Aus der Rechtssprechung

Was bedeutet nun Zimmerlautstärke?
Von Schiedsmann Heinz-Günther Roeder, Krefeld.

Zimmerlautstärke bedeutet, dass ein Geräusch oder Lärm, z.B. Sprache, Musik oder Elektrogeräte außerhalb einer Wohnung, besonders in Räumen ober-, unterhalb oder neben der störenden Schallquelle - kaum noch wahrnehmbar - sein sollen. Die Geräusche sollen, so bedingt es der Begriff, auf das Zimmer begrenzt bleiben, in dem die Lärmquelle liegt.
Einen gesetzlich festgelegten Schalldruckpegel (dB (A)) oder Beurteilungspegel als Richtwert, von dem an eine Überschreitung der Zimmerlautstärke eintritt, gibt es in Deutschland nicht.
Die bestehenden Regelungen, "Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm" (TA Lärm) als auch die "VDl-Richtlinie 2058" haben den Rang einer Verwaltungsvorschrift und binden Gerichte nicht. Diesen Regelungen ist gemeinsam, dass sie keine konkreten Dezibel-Werte (dB (A)) enthalten.
Generell kann unterschieden werden zwischen Gewerbelärm und Lärm in Wohngebieten.

Gewerbelärm
Gesetzliche "Ruhezeiten", wie z.B. für Gewerbelärm in der "VDI 2058" oder der TA Lärm definiert, gelten im Allgemeinen nur für gewerblichen Lärm und Emissionen von Sport-, Freizeit- oder ähnlichen Anlagen. Sie sind auf die wohnliche Nutzung von Gebäuden nicht anwendbar.

Wohngebiete
0bwohl Dezibel-Werte dB (A) im Zusammenhang mit dem Begriff der Zimmerlautstärke kaum weiterhelfen, hat ein Gericht (LG Kleve, DWW 1992, 26) diesen Zusammenhang hergestellt. Danach stellen Lautstärken, die einen Wert von 40 dB (A) tagsüber bzw. 30 dB (A) nachts überschreiten, grundsätzlich eine Überschreitung der Zimmerlautstärke dar. Dies kann jedoch auch für Geräusche unterhalb dieses Pegels gelten, wenn sie nach dem "Empfinden eines Durchschnittsmenschen" (!?) wegen ihrer physiologischen oder psychologischen Wirkung als störend empfunden werden.

Was sagt die Rechtsprechung?
Zimmerlautstärke kann nicht objektiv anhand von Messwerten allgemein definiert werden, weil die baulichen Gegebenheiten (Lärmschutzfähigkeit der Wände, Decken und Böden) von Gebäude zu Gebäude unterschiedlich ausfallen. Die Schwelle für Zimmerlautstärke ist in einem hellhörigen Haus niedriger als in einem hervorragend gedämmten Gebäude.
Der Begriff der Zimmerlautstärke wird mehrheitlich und in der Regel im Mietrecht behandelt.
In zwei Grundsatzurteilen hat jedoch auch der Bundesgerichtshof zu dieser nachbarrechtlichen Frage Stellung bezogen.
Zimmerlautstark sind demnach Geräusche, die in den angrenzenden Wohnungen nur geringfügig zu hören sind.
Geringfügigkeit liegt dann vor, wenn es sich um Geräusche handelt, die der verständige Durchschnittsmensch(!) kaum noch empfindet (BGH NJW 1982, 441). Es kommt also darauf an, ob die Nachbarn die Geräusche gerade noch wahrnehmen können. Wird diese Wahrnehmungsschwelle jedoch überschritten und sind die Geräusche deutlich hörbar, ist die Grenze der Zimmerlautstärke überschritten.
Der Wohnungsmieter ist mietrechtlich verpflichtet, zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr ("Nachtruhe") ruhestörenden Lärm, verursacht z.B. durch Zimmerlautstärke überschreitendes Radiohören etc. oder Herumtrampeln, zu unterlasse n (BGH, Urteil vom 10. September 1998, Az V Z B 11/98).
Aus dem Rechtsgebot der Nachtruhe folgt das Einhalten von Zimmerlautstärke in durch die Landesimmissionsschutzgesetze geregelten Nachtruhezeiten (S 9 Abs. 1 LimschG NRW und S 10 Abs. 1 LimschG NRW).
Nach den Grundsätzen im Mietrecht dürfen durch die Nutzung der Wohnung nicht die Belange anderer Mieter mehr als unvermeidbar beeinträchtigt werden. Unwesentliche Beeinträchtigungen müssen die Mieter gegenseitig akzeptieren; ein gewisses Maß an Toleranz ist also immer erforderlich. Alle Arten von Geräuschverursachung sind zu unterlassen, wenn hierdurch der Wohnbereich eines anderen Mieters nicht nur unwesentlich beeinträchtigt wird.
Es kommt aber auch auf die Art der Lärmquelle an.
So ist der Lärm aus Kinderfreizeit hinzunehmen (BGH Urteil vom 5. Februar 1993, Az.: V ZR 62), während Hundegebell zur Nachtzeit nicht geduldet werden muss (OLG Köln, Az.:. 12 U 40/93).
Bei Musikinstrumenten gesteht die Rechtsprechung den Musikern je Instrument maximal 3 Stunden täglich zu (OLG Hamm Az.: 15 W 181/85 u. BayOlg Az.: 2Z8/95).
Auch das ist per Urteil geregelt:
Stöhnen beim Sexualverkehr sollte laut Amtsgericht Warendorf nur bei Zimmerlautstärke erfolgen (AG Warendorf, Urteil vom 19 August 1997, C 414/97).

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