Bauträger insolvent - und nun?
Wer sich für den Erwerb einer Immobilie vom Bauträger entscheidet, hofft auf ein "Rundum-Sorglos-Paket". Gerät das Unternehmen jedoch während der Bauphase in die Insolvenz, ist die Verunsicherung groß: Droht der Totalverlust des investierten Gelds? Wie kann der Bau fertiggestellt werden? Und welche rechtlichen Instrumente stehen den Erwerbern zur Verfügung?
Bestandsaufnahme: Infos sichern
Zunächst gilt: Nicht in Panik verfallen. Eine Insolvenz des Bauträgers bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Bauvorhaben scheitert. Zunächst eröffnet ein Gericht ein Insolvenzverfahren und bestellt einen Insolvenzverwalter. Dieser übernimmt die Verwaltung des Unternehmens und entscheidet, ob laufende Verträge fortgeführt oder beendet werden.
Wird der Vertrag fortgeführt, hat man gute Karten: Dann muss der oder die Insolvenzverwalterin die Verpflichtungen des Bauträgers erfüllen (z. B. Bau fertigstellen, Grundstück übertragen). Man bekommt - trotz Insolvenz - sein Haus, im Gegenzug sind die weiteren Zahlungen fällig.
Wird der Vertrag aber beendet, haben Käufer*innen keinen Anspruch mehr auf die Bauleistung oder die Übereignung aus dem Vertrag. Dann können sie nur noch Ansprüche wegen Nichterfüllung (z. B. Rückzahlung bereits gezahlter Raten oder Schadensersatz) geltend machen, im juristischen Fachjargon heißt das "Zur Insolvenztabelle anmelden". Das bedeutet, dass man die offenen Ansprüche beim Insolvenzverwalter einreicht. Wenn die Ansprüche berechtigt sind, trägt er diese in die Insolvenztabelle ein. Am Ende des Verfahrens bekommt man - wie alle Gläubiger - einen Teil der Forderung ausgezahlt (z. B. 5 bis 20 % der Forderung).
Es ist also ratsam, möglichst schnell Kontakt mit dem Insolvenzverwalter aufzunehmen. Legen Sie sich vorher alle Unterlagen (Bauträgervertrag, Zahlungsnachweise, Baufortschrittsberichte, etwaige Abnahmeprotokolle und Grundbuchauszüge) bereit. Wichtig ist, die aktuelle Situation zu klären:
Wird das Bauprojekt weitergeführt oder eingestellt?
Welche Gelder wurden bereits an den Bauträger gezahlt?
Welche Leistungen sind bisher tatsächlich erbracht?
Tipp: Prüfen Sie auch, ob in Ihrem Fall bereits eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch zu Ihren Gunsten eingetragen wurde. Diese sichert Ihren Anspruch auf Eigentumsübertragung ab und schützt vor Verfügungen zugunsten Dritter.
Ihr Recht als Käufer
Bauträgerverträge sind rechtlich gesehen eine Mischung mit Elementen des Kauf- und Werkvertragsrechts. Der Bauträger verpflichtet sich, ein Grundstück zu übereignen und darauf ein Haus oder eine Wohnung zu bauen. Im Gegenzug zahlen Käufer den vereinbarten Kaufpreis in Raten, die nach Baufortschritt fällig werden.
Gerät der Bauträger in die Insolvenz, ergeben sich - je nach Situation - zwei verschiedene Konstellationen:
A. Entweder wurde das Grundstück bereits auf die Kaufenden übertragen. Dann gilt:
Sie sind bereits Eigentümer*in, der Bau ist aber noch nicht fertiggestellt.
Das Risiko liegt in möglichen Zusatzkosten für die Fertigstellung, die über die ursprünglich vereinbarten Baukosten hinausgehen können.
B. Gehört aber das Grundstück noch dem Bauträger, bedeutet das:
Sie haben einen Anspruch auf Übereignung, sofern Sie Ihre vertraglichen Zahlungspflichten erfüllt haben.
Im Falle einer Insolvenz kann der Insolvenzverwalter entscheiden, ob er den Vertrag erfüllt oder ablehnt.
Lehnt er ab, müssen Sie Ihre Ansprüche zur Insolvenztabelle anmelden (siehe oben).
Unter Umständen besteht auch ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht für Sie als Käufer, etwa bei erheblichem Verzug oder wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags endgültig ablehnt. Eine juristische Prüfung ist hier dringend zu empfehlen.
Sicherheiten und Bürgschaften
Das Gesetz sieht vor, dass Zahlungen an Bauträger nur nach der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) erfolgen dürfen. Danach sind Zahlungen streng an den Baufortschritt gekoppelt, sodass das Risiko für Verbraucher begrenzt bleibt. Darüber hinaus werden oft zusätzliche Sicherheiten vereinbart, beispielsweise:
Fertigstellungsbürgschaft: Sie sichert ab, dass das Bauvorhaben im Fall der Insolvenz fertiggestellt wird.
Gewährleistungsbürgschaft: Sie deckt Mängelansprüche nach Fertigstellung ab.
In manchen Fällen - etwa bei einem reinen Bauvertrag ohne Grundstück - greift nicht die MaBV. Dann kann eine Bürgschaft nach § 650f BGB sinnvoll sein. Sie schützt Verbraucher davor, im Fall der Insolvenz auf bereits geleisteten Zahlungen sitzen zu bleiben.
Tipp: Prüfen Sie, ob solche Sicherheiten vorliegen und in welcher Höhe sie greifen.
Forderungen im Insolvenzverfahren
Wenn Sie schon Zahlungen geleistet haben, ohne dass eine Gegenleistung (z. B. Baufortschritt) erfolgt ist, lassen sich diese Beträge als "Forderungen im Insolvenzverfahren" anmelden. Weil Betroffene meist wie andere Gläubiger mit ihrer Forderung "in der Schlange" stehen, bedeutet dies in der Regel einen teilweisen Verlust des investierten Geldes.
In Einzelfällen können zusätzlich sogenannte Aus- oder Absonderungsrechte geltend gemacht werden - etwa, wenn bereits bezahlte Baumaterialien als Ihr Eigentum gekennzeichnet wurden oder Gelder treuhänderisch verwahrt werden. Lassen Sie dies anwaltlich prüfen.
Achtung: Bei der "Forderungsanmeldung" sind Fristen zu beachten, die das Insolvenzgericht festsetzt. Wer hier zu spät reagiert, kann Nachteile erleiden. Unterstützung bieten unsere Rechtsberatung und Verbraucherzentralen.
Fertigstellen des Baus
Ist das Gebäude noch nicht fertiggestellt, stehen Erwerber vor der Frage, wie es weitergeht. Möglichkeiten sind:
Fortführen durch Insolvenzverwalter: In einigen Fällen wird das Projekt im Rahmen des Insolvenzverfahrens fertiggebaut, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll erscheint.
Beauftragen eines neuen Bauunternehmens: Häufig müssen Käufer*innen selbst eine andere Firma mit der Fertigstellung beauftragen. Hierbei können Mehrkosten entstehen.
Kooperation mit anderen Erwerbern: Bei größeren Projekten kann es sinnvoll sein, dass sich mehrere Betroffene zusammenschließen und gemeinsam eine Lösung suchen.
Bei größeren Vorhaben - etwa Mehrfamilienhäusern - besteht oft bereits eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Entscheidungen zur weiteren Vorgehensweise müssen dann gemeinsam getroffen werden.
Vor einer solchen Entscheidung sollte eine unabhängige Bausachverständige den bisherigen Bauzustand prüfen. So lässt sich feststellen, welche Arbeiten tatsächlich geleistet wurden und welche Kosten noch anfallen.
Schutz für Baufamilien
Wer einen Bauträger beauftragt, sollte grundsätzlich vorher auf folgende Punkte achten:
Strenge Orientierung an der MaBV: Zahlungen immer nur nach Baufortschritt leisten.
Versicherung abschließen: Informieren Sie sich über eine Baufertigstellungsversicherung oder eine Baugarantieversicherung bei ihrer Versicherung.
Sicherheiten verlangen: Eine Fertigstellungsbürgschaft kann im Ernstfall entscheidend sein.
Treuhandkonten nutzen: Zahlungen sollten nach Möglichkeit nur über ein Notaranderkonto laufen.
Bonität prüfen: Vor Vertragsabschluss kann es sich lohnen, einen Blick auf die wirtschaftliche Stabilität des Bauträgers zu werfen.
Wichtig:
Holen Sie sich von Beginn an professionelle Unterstützung: Fachanwälte für Bau- und Insolvenzrecht, unabhängige Sachverständige und Verbraucherorganisationen wie der Verband Wohneigentum können helfen, Ihre Rechte zu wahren und wirtschaftliche Schäden so gering wie möglich zu halten.
Anna Florenske/Verena Örenbas