"Im Gesetzgebungsprozess haben wir als Verband Wohneigentum gemeinsam mit weiteren Verbraucherschützern dafür geworben, dass es nicht zu einem Systemwechsel zu Lasten der Eigentümer kommt. Denn im Entwurf stand noch eine übermäßig starke Verwalterposition gegenüber der Eigentümergemeinschaft und gegenüber dem Einzeleigentümer. Ich glaube, dies ist mit den letzten Weichenstellungen vor Verabschiedung des Gesetzes gelungen.
Nichtsdestotrotz birgt das Gesetz Konfliktpotential. Auf die Eigentümer von rund 9,3 Millionen Wohnungen in Deutschland, die in Eigentümer-Gemeinschaften organisiert sind, kommt mit der WEG-Novelle eine Vielzahl an Veränderungen zu.
Unbestritten: Das seit 1951 - mit Nachbesserung 2007 - geltende Gesetz hat mit wichtigen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht Schritt gehalten. Außer riesigen Wohnanlagen gibt es zahlreiche kleinere Mehrfamilienhäuser, die Interessen der Eigentümer sind vielfach heterogen: Neben finanziell schlechter gestellten Eigentümern, die ihre Wohnung selber nutzen, gibt es Kleinanleger, die mit der Miete ihre Einkünfte aufbessern, oder Großinvestoren. Eigentümergemeinschaften haben sich oft selbst blockiert, fatal bei wichtigen Zukunftsthemen wie energetischer Sanierung, Elektromobilität oder Barrierereduzierung.
Wir begrüßen, dass das Gesetz hier Abhilfe schafft: Künftig kann jeder Eigentümer auf eigene Kosten sogenannte privilegierte Maßnahmen durchführen, die Barrierefreiheit, E-Mobilität, Einbruchschutz oder den Zugang zu schnellem Internet betreffen. Er braucht dafür nicht mehr die Zustimmung aller. Als positiv werten wir auch die verbesserte Stellung des Verwaltungsbeirats, sowie den verpflichtenden zertifizierten Sachkundenachweis beim Verwalter.
Kritisch sehen wir eine gewisse Gefahr von Trittbrettfahrerei: Für bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum gilt, dass nur dann alle Eigentümer die Kosten tragen, wenn die Maßnahme mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen wurde. Bei einfachem Mehrheitsbeschluss zahlen nur diejenigen, die dafür gestimmt haben. Aber ist beispielsweise der Aufzug erst einmal eingebaut, möchten ihn andere Parteien sicher auch nutzen. Alle profitieren vom Einbau neuer Fenster, aber vielleicht haben nicht alle dafür gestimmt. Wartet also künftig bei Abstimmungen eventuell jeder erst einmal ab, wie die anderen sich verhalten und hofft auf Mehrheiten für positive Investitionen - ohne ihn? Hier sind Konflikte abzusehen.
Das Gesetz ist komplex und lässt Fragen offen. Gerade die Neuregelungen zu baulichen Veränderungen können zu einem Dschungel an Kosten-, Folgekosten- und Nutzungsregelungen führen und für Unfrieden sorgen. Sie setzen voraus, dass die Eigentümer ihren neuen Gestaltungsspielraum verantwortlich nutzen und das Miteinander in den Gemeinschaften fair ist. Und letztlich dürfen die Kosten für die Energiewende im Gebäudebereich und die Mobilitätswende nicht nur an den Eigentümern hängenbleiben."
Quelle: Verband Wohneigentum e.V.