Der Bauvertrag BGB oder VOB?

Wer einen Vertrag über die Herstellung eines Gebäudes abschließen will, tut gut daran, sich zuvor über die rechtlichen Grundlagen Gedanken zu machen. Sollen beispielsweise die Regelungen nach Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder nach Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) gelten?

Unterzeichnen eines Vertrags
Aufgepasst beim Bauvertrag unterzeichnen: Schwierigkeiten bereiten Bauverträge später vor allem dann, wenn die wesentlichen Konditionen nicht klar geregelt sind.   © PantherMedia/pressmaster

Planen Sie einen Neu- oder Umbau und müssen demnächst Bauverträge abschließen, dann stoßen Sie bei einer Recherche schnell auf den Begriff des VOB-Vertrags. VOB steht für Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen. Verfolgt man die Diskussionen in einschlägigen (Bauherren-)Foren, gelangt man leicht zu der Einschätzung, dass versierte Bauprofis VOB-Verträge schließen - andere, die sich weniger auskennen, hingegen BGB-Verträge.

Zwei Vertragstypen

An dieser Einschätzung ist einiges richtig. Der Unterschied zwischen den beiden Vertragstypen ist folgender: Das Bauvertragsrecht des BGB gilt automatisch, wenn die Parteien nicht (wirksam) etwas anderes vereinbart haben. Es beinhaltet die Vorschriften, die nach Vorstellung des Gesetzgebers einem gerechten Ausgleich der Interessen der Parteien dienen. Allerdings sind viele Regelungen recht allgemein gehalten. Aufgrund der Vertragsfreiheit, die das deutsche Zivilrecht prägt, können die Parteien mit gewissen Einschränkungen etwas Abweichendes vereinbaren, insbesondere konkretere Regeln aufstellen, beispielsweise was Fristen angeht.

Die VOB mit ihren oft strengeren Regelungen hat anders als die BGB-Regelungen keine Gesetzeskraft, sie gilt also nicht automatisch bei Abschluss eines Bauvertrags. Die VOB besteht aus den Teilen A, B und C und enthält in ihrem Teil B "Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen" Hier werden die für den Bereich des Baurechts lückenhaften Regelungen des BGB-Werkvertragsrechts ergänzt und konkretisiert. Die VOB/B sieht bspw. eine kürzere Gewährleistungsfrist, zusätzliche formale Anforderungen sowie knappe Fristen vor, bei deren Missachtung Rechtsverluste drohen.

Diese gelten, weil sie vorformuliert und zur Mehrfachverwendung vorgesehen sind, als AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen).

Besonderheiten von AGB

Die Besonderheit an AGB besteht darin, dass bestimmte Anforderungen erfüllt sein müssen, damit sie überhaupt wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen werden. Dazu gehört, dass der Verwender der AGB - das kann der Auftraggeber oder der Auftragnehmer sein - die Einbeziehung der Vertragsbedingungen verlangt. Üblicherweise wird es so gehandhabt, dass entweder das Angebot eines Unternehmers oder der von einer Seite vorgeschlagene Standard-Bauvertrag den Hinweis auf die Geltung der VOB/B enthält. Private Bauherren sollten sich vor Abschluss des Vertrages vergewissern, ob die VOB/B einbezogen werden soll oder nicht.

Unterbreitet ein Unternehmer einem Verbraucher (§ 13 BGB) ein Angebot, das sich auf die VOB/B bezieht, wird diese nur dann Vertragsbestandteil, wenn der Unternehmer dem Kunden den kompletten Text der VOB/B vor Abschluss des Vertrags "in zumutbarer Weise" vollständig zur Verfügung stellt. Das kann etwa auf der Rückseite des Angebots, in einem separaten Dokument oder über einen Internet-Link geschehen (wenn die Kommunikation auch im Übrigen digital erfolgt). Eine Ausnahme nimmt die Rechtsprechung allerdings dann an, wenn der Verbraucher im Zuge der Vertragsverhandlungen von einem Architekten vertreten wird, weil dieser die VOB/B kennen sollte und diese Kenntnis dem Bauherrn zugerechnet wird.

Für den Unternehmer ist die Vereinbarung der VOB/B mit einem Verbraucher jedenfalls dann nicht ratsam, wenn er deren Einbeziehung verlangt, da in diesem Fall eine Inhaltskontrolle der einzelnen Klauseln ausschließlich zu seinen Lasten erfolgt.

Verlangt hingegen der Verbraucher, beispielsweise auf Empfehlung seines Architekten, die Einbeziehung der VOB/B, ist die Inhaltskontrolle ausgeschlossen, sofern nicht darüber hinaus abweichende Regelungen vereinbart werden. Die VOB-Regelungen gelten dann uneingeschränkt. Ein privater Bauherr sollte daher von sich aus auf die Einbeziehung der VOB nur dann hinwirken, wenn entweder er selbst oder zumindest sein Architekt sich sehr gut mit dem Regelwerk auskennen. Andersherum, also dann, wenn der Unternehmer die Einbeziehung verlangt, ist der Verbraucher als Bauherr hingegen gut geschützt.

Zum Vertragsinhalt

Schwierigkeiten bereiten Bauverträge vor allem dann, wenn die wesentlichen Konditionen nicht klar geregelt sind. Dabei spielt vor allem die Leistungsbeschreibung eine wesentliche Rolle. Diese ist häufig im Angebot des Unternehmers enthalten. Nur dann, wenn man die Leistungsbeschreibung versteht, kann man beurteilen, ob sie den eigenen Vorstellungen gerecht wird und vollständig ist.

Daher bietet es sich an, dem Unternehmer vor der Angebotserstellung schriftlich zu erläutern, wie die Leistung beschaffen sein sollte. Alle wesentlichen Faktoren, also beispielsweise eine bestimmte energetische Eigenschaft oder Funktionalität, sollten schriftlich festgehalten werden. Mündliche Zusagen, die im schriftlichen Vertrag keinen Niederschlag finden, sind in der Praxis nicht viel wert, wenn es später zum Streit darüber kommen sollte.

Bei sogenannten Einheitspreisverträgen, die sich dadurch auszeichnen, dass einzelne Leistungspositionen mit geschätzten Mengen und Einheitspreisen angegeben werden, ist darauf zu achten, dass der Angebotsendpreis keineswegs mit dem Rechnungsendbetrag übereinstimmen muss. Zum einen können sich die Mengen der einzelnen Positionen ändern, zum anderen können Positionen hinzukommen oder entfallen. Wer also Wert auf Preissicherheit legt, sollte einen Pauschal- bzw. Festpreis vereinbaren. Hierbei ist indes zu beachten, dass dieser in der Regel einen Sicherheitszuschlag des Unternehmers beinhaltet und sich auch nur auf die im Leistungsverzeichnis beschriebene Leistung bezieht. Zeigt sich im Verlauf der Maßnahme, dass zusätzliche Leistungen erforderlich werden, sind diese grundsätzlich gesondert zu vergüten.

Die Leistungszeit

In Zeiten, in denen es schwer ist, überhaupt einen Bauunternehmer zu finden, gewinnt die Vereinbarung einer Leistungszeit an Bedeutung. Die seit Anfang 2018 geltende Verpflichtung in
§ 650k Abs. 3 BGB, verbindliche Angaben hierzu bereits in den schriftlichen Vertrag aufzunehmen, gilt nur für Verbraucherbauverträge im Sinne des § 650i BGB. Dieser wiederum setzt "erhebliche Umbaumaßnahmen" voraus, die vom Umfang her mit einem Neubau vergleichbar sind. Einzelne Gewerke fallen nicht darunter.

Fehlt jegliche Vereinbarung hinsichtlich der Leistungszeit, so ist die Leistung nach § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Um Rechte daraus herleiten zu können, insbesondere gegebenenfalls vom Vertrag zurückzutreten oder Schadensersatz zu fordern, muss der Unternehmer jedoch durch eine Mahnung in Verzug und ihm eine angemessene Frist zur Leistungserbringung gesetzt werden.

Prof. Dr. Michael Sattler, LL.M., Bochum
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Was ist ein Bauvertrag?


Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt den Bauvertrag begrifflich erst seit 2018, nämlich mit dem Inkrafttreten des sogenannten "neuen Bauvertragsrechts". Es ist seitdem in den §§ 650a bis 650v BGB geregelt. In § 650a Abs. 1 BGB ist wie folgt definiert: "Ein Bauvertrag ist ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon". Als Bauwerk gilt ein Gegenstand, der durch Verwendung von Arbeitskraft und Material entsteht und mit dem Erdboden verbunden ist.

Nicht nur die komplette Neuherstellung von Bauwerken, sondern auch einzelne Gewerke (Rohbau- und Dachdeckerarbeiten, Estrich und Bodenbelag, Schreiner- und Tischlerarbeiten etc.) werden auf Basis eines Bauvertrags erbracht. Neben der Neuerstellung ("Herstellung") fallen auch die Beseitigung (Abbruch) und der Umbau (Erweiterung, Modernisierung) von Bauwerken in diese Kategorie, ebenso wie Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten an Bauwerken ("Wiederherstellung"), sofern sie eine gewisse Bedeutung aufweisen, die sich insbesondere an der Intensität des Eingriffs in die Bausubstanz orientiert.

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