EU-Richtlinie zur Gebäudeeffizienz
März 2024
Eine Nachricht, die Wohneigentümer mit alten und schlecht sanierten Häusern erst einmal aufatmen lässt: Mitte März hat das EU-Parlament die neue Gebäudeeffizienzrichtlinie angenommen. Die eigentlich geplante individuelle Sanierungspflicht für Wohngebäude ist abgesagt. Dennoch bleibt die Herausforderung bestehen, dass auch private Gebäude energieeffizienter werden müssen, um die Klimaziele zu erreichen. Jetzt muss die Richtlinie vom Ministerrat gebilligt und in nationales Recht umgesetzt werden.
Das EU-Parlament hat Mitte März die Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD; Englisch: Energy performance of buildings directive) offiziell angenommen, die dazu beitragen soll, dass die EU ihre Klimaziele einhält. Wichtig für viele Menschen mit Wohneigentum: Anders als im Entwurf ursprünglich geplant, ist der Sanierungszwang für einzelne Wohngebäude - unterschieden nach Sanierungsstand - nach langer Diskussion in der EU-Politik vom Tisch.
Die novellierte Richtlinie formuliert für Wohngebäude statt konkreter Vorgaben nun also übergreifende Einsparziele: Bis 2030 soll der durchschnittliche Primärenergieverbrauch insgesamt um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken. Vergleichswert ist das Jahr 2020. Wie die Richtlinie umgesetzt wird, um die Ziele zu erreichen, ist weitgehend den Mitgliedsstaaten überlassen. Jetzt ist die Bundesregierung gefragt.
Verabschiedung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie
Bundesbauministerin Klara Geywitz twittert am Tag der Verabschiedung der Richtlinie: "Wir haben verstanden. Klimaschutz braucht Akzeptanz. (…). Ein Gebäude ist nichts Abstraktes, sondern das Zuhause von Menschen. Jedes ist verschieden gebaut und wird unterschiedlich beheizt. Ein Zwang zu one-fits-all hätte zu sozialen Verwerfungen geführt, die auch nicht mit dem Schutz des Klimas zu rechtfertigen sind. (…)"
Auf das Problem fehlender Akzeptanz bei einem Sanierungszwang hat auch der Verband Wohneigentum wiederholt hingewiesen. Verbandspräsident Peter Wegner: "Die energetische Sanierung des Gebäudebestands funktioniert nur zusammen mit den Eigentümern, nicht über ihre Köpfe hinweg." Entscheidend sei jetzt, so Wegner, wie die Bundesregierung die neuen Vorgaben umsetzt. Wegner: "Hier müssen die Besitzer und Besitzerinnen von Wohngebäuden in den Blick genommen werden, die kein Vermögen haben und es sich nicht leisten können, das Haus mal eben zu dämmen und neue Fenster einzubauen. Schon jetzt sind es diese Haushalte, die am meisten Heizkosten zahlen. Wer kein Eigenkapital hat, lebt in der Regel eher in einem unsanierten Haus mit entsprechende hohen Energiekosten."
EU-Gebäudeffizienzrichtlinie: Was steht sonst noch drin?
Die Mitgliedstaaten müssen bis 2030 16 % und bis 2033 26 % der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz sanieren lassen und dafür sorgen, dass sie die Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz erfüllen.
Ab 2030 sollen alle Neubauten emissionsfrei sein. Für Neubauten, die Behörden nutzen oder besitzen, soll das schon ab 2028 gelten.
Sofern dies technisch und wirtschaftlich realisierbar ist, müssen die Mitgliedstaaten bis 2030 schrittweise Solaranlagen in öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden - je nach deren Größe - und in allen neuen Wohngebäuden installieren lassen.
Die Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen zur Dekarbonisierung von Heizungsanlagen und zum allmählichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei der Wärme- und Kälteversorgung ergreifen: Bis 2040 soll es keine mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkessel mehr geben. Ab 2025 dürfen eigenständige mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkessel nicht mehr subventioniert werden. Weiter zugelassen sind dagegen finanzielle Anreize für hybride Heizanlagen, bei denen beispielsweise Heizkessel mit Solarthermieanlagen oder Wärmepumpen kombiniert werden.
Herausforderung bleibt
Die durch das europäische Klimaschutzgesetz von 2021 formulierte Herausforderung bleibt allerdings bestehen: Häuser in der EU sollen künftig weniger Energie verbrauchen. Denn laut EU-Kommission entfallen 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU auf den Gebäudesektor. Bis 2030 will die EU die Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren, bis 2050 klimaneutral sein.
Und Deutschland? Hierzulande werden laut Deutscher Energie-Agentur (dena) rund 14 Prozent der Treibhausgasemissionen durch Nutzung und Betrieb der mehr als 21 Millionen Gebäude emittiert, etwa 19 Millionen davon sind Wohngebäude. Zwar konnte nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) in 2023 eine Emissionsminderung von 8,3 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten auf rund 102 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente (minus 7,5 Prozent) erreicht werden. Trotzdem überschreitet der Gebäudesektor erneut die gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) erlaubte Jahresemissionsmenge, diesmal um rund 1,2 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalente.
Die klimapolitische Relevanz des Gebäudesektor ist also ebenso offensichtlich wie der immense Handlungsbedarf. "Sanierungsrate und -tiefe müssen gesteigert, hier muss eine Dynamik entfacht werden", sagt Verbandspräsident Wegner. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste die Sanierungsquote bei 2 % der Bestandsgebäude liegen. Im Jahr 2022 lag sie bei 0,88 %; diese Zahlen stammen aus einer Marktdatenstudie der B+L Marktdaten Bonn im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle e.V. (BuVEG).
Wegner appelliert an die Bundesregierung, bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht "mit Augenmaß" vorzugehen. Weitere ordnungsrechtliche Vorgaben seien nicht zielführend und würden Widerstand provozieren, das habe das Heizungsgesetz gezeigt. Ambitionierte Ziele bei gleichzeitiger Kostensteigerung seien am besten mit niedrigschwelliger Information und Beratung sowie einer zielgerichteten Förderung umsetzbar.
"Zum Handeln bewegt wird der Großteil der Hausbesitzer letztlich dadurch, dass eine Sanierung für sie wirtschaftlich sinnvoll ist", so Wegner. Dabei sei individuelle Blick auf das jeweilige Gebäude und die finanziellen Möglichkeiten wichtig wie er sich beispielsweise durch einen individuellen Sanierungfahrplan (iSFP) ergibt.
EU-Parlament/Katrin Ahmerkamp