Im Ahrtal zählt jede Hand
Die Schicksale der Betroffenen in den Flutgebieten haben uns alle erschüttert. Viele Menschen suchen nach Wegen, wie sie den Opfern des Hochwassers in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz helfen können. So wie Maike Biert, Verband Wohneigentum-Mitglied und Mitarbeiterin in der Bundesgeschäftsstelle. Seit Wochen ist sie immer wieder im Ahrtal unterwegs, um vor Ort zu helfen. Im Interview erzählt sie über ihre Erfahrungen und Eindrücke.
Was hat Sie bewogen, in das Flutgebiet zu fahren und mit anzupacken?
Maike Biert: Ich habe die schrecklichen Bilder im Fernsehen gesehen und mich anschließend über die Social-Media-Kanäle über die Situation informiert. Wir haben Freunde in Dernau, die wir tagelang nicht erreichen konnten. Über Facebook habe ich jemanden gefunden, der vor Ort nachschauen und uns Entwarnung geben konnte. Außerdem haben wir Verbindungen zu Winzern und Winzerinnen an der Ahr. Letztlich war klar, dass überall helfende Hände gebraucht werden. Ich kann nicht tatenlos zusehen, wenn nebenan ein so unfassbares Unglück passiert.
Wie sind Sie praktisch vorgegangen bei der Suche nach einer Möglichkeit zu helfen?
Biert: Ich habe mich beim DRK Ortsverband Bonn registriert, der Fahrten und Hilfen vor Ort anbietet. So hatte ich eine Mitfahrgelegenheit, eine Gruppe, der ich mich anschließen konnte und eine Organisation, die plant. Außerdem habe ich mich bei einer Firma gemeldet, die Foodtrucks besitzt und Essen an Betroffene und Helfende ausgibt. Auch hier war mir wichtig, dass alles organisiert ist.
Was war Ihr Eindruck vor Ort?
Biert: Schlimmer als die Bilder im Fernsehen. Dadurch, dass man die Ahr gar nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen hat, war der Eindruck eher so, als befände sich die Region im Kriegszustand.
Wo haben Sie die Ärmel hochgekrempelt, wie haben Sie helfen können?
Biert: Auf unterschiedliche Weise: Ich habe in der Grundschule in Dernau Sachspenden sortiert und den Menschen geholfen zu finden, was sie suchen - Hygieneartikel, Kleidung, Lebensmittel oder Spielsachen für die Kinder. Ich habe Putz abgestemmt, Schutt aus Häusern getragen, Schlamm geschippt, Essen verteilt und vor kurzem für über 100 Helfer mit Freundinnen das Abendessen gekocht, damit die Organisation vor Ort mal eine kleine Verschnaufpause hatte.
Was hat sich Ihnen besonders eingeprägt?
Biert: Die Hilfsbereitschaft und "SolidAHRität" der Menschen. Es herrscht eine unglaublich gute, harmonische Stimmung untereinander. Die Betroffenen sind unendlich dankbar und letztlich ist es meiner Meinung nach dieses Gefühl, das sie trägt und die Situation überhaupt aushalten lässt.
Was glauben Sie, ist für die Menschen heute am wichtigsten, Monate nach der Katastrophe?
Biert: Dass die Hilfsbereitschaft nicht abreißt, auch wenn die Bilder nicht mehr täglich in den Medien zu sehen sind. Es ist jetzt schon deutlich, dass immer weniger helfende Hände vor Ort sind. Wir bekommen kaum drei bis vier Menschen pro Tag, die einen Foodtruck besetzen. Häufig wird schlicht vergessen, wie wichtig eine warme Mahlzeit ist - und, dass die Ausgabestellen Anlaufpunkte für Gespräche sind. Außerdem hoffe ich, dass weiter gespendet wird, der Winter steht vor der Tür und viele habe keine Heizmöglichkeit.
Interview: Katrin Ahmerkamp
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