Chronik

Die Bauzeit von 1966 - 1973

Der neue Vorstand hatte nun alle Hände voll zu tun. Je mehr Siedlungswillige ihre Finanzierungen gesichert hatten, umso näher rückten der erste Spatenstich und damit der Baubeginn für den ersten Bauabschnitt. Nach dem Einrichten der Baustelle konnte schließlich am 05. November 1966 das lang ersehnte Ereignis begangen und selbstverständlich gebührend gefeiert werden.

Nachdem also der erste Spatenstich vollzogen war, war es mit der beschaulichen Stille in der kleinen Talsenke unterhalb der Allerheiligenbergkapelle vorerst vorbei. Das Gründen und Hochziehen der ersten Häuser brachte den nun einmal unver-meidlichen Baulärm mit sich. Unter den Neusiedlern, deren Durchschnittsalter bei ca. 35 ½ Jahren lag, hatten einige glücklicherweise Schichtdienst. So konnte die Baustelle täglich mit einer ausreichenden Anzahl von Kräften besetzt werden. Und besonders in den Abendstunden war die Bauleitung gefordert, das "Chaos" in geordnete Bahnen zu lenken.

Wenige Monate nach dem ersten Spatenstich sah die Baustelle im Juli 1967 wie auf dem Foto 1 aus. Vorne: Fam. Günther, rechts: Fam. Labonte, hinten: Fam. Molendijk. Die ersten Dächer sind aufgeschlagen und weitere Keller aus den Baugruben herausgewachsen. In der Folgezeit mussten die Neusiedler auf Urlaub, freie Wochenenden, frühen Feierabend, also auf fast alle Annehmlichkeiten des Lebens verzichten. Manch einer war nahe am Aufgeben, aber die meisten bissen die Zähne zusammen, dachten an das so sehr gewünschte eigene Heim und legten weiter Stein auf Stein.

Hocherfreut war die Gemeinschaft, als sich schon sehr früh tatkräftige Unter-stützung einstellte. Der Internationale Bauorden des belgischen "Speckpaters" Werenfried van Straaten gesellte sich mit sechs Gruppen belgischer und italienischer Studenten zu den Lahnsteiner Siedlern. Untergebracht waren die freiwilligen Helfer während der Dauer ihrer Einsätze in bereits bedachten Rohbauten, wo sie als Selbstversorger für ihr leibliches Wohl auf der Baustelle sorgten. Die Wochenenden verbrachten sie teils in den vorher zugeteilten Siedlerfamilien, teils auf eigene Faust und lernten so deutsche Sitten und Gebräuche, aber auch unsere schöne Heimat kennen.

Von unserer rheinischen Fröhlichkeit bzw. unserem Bedürfnis zum Feiern konnten sie sich bei den eigens improvisierten bunten Abenden auf der Baustelle überzeugen. Man darf sicher annehmen, dass diese lustigen Abende allen Beteiligten noch lange in bester Erinnerung geblieben sind. Leider sind die meisten Kontakte zu den Studenten im Laufe der Zeit abgebrochen. Aber man darf doch feststellen, dass die Hilfe dieser netten Menschen allen nicht nur hochwillkommen, sondern auch wirkungsvoll gewesen ist.

Nach fast zweijähriger Bauzeit, mit nur den Sonntagen zur Erholung, war es dann schließlich soweit: ab der zweiten Jahreshälfte 1968 er-folgte der Bezug der ersten Häuser. Zu diesem Zeitpunkt fehlten allerdings nicht nur die Straßen, sondern auch Strom und Wasser waren von den Versorgungsunternehmen noch nicht bis in die Häuser gebracht. Daher gab es beispielsweise für den 1. Vorsitzenden Erwin Rau eine Menge Probleme. Am Baustrom hängend, blieb bei Hochbetrieb auf der Baustelle das Haus Rau schon mal vorübergehend ohne Strom. Auch die Wasser-versorgung war noch nicht vom Feinsten. Andere, wie z.B. der Schreiber selbst, erwischten beim Einzug eine Schlechtwetterphase. Das Gelände verhielt sich wie ein seifiger Abhang. Der Fahrer des Umzugswagens musste sein ganzes Können aufbieten und manchmal half nur der vorgespannte Baustellenwagen wieder aus dem Schlamm(assel). Trotzdem herrschte die Freude über das neue Heim vor, wenngleich auch bei jedem Stadtgang ein paar "Schlammschuhe" vorerst unent-behrlich waren. Aber die Bewohner des ersten Bauabschnittes hatten es nun näher zur Arbeit auf der Baustelle, von der sie ja wegen der eingegangenen Verpflichtungen noch lange nicht befreit waren.

Weitere Bauabschnitte waren inzwischen begonnen und harrten der Vollendung. Viele, die zu Beginn des ersten Bauabschnittes noch nie mit Kelle, Maurerhammer und Wasserwaage hantiert hatten, kaum eine Bauzeichnung lesen konnten oder einen zünftigen erdfeuchten Beton oder den richtigen Mauerspeis zu mischen wussten, entwickelten sich im Laufe der Zeit zu wahren Meistern. Mit zuneh-menden Fertigkeiten wuchsen die weiteren Bauabschnitte immer schneller ihrer Vollendung entgegen. Sobald die einzelnen Häuser fertig gestellt waren, erfolgte der Einzug.

Nach und nach wuchs die werdende Neusiedlung zu einem kleinen, intakten Gemeinwesen heran. Im Laufe der Zeit stießen neue Interessenten dazu, andere warfen aus unterschiedlichen Gründen das Handtuch. Nach rund sieben Jahren Bauzeit wurden 1973 die letzten Häuser bezogen. Ab diesem Zeitpunkt wohnten in der Siedlung Allerheiligenberg 31 Familien mit 68 Kindern.

Grundsteinlegungen und Richtfeste gehörten zum Hausbau wie der Fisch ins Wasser. Auch beim Bau der Siedlung Allerheiligenberg wurde mit dieser Tradition nicht gebrochen. Damit das Werk gut gelingen möge und die künftigen Bewohner mit Gottes Hilfe die Früchte ihrer harten Arbeit möglichst lange Jahre in friedvoller Weise genießen können, war die Geistlichkeit bei den Grundsteinlegungen immer zugegen.

Das Foto 2 zeigt die Grundsteinlegung am Haus Noll (heute: Fam. Molendijk) am 07.07.1967. Zugegen waren Pfarrer Schwarz und die erste Gruppe des inter-nationalen Bauordens. Beides " Grundsteinlegungen und Richtfeste" wurden zünftig und zwar mit allen Siedlerfamilien gefeiert. Es waren willkommene Gelegenheiten, Abwechslung in die Knochenarbeit zu bringen, die tagtäglich bis in die späten Abendstunden auf der Baustelle zu leisten war. Die Siedler selbst hatten sich während der ersten Wochen gemeinsamer Arbeit schon näher kennen gelernt. Die genannten Feste boten daher Gelegenheit, Mit-Siedler, und insbesondere die künftigen Nachbarn "in Augenschein" zu nehmen. In dieser Zeit entstanden Freund- und Nachbarschaften, die noch heute andauern.

Nun wird auch das größte Projekt eines Tages fertiggestellt. Nach langen Jahren schwerer Arbeit und beachtlichen Einschränkungen im alltäglichen Leben nahte im Jahr 1973 dann endlich das Ende aller Mühen und Plagen, und damit quasi der Anfang der langjährigen Entwicklung der Siedlung Allerheiligenberg. In der Folge beschäftigten sich die Neusiedler noch vornehmlich mit der Gestaltung der Außenanlagen und den letzten Feinheiten im Innern ihrer Häuser. Auch hierbei war die nachbar-schaftliche Hilfe eine Selbstverständlichkeit, die sich bis zum heutigen Tag erhalten hat. Hierfür gibt es einen wesentlichen Grund: von Anfang an stand unser Denken und Tun unter dem Motto: "Nur gemeinsam sind wir stark!". Und dieser Gedanke zieht sich wie ein roter Faden durch die Entwicklung der Siedlergemeinschaft.

Festschrift 2013 - Teil 3

50-jähriges Jubiläum

  • Bild 1 von 2

    Foto 1: Die Häuser Günther, Labonte und Molendijk Foto: © unbekannt

  • Bild 2 von 2

    Foto 2: Grundsteinlegung Haus Noll Foto: © unbekannt

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