Checkliste Straßenausbaubeiträge

In vielen Hessischen Kommunen werden noch Straßenausbaubeiträge erhoben. Die betroffenen Haus- und Wohnungseigentümer erhalten von der Kommune Zahlungsforderungen für die Straßenausbaubeiträge. Dabei kommt es häufig vor, dass die Beitragsbescheide Fehler enthalten. Eine Checkliste hilft Ihnen, Ihren Bescheid auf Fehler zu überprüfen.

Gesetze und Satzungen besorgen?
Wer einen Straßenbaubeitragsbescheid erhält, sollte sich zunächst die jeweilige Straßenbaubeitragssatzung seiner Kommune, das Kommunalabgabengesetz Hessen, die Abgabenordnung Hessen und das Satzungsmuster des Hessischen Städte- und Gemeindebundes zum Straßenbaubeitragsrecht besorgen. Hintergrund: Der Bescheid muss mit höherrangigen Gesetzen und Satzungen und der Verwaltungsgerichtsrechtsprechung Hessen in Einklang stehen.

Stimmt der Adressat?
Der Betroffene sollte prüfen, ob er überhaupt der richtige Adressat ist. Hintergrund: Die Satzungen sehen vor, dass Grundstückseigentümer und Erbbaupachtberechtigte Adressat von Straßenbaubeitragsbescheiden sein können. Mieter sind nicht die richtigen Adressaten. Man sollte auch prüfen, ob es weitere Eigentümer gibt (Problem der Eigentümergemeinschaft).

Frist eingehalten?
Ist der Bescheid innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen? Hintergrund: Bei der Festsetzung von Straßenbaubeiträgen muss die Kommune eine Festsetzungsfrist von vier Jahren beachten. Deshalb sollte bei der kommunalen Verwaltung erfragt werden, wann die Straße bzw. die abgerechneten Anlagen der Straße endgültig hergestellt wurden. Beispiel: Wurde die Straße 2020 endgültig hergestellt, beginnt die Frist am 1. Januar 2021. Die Kommune muss dann bis zum 31. Dezember 2024 die Bescheide festsetzen. (Einrede beachten, wenn der Bescheid nach dem 31. Dezember 2024 festgesetzt und bekanntgegeben wird.)

Wurden alle Grundstücke berücksichtigt?
Sind in die Beitragsverteilung alle Grundstücke einbezogen worden, die einen wirtschaftlichen Vorteil von der Ausbaumaßnahme haben (Problem der richtigen Abschnittsbildung, Abrechnungseinheit durch die Kommune)? Hintergrund: Nicht nur direkt angrenzende Grundstücke an die ausgebaute Straße können beitragspflichtig sein. Auch so genannte Hinterlieger-Grundstücke, die meistens an Stichwegen oder Sackgassen liegen, die von der ausgebauten Straße abzweigen, können einen wirtschaftlichen Vorteil vom Ausbau des Hauptzuges haben und sind deshalb beitragspflichtig. Deshalb immer alle Nachbarn fragen, ob sie auch einen Beitragsbescheid erhalten haben.

Vergünstigungen möglich?
Hätte die Kommune für Ihr Grundstück Vergünstigungen gewähren müssen? Hintergrund: Viele Satzungen sehen für übergroße Grundstücke, die meistens vom Innenbereich in den Außenbereich hineinragen, so genannte Tiefenbegrenzungen vor. Dabei ist die Tiefenbegrenzung eine parallel verlaufende Linie im Abstand von meistens 30 bis 60 Metern (dies ist in der Satzung konkret festgesetzt) von der ausgebauten Straße.
Wird ein Grundstück nur bis zu dieser Linie wohnbaulich oder gewerblich genutzt und nicht über diese Linie hinaus, wird nur die Grundstückfläche bis zur Linie mit dem Beitrag belastet. Bei Vorliegen eines Bebauungsplanes kommt die Tiefenbegrenzung nicht zum Einsatz. Viele Satzungen sehen bei so genannten Eckgrundstücken (Grundstücke, die von zwei öffentlichen Straßen erschlossen werden) die wohnbaulich, aber nicht gewerblich genutzt werden, eine Zweidrittelermäßigung vor. In einem solchen Fall wird die modifizierte Grundstücksfläche nur zu zwei Dritteln mit dem Beitragssatz multipliziert. In den seltenen Fällen einer Dreifacherschließung (Grundstück wird durch drei öffentliche Straßen erschlossen) eines Grundstücks besteht für den betroffenen Eigentümer sogar ein Rechtsanspruch auf die Einräumung einer Billigkeitsentscheidung durch die Kommune.

Tatsächliche Erschließung?
Wird das beitragsbelastete Grundstück überhaupt durch die ausgebaute Straße erschlossen? Hintergrund: Manchmal verhindern Hindernisse (Lärmschutzwände, Wälle, Bäche etc.) auf öffentlichem Grund, die zwischen der ausgebauten Straße und dem mit einem Beitrag belasteten Grundstück liegen, die Zufahrt oder Zugangsmöglichkeit und damit die Erschließung.
Können oder dürfen solche Hindernisse nicht beseitigt werden (dabei muss der wirtschaftliche Aufwand verhältnismäßig sein), gilt das Grundstück als nicht erschlossen durch die ausgebaute Straße, und es kann dann auch kein Straßenbaubeitrag festgesetzt werden.

Klassifizierung und Einstufung?
Hat die Kommune die ausgebaute Straße, für die der Straßenbaubeitrag verlangt wird, richtig klassifiziert und eingestuft? Hintergrund: Der prozentuale Anteil, den die betroffenen Anwohner am beitragsfähigen Aufwand tragen müssen, ist konkret in der Satzung festgelegt und richtet sich nach der Straßenart (Anliegerstraße, Haupterschließungsstraße, Hauptverkehrsstraße, Fußgängergeschäftsstraße, etc.), die ebenfalls in der Satzung definiert wird. In Anliegerstraßen ist dieser Anteil höher als in Hauptverkehrsstraßen.
Viele Kommunen haben Generalverkehrspläne, in denen ausgeführt wird, welche Bedeutung die abgerechnete Straße im Verkehrswegenetz der Kommune haben soll - also beispielweise für den Ziel -und Quellverkehr hin zu den Grundstücken. Dies wäre dann ein Indiz für eine Anliegerstraße. Maßgeblich ist aber immer der tatsächliche, aktuell feststellbare Verkehr auf der Straße. Verkehrszählungen können eine entscheidende Rolle bei der Einstufung von Straßen spielen. Die richtige Einstufung der Straße ist ein Hauptstreitpunkt vor den Verwaltungsgerichten.

Nutzungsfaktoren korrekt ermittelt?
Hat die Kommune die Vollgeschosse auf dem beitragspflichtigen Grundstück und damit die beitragserhöhenden Nutzungsfaktoren korrekt im Bescheid berücksichtigt? Hintergrund: So genannte Vervielfältiger / Nutzungsfaktoren, die das unterschiedliche Maß und die Art der Grundstücksnutzung abbilden sollen und die konkret in der Satzung genannt werden müssen, haben erheblichen Einfluss auf den zu zahlenden Beitrag. So wird unterstellt, dass ein Grundstück mit drei Vollgeschossen einen größeren wirtschaftlichen Vorteil von der ausgebauten Straße hat als ein Grundstück mit nur einem Vollgeschoss bei gleicher Grundstücksgröße und deshalb einen höheren Beitrag leisten muss.
Hier sollte der betroffene Eigentümer prüfen, ob die Kommune bei der Festsetzung des Beitrags von den tatsächlichen Vollgeschossen auf dem Grundstück oder von den im Bebauungsplan zulässigen Vollgeschossen ausgegangen ist. Konkret kann dies bedeuten, dass ein Grundstück, das mit einem eingeschossigen Bungalow bebaut ist, mit drei Vollgeschossen berechnet wird, weil der Bebauungsplan eine Bebauung des Grundstücks mit drei Vollgeschossen zulässt. Ob die Kommune den Beitrag von den tatsächlichen oder möglichen Vollgeschossen berechnet, muss sie konkret in der Satzung festlegen.

Ist die Maßnahme beitragsfähig?
Liegt eine beitragsfähige Erneuerung, Erweiterung oder Verbesserung der Straße vor? Hintergrund: Diese Frage ist ein weiterer Hauptstreitpunkt vor den Verwaltungsgerichten. Der betroffene Eigentümer sollte die Ausbaumaßnahmen in "seiner" Straße genau beobachten. Wird beispielweise nur eine wenige Zentimeter dicke Schwarzdecke auf die Fahrbahn aufgebracht, liegt sicher keine beitragsfähige Erneuerung vor, sondern nur eine beitragsfreie Instandhaltungsmaßnahme / Reparatur, die allein von der Kommune zu tragen ist.
Begründet die Kommune im Bescheid die Ausbaumaßnahme mit einer notwendigen Erneuerung der Straße, spielt die Nutzungsdauer der Straße eine Rolle. Man sollte deshalb nachfragen, wann zum letzten Mal Baumaßnahmen an den betroffenen Anlagen vorgenommen wurden. Vor den Verwaltungsgerichten müssen die Kommunen den Ablauf der Nutzungsdauer einer Anlage und deren Verschlissenheit nachweisen. Auch bei einer behaupteten beitragsfähigen Verbesserung sollten betroffene Anwohner die Begründung im Bescheid genauestens beachten.
Beispiel: Straßenbeleuchtung. Begründet die Kommune die Verbesserung der Straßenbeleuchtung nur mit Einsparpotenzialen beim Stromverbrauch, wäre dies nicht beitragsfähig. Steht in der Begründung allerdings, dass eine bessere Ausleuchtung des Straßenraumes vorliegt und damit eine verkehrstechnisch sichere Nutzung des Straßenraumes und ist dies tatsächlich der Fall, so wäre dies beitragsfähig.

Wurde der Abwasserkanal erneuert?
Häufig kommt es vor, dass mit der Straßensanierung auch der Abwasserkanal erneuert wird. In diesen Fällen dürfen die Kosten, die den Abwasserkanal betreffen, nicht bei den Straßenbaubeiträgen abgerechnet werden. Hierzu gehören auch die Kosten für das Öffnen und Verschließen der Straße, die bei einer separat durchgeführten Kanalerneuerungsmaßnahme angefallen wären.

Wie setzt man sich zur Wehr?
Gegen fehlerhafte Straßenbaubeitragsbescheide kann man mit Widerspruch, Aussetzung der Vollziehung und gegebenenfalls Anfechtungsklage vorgehen.
Auf der Homepage des Hessischen Justizministeriums gibt es zudem eine Landesrechtsprechungsdatenbank (Bürgerservice Hessenrecht), in der man unentgeltlich neuere Urteile der Verwaltungsgerichte zum Straßenbaubeitragsrecht finden kann.

Vorausleistungsbescheid?
Bekommt der Grundstückseigentümer einen endgültigen Straßenbaubeitragsbescheid, sollte er prüfen, ob für die Maßnahme schon einmal ein Vorausleistungsbescheid festgesetzt wurde. Hintergrund: In Hessen können die Kommunen auf die künftige Beitragsschuld "angemessene Vorausleistungen" erheben, sobald mit der Baumaßnahme begonnen worden ist, sie aber noch nicht beendet wurde. Die geleisteten Beträge sind mit dem endgültigen Beitragsbescheid zu verrechnen. In diesem Zusammenhang sollte der Betroffene auch gleich prüfen, ob für die Ausbaumaßnahme eine Ablösevereinbarung mit der Gemeinde getroffen wurde. Bevor man solche Ablöseverträge unterschreibt, muss man wissen, dass man damit eine Wette auf die Höhe der zukünftigen Beitragsschuld eingeht.
Ist der in der Zukunft liegende Beitrag höher als der vereinbarte Ablösebetrag, hat der Grundstückseigentümer ein gutes Geschäft gemacht, weil dann die Gemeinde in der Regel nichts nachfordern kann, solange der Abstand zwischen Ablösebetrag und endgültigem Straßenbaubeitrag nicht exorbitant groß ist.

Recht auf Akteneinsicht
Während des Verfahrens zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen sollten die betroffenen Grundstückseigentümer prüfen, ob sie von ihrem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch machen wollen. Hintergrund: Nach §4 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz haben betroffene Grundstückseigentümer einen Anspruch darauf, Einblick in Unterlagen zu nehmen, die abgeschlossene Verwaltungsvorgänge betreffen.
Die Kenntnis solcher amtlichen Informationen ist sinnvoll, wenn man beispielsweise seinen Widerspruch begründen will. Auch § 29 Abs. 1 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz gibt den Betroffenen eine rechtliche Anspruchsgrundlage auf Akteneinsicht.

Tatsächliche Verbesserung
Erhält man einen Straßenbaubeitragsbescheid, der sich auf eine beitragsfähige Verbesserung oder Erneuerung stützt, sollte man prüfen, ob die von der Gemeinde unterstellte Verbesserung / Erneuerung nicht durch eine Verschlechterung kompensiert wird, so dass im Ergebnis keine Verbesserung vorliegt. Hintergrund: Durch eine Baumaßnahme an einer Straße fallen z. B. fast alle Parkplätze weg. In einem solchen Fall kann zwar die Gemeinde Beiträge festsetzen, diese müssen dann aber den verringerten Vorteil für die betroffenen Grundstückseigentümer widerspiegeln. Dieses Ziel kann die Gemeinde erreichen, indem sie eine so genannte Einzelsatzung verabschiedet, die einen höheren Gemeindeanteil vorsieht.
Diese Einzelsatzung in Ergänzung zur allgemeinen Straßenbaubeitragssatzung sollten die betroffenen Grundstückseigentümer bei ihrer Kommune einfordern, wenn diese nicht von sich aus tätig wird.

Grundstück im Außenbereich
Erhält man als Eigentümer eines Grundstücks im Außenbereich, das an einen Wirtschaftsweg grenzt, einen Straßenbaubeitragsbescheid, ist besondere Vorsicht geboten. Hintergrund: Grundstücke im Außenbereich sind in der Regel vor einer wohnbaulichen, gewerblichen Nutzung zu schützen. Ein Grundstückseigentümer erhält meist keine Baugenehmigung, und damit fällt auch für die Gemeinde die Möglichkeit weg, Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben. Das gilt aber nicht unbedingt für die Erhebung von Straßenbaubeiträgen nach KAG Hessen. Für Wirtschaftswege im Außenbereich kann eine Gemeinde Straßenbaubeiträge erheben, wenn sie dies ausdrücklich in ihrer von der Gemeindevertretung beschlossenen Straßenbaubeitragssatzung beschlossen hat. Hier zeigt sich, dass ein Bürger die einem Bescheid zugrunde liegende Satzung genau studieren sollte.

Unbebautes Grundstück
Was tun, wenn man von seiner Gemeinde einen Straßenbaubeitrag für ein unbebautes Grundstück erhält? Hintergrund: Die Kommunen in Hessen können auch für unbebaute Grundstücke Straßenbaubeiträge festsetzen. Es stellt sich dann aber die Frage, wie die Gemeinde in diesem Fall den Beitrag berechnet. Welche Nutzungsfaktoren dürfen beispielsweise verwendet werden, die ganz maßgeblich die Höhe des Straßenbaubeitrages bestimmen?
Nach der Rechtsprechung darf bei unbebauten Grundstücken auf das zulässige Maß der Nutzung abgestellt werden darf. Übersetzt in die Praxis kann dies zu folgendem Ergebnis führen: Ein Eigentümer hat sein Grundstück mit einem eingeschossigen Bungalow bebaut. Sein Nachbar besitzt ein unbebautes Grundstück, spielt aber mit dem Gedanken, in Zukunft auch einen solchen Bungalow zu bauen, obwohl der Bebauungsplan auch eine dreigeschossige Bebauung zulässt.
Dann würde in der Regel für das tatsächlich bebaute Grundstück und für das unbebaute Grundstück ein Nutzungsfaktor in Höhe der nach dem Bebauungsplan möglichen Bebauung festgelegt.

Musterverfahren/Musterklagen
Gerade in Großstädten kann der Straßenbaubeitrag viele dutzend Grundstückseigentümer mit hohen Beiträgen belasten. Sind deshalb Musterverfahren/Musterklagen denkbar? Hintergrund: Bei einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle, die rechtlich von der Behörde zu regeln sind, könnten manche Behörden ein Interesse daran haben, ein, zwei Fälle als Musterverfahren zu behandeln. Es wäre betroffenen Grundstückseigentümern anzuraten, mit dem Wunsch nach einem solchen Musterverfahren an ihre Gemeinde heranzutreten. Einlassen sollte man sich aber darauf nur, wenn man - am besten vom (Ober-)Bürgermeister - die Zusicherung erhält, dass diejenigen, die nicht mit Rechtsbehelfen gegen ihre Bescheide vorgegangen sind, so behandelt werden wie diejenigen, die erfolgreich ihren Bescheid im Musterverfahren angegriffen haben (Rechtsinstitut einer Zusicherung/§38 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz).

Quelle: Bund der Steuerzahler NRW e.V. / angepasst für Hessen

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