Heftige Gewitter, Sturzfluten und Schlamm zerstörten Ende Mai und Anfang Juni das Wohneigentum vieler Menschen. Laut Auskunft der Versicherungsbranche haben die schweren Unwetter allein versicherte Schäden von rund 1,2 Milliarden Euro verursacht. Glücklich schätzen sich Betroffene, bei denen eine sogenannte Elementarschaden-Versicherung einspringt. Doch die ist immer schwieriger zu finden oder häufig unbezahlbar. Die Stimmen, die eine staatliche Absicherung fordern, werden lauter.
Nach einer Klimastudie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) werden die Schäden durch Starkregen, Überschwemmung und Hochwasser weiter zunehmen. Dies hat viele Gründe: Der hohe Grad an Bodenversiegelung in unseren Städten, ein unzureichender Hochwasserschutz und häufigere Wetterlagen, die extrem starke Niederschläge und Sturm hervorrufen.
Um das Risiko zu kalkulieren, hat die deutsche Versicherungswirtschaft das "Zonierungssystem für Überschwemmungsrisiko, Rückstau und Starkregen" (ZÜRS Geo) entwickelt. Jedes einzelne Haus ist dort in eine von vier Gefährdungsklassen eingruppiert. Wer in "Vier", der höchsten Gefährdungskategorie, gebaut hat, findet inzwischen nur schwer einen Anbieter, der gegen Elementarschäden versichert. Oder er zahlt inzwischen horrende Versicherungsprämien, bis zu 1.000 Euro im Monat - unbezahlbar für viele Hausbesitzer. Daneben ist auch das starre Zonierungssystem der Versicherer umstritten. Unabhängig von Gefährdungsgebieten, so beteuern Meteorologen, können Stürme, Hagel oder Starkregen überall auftreten.
Manfred Jost, Präsidiumsmitglied des Verbands Wohneigentum und Landesvorsitzender des durch Starkregen arg betroffenen Saarlandes, wendet sich Ende Juni mit einer Resolution des Landesverbands an die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenberger. "Das jetzige freiwillige Versicherungssystem empfinden wir als ungerecht und unzureichend", schreibt Jost. Fakt sei, dass Menschen in gefährdeten Regionen einen wesentlich höheren Versicherungsbeitrag zu entrichten hätten, ihnen im wiederholten Schadensfall der Ausschluss der Versicherung drohe oder dass die privaten Versicherer in Hochrisikozonen erst gar keinen Versicherungsschutz mehr anböten. Es könne nicht angehen, so der Landesvorsitzende weiter, dass Menschen nach einer "solchen unverschuldeten Naturkatastrophe vor den Scherben ihrer Existenz stehen" und fordert eine gesetzgeberische Initiative seiner Landeschefin. Das Ziel: eine solidarische, bundesweite Pflichtversicherung gegen Elementarschäden.
Eine solidarische Versicherungspflicht gegen Elementarschäden: Diese Idee ist nicht neu, durch die drastischen Schäden ist sie aber wieder in der Diskussion. Lars Gatschke, Experte für den Bereich Finanzmarkt bei der Bundeszentrale Verbraucherverband stellt sich das so vor: „Es würde wie bei der KFZ-Haftpflichtversicherung laufen. Der Mindestschutz ist gesetzlich definiert. Der Verbraucher sucht sich den Versicherer aus und der Versicherer muss jeden nehmen.“ Anders als die Versicherungswirtschaft meint, hat der Verbraucherschützer keine Bedenken, dass eine solche Versicherungspflicht gegen europäisches Recht verstieße. „Die europäischen Rechtsvorschriften gestatten es den Mitgliedsstaaten für bestimmte Risiken in ihren Rechtsvorschriften eine Versicherungspflicht vorzuschreiben“, erklärt Gatschke. So sei die Elementarschaden-Versicherung von Wohngebäuden bei unserem Nachbarn Frankreich beispielsweise zwingend vorgeschrieben. Unzulässig sei es nur, wenn der Staat vorschreiben würde, dass die Versicherung nur bei einem (Monopol-) Versicherer abgeschlossen werden kann. Fl
1. September 2016
- Bayerisches Landesamt für Umwelt:
„Checkliste: So schützen Sie sich vor Hochwasser“ als pdf zum Download