht ordnungsgemäße Verwaltung bzw. aufgrund von Pflichtverletzungen der Verwalter. Der Verwalter soll das Ausführungsorgan dieses Verbandes werden mit einem erweiterten Aufgabenkatalog. Ein starkes Kontrollorgan aber fehlt: Weder soll es einen gewählten Vorstand aus den Reihen der Eigentümer geben, der dauerhaft den Überblick behält, wie dies z.B. in den Niederlanden üblich ist, noch wird der Verwaltungsbeirat zum Kontrollorgan aufgewertet. Entscheidungen über Instandhaltung, über bauliche Maßnahmen und über die Finanzen der WEG sollen die Eigentümer weiterhin in der Eigentümerversammlung als dem Willensbildungsorgan des Verbands treffen. Die Versammlung findet aber in der Regel nur einmal im Jahr statt, organisiert und durchgeführt vom Verwalter.

  • Die einzelnen Wohnungseigentümer verlieren wichtige Rechte und Direktansprüche. Sie sollen nicht mehr direkt und individuell gegen Verwalter vorgehen können, wenn diese

  • ihnen die Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verweigert,

  • falsche Jahresabrechnungen trotz Feststellung der Fehler nicht korrigiert,

  • ihnen den Vermögensbericht, der neu eingeführt werden soll, nicht vorlegt,

  • Beschlüsse der Eigentümerversammlung nicht oder falsch umsetzt,

  • einen Schaden verursacht, der sich auf das Gemeinschaftseigentum oder das Sondereigentum auswirkt.

Ebenso wenig sollen sie gegen Miteigentümer oder gar Auftragnehmer der WEG vorgehen können, wenn diese ihre Pflichten oder Aufgaben verletzen. Dies soll nur noch der eher schwerfällige Verband WEG können, indem in der Eigentümerversammlung darüber entschieden wird.

  • Die gewerblich tätigen externen Verwalter, die häufig 50 - 100 und mehr WEGs verwalten, sollen zu "Geschäftsführern" der WEGs aufgewertet werden. Sie sollen über eine Generalklausel erweiterte Entscheidungsrechte erhalten, nach der sie gewöhnliche Verwaltungsmaßnahmen bis hin zu Reparaturen, Dienst- und Versorgungsverträge selbstständig in Auftrag geben dürfen. Außerdem sollen im Außenverhältnis alle Verträge, Aufträge und Kredite, die Verwalter abschließen, vergeben oder aufnehmen, für die WEG bindend sein, auch wenn Verwalter dafür keinen Beschluss der Wohnungseigentümer eingeholt haben. Zu diesem Zweck sollen sie die unbeschränkte Vertretungsmacht erhalten.

  • Die Stellung des Verwaltungsbeirats wird nicht gestärkt. Denn weder werden seine Prüfrechte erweitert noch seine Aufgaben konkretisiert - bestimmte bisherige Aufgaben wie z.B. die Prüfung von Kostenvoranschlägen wurden sogar gestrichen. Der Beirat wird auch nicht als Kontrollorgan benannt. Einzig die Anzahl der Beiratsmitglieder wird flexibilisiert und die Haftung reduziert.

  • Die Jahresabrechnung soll "vereinfacht" werden, um Anfechtungsklagen zu reduzieren. Mit den wenigen Neuregelungen werden die Jahresabrechnungen für die Wohnungseigentümer aber nicht transparenter und korrekter. Unübersichtliche, fehlerhafte Jahresabrechnungen sind eines der größten Praxisprobleme für die Eigentümer. Eine Ursache dafür sind die zu geringen Vorgaben im derzeitigen WEGesetz.

Kritik an Neuregelungen zur Entstehung von WEGs

  • Mit der Entstehung von WEGs soll die Ein-Personen-Gemeinschaft mit dem Bauträger oder Aufteiler als einzigem Mitglied eingeführt werden, die weitreichende Rechte erhält. Sie soll - Versorgungs-, Dienstleistungs- und sonstige Verträge mit langfristiger Wirkung abschließen dürfen, ohne dass dabei die späteren Wohnungseigentümer Einfluss nehmen können. Die WEG wird den Verpflichtungen aus den Verträgen so lange nachkommen müssen, bis eine Mehrheit von Erwerbern existiert, die den Bauträger überstimmen kann.

  • Bleibt ein Bauvorhaben im Rohbau "stecken", weil der Bauträger Finanzierungsprobleme hat, kann den Erwerbern über einen in der Regel längeren Zeitraum kein Besitz verschafft werden. Dann ist der Bauträger als Ein-Personen-Gemeinschaft der einzige, der gegenüber sich selbst handeln kann. Die einzelnen Erwerber können in dieser Situation nur Individualrechte aus dem jeweiligen notariellen Bauträgerkaufvertrag gegenüber dem Bauträger geltend machen. Sie haben keine Möglichkeit, unmittelbar oder mit anderen Erwerbern zusammen auf die Entstehung des Gemeinschaftseigentums hinzuwirken oder diese einzufordern, obwohl sie bereits einen Großteil des Kaufpreises gezahlt haben. Nach dem Referentenentwurf bliebe der Erwerber in der Bauphase in einer unverändert schwierigen, kritischen Situation.
    Die Folgen:
    Das Konstrukt der Ein-Personen-Gemeinschaft billigt dem Bauträger sehr viel mehr Entscheidungsmacht zu, ohne die Rechtslage der Erwerber zu verbessern und deren Risiken zu reduzieren. Das Recht, langfristige Verträge für die zukünftige WEG abzuschließen, kann mancher Bauträger missbrauchen zum finanziellen Nachteil der Wohnungskäufer. Bis zur Bildung einer werdenden Gemeinschaft besteht ein großes Machgefälle zu Ungunsten der Erwerber, die auch weiterhin das volle Risiko einer Bauträgerinsolvenz tragen müssen.

Warnung vor den Folgen dieses Systemwechsels und weiterer Neuregelungen:

  • Das Wohnen in Eigentumswohnungen droht, für die Selbstnutzer und für die Mieter teurer zu werden. Denn zum einen werden den Verwaltern keine Pflichten zum wirtschaftlichen Handeln für die WEG auferlegt, sondern sie erhalten weitreichende, unkontrollierbare Entscheidungsrechte. Für deren Handeln werden die Wohnungseigentümer bezahlen müssen. Da künftig der Verband WEG für Fehler von Verwaltern, Miteigentümern und Handwerkern mit Bezug zur WEG-Verwaltung haften soll, wird häufig Schadenersatz gezahlt werden müssen, ohne dass die WEG den eigentlichen Schädiger in Regress nimmt oder nehmen kann.

  • Es werden Strukturen geschaffen, die geeignet sind, unwirtschaftliches Handeln, Vetternwirtschaft bis hin zur Korruption zu befördern. Denn mit der Stärkung der Stellung der Verwalter als "Geschäftsführer" ohne angemessene Kontrollinstrumente für die einzelnen Eigentümer und ohne Stärkung des Verwaltungsbeirats wird missbräuchliches Verhalten erleichtert. Ob und inwieweit die WEG-Verwaltung nach diesem Systemwechsel effizienter und handlungs-fähiger werden würde - eine Begründung für den Systemwechsel im Referentenentwurfs - bleibt fragwürdig.

  • Einzelnen Wohnungseigentümern wird es zukünftig erheblich erschwert werden, effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu erhalten.

  • Die Kombination von Neuregelungen kann für viele Wohnungseigentümer hochriskant werden. Wenn z.B. alle baulichen Veränderungen nur noch mit einfacher Mehrheit beschlossen werden sollen, kann dies bei gleichzeitiger Streichung der Grenzen für die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung und Abschaffung der Beschluss-Sammlung zu intransparenten, riskanten Beschlüssen führen, die nicht dem Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer entsprechen. Außerdem können Beschlüsse gefasst werden, die für finanzschwache Eigentümer teuer werden mit Folgen bis hin zum Verlust oder Zwangsverkauf ihrer Wohnungen. Die Folgen der Kombination dieser Neuregelungen sind vom BMJV nicht ausreichend abgeschätzt worden.

  • Eigentumswohnungen würden somit insgesamt gesehen zu einem "Eigentum zweiter Klasse", was gesellschafts- und wohnungspolitischen Zielen widerspricht.

  • Die Gefahr der Verdrängung sozial schwacher Eigentümer aus Anlagen in attraktiver Lage wird deutlich erhöht. Da bauliche Veränderungen mit einfachen Mehrheiten und sehr freizügigen Kostenverteilungsregelungen einfacher als bisher beschlossen werden können, besteht die Gefahr, dass Investoren "Aufkaufstrategien" entwickeln und finanziell schwache Eigentümer verdrängen werden, um zentrumsnahe Wohnungen zu erwerben und dann teuer zu verkaufen. Dadurch wird die Preisspirale in den deutschen Großstädten noch weiter erhöht und die Gentrifizierung verstärkt.

Weitere konkrete Vorschläge enthält auch das Positionspapier "Bezahlbares Wohnen" von 13 Verbraucherverbänden und Gewerkschaften, herausgegeben vom Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) vom 14.11.2019 unter https://www.vzbv.de/sites...wohnen_1.pdf (Seite 8: Wohnungseigentumsgesetz verbraucherorientiert novellieren).

Berlin / Bonn, den 23.3.2020

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